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Schule im Wandel

Frühere Lehrerin erinnert sich an Anfänge: Bruchsaler Käthe-Kollwitz-Schule wird 50

Anfangs noch als Bruchsals kleinste Schule belächelt, kokettiert die Käthe-Kollwitz-Schule inzwischen stolz mit dem inoffiziellen Spitznamen „Kochlöffelschule“. Und hat heute die meisten Schüler der Stadt.

Blickfang: Eingangsbereich der Käthe-Kollwitz-Schule mit der Röhrenplastik von Künstler Hans Nagel. Etwa 30.000 Schüler haben in den vergangen 50 Jahren den Weg daran vorbei genommen.
Eingangsbereich der Käthe-Kollwitz-Schule mit der Röhrenplastik von Künstler Hans Nagel. Foto: David Heger

Wenn Hedwig Prinz über den Schulhof vorbei an den drei geschwungenen, ineinander verdrehten Röhren läuft, die das heimliche Wahrzeichen ihrer einstigen Schule bilden, dann kommen Erinnerungen hoch.

„Hier riecht es genau wie früher“, entfährt es der Lehrerin im Ruhestand, als sie im Schulhaus angekommen ist – und das, obwohl die Käthe-Kollwitz-Schule, die Prinz vor 50 Jahren zum ersten Mal besuchte, noch eine ganz andere war.

„Wir haben uns grundlegend gewandelt“, fasst Schulleiter Hans-Peter Kußmann zusammen. Angefangen bei der inhaltlichen Ausrichtung bis hin zur fortgeschrittenen Digitalisierung.

Erste Schülerinnen wählten Namen für Bruchsaler Schule

Und doch riecht es wie früher, Hedwig Prinz muss es wissen: 1972 war sie Schülerin im ersten Jahrgang am „Frauenberuflichen Bildungszentrum“ – so die übergangsweise Bezeichnung der gerade neu eröffneten Schule in der Bruchsaler Reserveallee, die gewissermaßen ein Arbeitstitel war und doch bereits im Namen deutlich machte.

Den Anfang an der Hauswirtschaftsschule des Landkreises machten alleine Schülerinnen, die nun über den Titel ihrer Bildungsstätte entscheiden sollten.

Die beruflichen Schulen bilden den gesellschaftlichen Wandel direkt ab.
Hans-Peter Kußmann, Schulleiter

Die Festlegung fiel auf Käthe Kollwitz als Namensgeberin. Bildhauerin Kollwitz, geboren 1867, erklärtermaßen eine Sozialistin und Ikone der sozialbewegten Kunst, prägt die Schule bis heute, sagt Schulleiter Kußmann – bei jeder Entscheidung frage er sich, wie wohl die Künstlerin darauf blicken würde, die einst den Satz „Ich will wirken in dieser Zeit“ geprägt hat.

Begriff „Kochlöffelschule“ wird laut ehemaliger Lehrerin nie aus Köpfen verschwinden

Vielleicht ist es also das, was Hedwig Prinz heute in der Nase liegt, wenn sie fünfzig Jahre nach Gründung ihre einstige Schule wieder besucht – weniger die spezielle Mischung aus Kreidestaub und Pausenhof als vielmehr der Stallgeruch der sozialen Veränderung.

„Die beruflichen Schulen bilden den gesellschaftlichen Wandel direkt ab“, findet Kußmann, der seit 2011 Rektor ist. Wohl kaum etwas könnte seine Aussage besser unterstreichen als der hölzerne Löffel, der prominent auf einem Regal im Schulleiterbüro platziert ist.

„Kochlöffelschule“, erklärt Gerlinde Hess, Lehrerin der ersten Stunde, die Symbolik. „Der Name wird sich nie aus den Köpfen bringen lassen.“

Bruchsaler Käthe-Kollwitz-Schule kam gut durch die Pandemie

In den Anfangsjahren noch als Bruchsals kleinste Schule belächelt, kokettiert man inzwischen stolz mit dem inoffiziellen Spitznamen – zum Selbstbewusstsein beigetragen hat auch die Erweiterung des Schulprofils um den pflegerischen, sozialpädagogischen und biotechnologischen Bereich.

Gemessen an den Schülerzahlen ist „die Käthe“ damit Bruchsals größte Bildungseinrichtung, bietet unter ihrem Dach inzwischen eine Vielzahl an Schulformen an – von der Berufsfachschule bis zum beruflichen Gymnasium, wo in diesem Jahr etwa 150 Abiturienten abgehen werden.

Dank frühzeitiger Digitalisierung konnten wir ab dem ersten Tag des Lockdowns auf Online-Unterricht umstellen.
Hans-Peter Kußmann, Schulleiter

„Das, was wir unterrichten, hat Systemrelevanz“, sagt Kußmann und ergänzt: „Heute hinterfragt niemand mehr, ob eine hauswirtschaftliche Schule Digitalisierung braucht.“

Braucht sie, das zeigt spätestens die Erfahrung der vergangenen beiden Jahre. „Wir sind vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen“, so sieht es Schülersprecherin Madleen Csakvary, die im ersten Corona-Herbst 2020 an „der Käthe“ begonnen hat. „Dank frühzeitiger Digitalisierung konnten wir ab dem ersten Tag des Lockdowns auf Online-Unterricht umstellen“, hebt Kußmann hervor. „Wir wurden früh vom Landkreis unterstützt.“

Schwimmbecken in Bruchsal wich 2009 für mehr Klassenzimmer

Flexibilität musste die Schule in ihrer Geschichte schon oft beweisen – etwa, als im neu gebauten Schulgebäude eine PCB-Belastung festgestellt wurde und ganze Klassen in die Bruchsaler Kaserne ausweichen mussten.

Ein späterer, umfassender Umbau mit Spatenstich im Jahr 2009, bei dem etwa das frühere Schwimmbecken modernen Klassenzimmern wich, sollte geräuschloser vorangehen.

Vier Jahre lang wurde parallel zum laufenden Schulbetrieb gearbeitet. Die letzte, von weitem sichtbare Veränderung folgte schließlich 2015 – an der Röhrenplastik auf dem Pausenhof, 1972 vom Künstler Hans Nagel gestaltet, hatte der Zahn der Zeit genagt.

Als sie in der neu gebauten Schule angefangen hat, erinnert sich Hedwig Prinz, war die Plastik noch rot, heute leuchtet sie in Grün. Wie viele Schülerinnen und Schüler nach ihr in den vergangenen 50 Jahren den Weg daran vorbei genommen haben, ist nicht bekannt. Etwa 30.000 dürften es gewesen sein, schätzt Kußmann.

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