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Betriebliche Feste

Gastronomen berichten: Der Trend geht zu Weihnachtsfeiern im Privaten

Die Saison der Weihnachtsfeiern hat begonnen. Wir hören uns in der Gastronomie und den Unternehmen um, ob sich Inflation und Kostendruck sich auf die Festplanung auswirken.

Alexander Kreft, Geschäftsführer des Henrys in Bad Schönborn
Alexander Kreft, Geschäftsführer des Henrys in Bad Schönborn, freut sich über viele Reservierungen in der Weihnachtszeit. Foto: Henning Belle

Die Stimmung ist getrübt in Deutschlands Betrieben. Laut Industrie- und Handelskammer gehen mehr als ein Drittel der Unternehmen von einer Verschlechterung ihrer Geschäfte in den nächsten zwölf Monaten aus. Nur 13 Prozent rechneten bei der jüngsten, Ende Oktober vorgestellten Konjunkturumfrage mit einer Verbesserung.

Spielt angesichts solcher Sorgen die anstehende Adventszeit mit ihren traditionellen Weihnachtsfeiern überhaupt noch eine Rolle bei den Firmenchefs der Region? Wir haben bei Gastronomen nachgefragt.

Größere Firmenessen gibt es kaum noch.
Stefania Giarratano
Gastronomin

Stefania Giarratano blättert in ihrem Reservierungsbuch und seufzt. „Es gab in der Tat schon bessere Zeiten“, fasst die Inhaberin des Restaurants La Dolce Vita in der Bruchsaler Innenstadt den aktuellen Stand zusammen.

Im Vergleich zum Vorjahr sei man nur zu 60 bis 70 Prozent ausgelastet. „Größere Firmenessen gibt es kaum noch“, hat Giarratano festgestellt. „Meist treffen sich Kolleginnen und Kollegen in kleiner Runde und privat geplant.“

Gastronomin berichtet von weniger Buchungen

Sie beschreibt damit ein Phänomen, das auch der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Baden-Württemberg beobachtet. „Etliche Mitglieder berichteten von Weihnachtsessen im Kollegenkreis, die zum Beispiel auf Abteilungsebene von Mitarbeitenden selbst organisiert werden“, teilt Pressesprecher Daniel Ohl mit.

Ein Kontrastprogramm zu früher, wie sich Stefanie Giarratano erinnert. Ein großes Buffet habe da stets dazugehört, der Chef habe Geschenke verteilt, der Weihnachtsmann sei gekommen. Stattdessen seien nun „Inflation, Krise und Kostendruck stark zu spüren“ und „die Leute allgemein sparsamer geworden.“

Geschäftsführerin betont die Bedeutung von Firmenfeiern

Optimistischere Töne sind von Alexander Kreft zu vernehmen, dem Geschäftsführer des Henrys in Langenbrücken. Die Auftragslage sei „gut bis sehr gut“, nur montags und dienstags habe man noch etwas Luft für betriebliche Weihnachtsfeiern.

Bemerkt nicht auch er eine neue Sparsamkeit? Seine Antwort kommt flugs: „Definitiv nicht!“ Die Firmen träfen sehr bewusst die Entscheidung, in ein Restaurant zu gehen und legten Wert „auf Hochwertiges, auf gutes Essen, auf Service.“ Die Zeiten wilder Partys bis morgens um vier seien dagegen vorbei und würden auch nicht mehr verlangt. Man möchte „einfach einen schönen Abend.“

Judith Holzer-Reiser, Geschäftsführerin und Inhaberin des Schuhhauses Holzer in Weiher, kann das nur bestätigen. Sie gehe mit ihrem Team jedes Jahr essen, 2022 im Henrys. Eine betriebliche Weihnachtsfeier - oder terminbedingt auch mal eine Winterfeier im Januar - sei wichtig.

Viele Menschen wünschen sich mehr Wertschätzung von ihrem Arbeitgeber.
Ingo Hamm
Professor an der Hochschule Darmstadt

Der gemeinsame Restaurantbesuch biete eine Gelegenheit, „sich von der persönlichen Seite zu zeigen“ und „den Zusammenhalt und damit auch das Zusammenspiel im Arbeitsalltag“ zu stärken. „Unsere Beschäftigten schätzen das sehr und gehen alle gerne mit“, beteuert Holzer-Reiser.

Weihnachtsevents fördern Teamgeist und Vertrauen

Allen Krisensymptomen zum Trotz eine betriebliche Weihnachtsfeier auf die Beine zu stellen, ist auch aus Expertensicht eine weise Entscheidung. Ingo Hamm, Professor an der Hochschule Darmstadt und Geschäftsführer des Darmstädter Instituts für Wirtschaftspsychologie, bringt es gegenüber dieser Zeitung auf den Punkt: „Faktor eins ist die Wertschätzung, Faktor zwei der Teamgedanke!“

Gerade den erstgenannten Aspekt dürfe man als Chef nicht verkennen. „Viele Menschen wünschen sich mehr Wertschätzung von ihrem Arbeitgeber, ein Dankeschön für ihr Engagement“, unterstreicht Hamm. Das von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern selbst organisieren oder gar zahlen zu lassen, sei „geradezu absurd“.

Auch der Teamgeist werde durch Weihnachtsfeiern nachhaltig gefördert. „Dazu braucht es kein Abenteuer, keinen Hochseilgarten, nichts Extremes!“, versichert Hamm. Es komme auf den Austausch an, sich etwas zu öffnen und besser kennenzulernen, denn daraus entstehe Vertrauen.

Sommerfeste werden beliebter

Diese Ziele seien im Übrigen auch unter Spardruck leicht zu erreichen, denn „es geht Angestellten nicht um das Außergewöhnliche, das übermäßig Generöse“. Vielmehr sei aus psychologischer Sicht „das Zeichen entscheidend, die Signalwirkung“.

Man könne also durchaus „auch das kleine Menü wählen oder einfach nur gemeinsam etwas trinken gehen.“ Die Jahreszeit sei ebenfalls zweitrangig. „Ein Sommerfest tut´s auch!“, betont Hamm. In der Bruchsaler Parfümerie Stephan hat diese Erkenntnis bereits Einzug gehalten – dort feiert man mit der Belegschaft mittlerweile in den warmen Monaten.

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