
Teil eins hat den Leonhards aus Pforzheim schon mal „wirklich gut gefallen“. Beim Jubiläumsfest am Bruchsaler Schloss stürzten sie sich mit dem Sohn erst einmal ins Spielvergnügen auf dem Rasen hinter der 300 Jahre alten Barockresidenz. Da flogen Frisbeescheiben, Indiacas oder Bälle, da ruhten sich kleinere Kinder mit ihren Eltern auf dem Rasen aus oder warteten auf die nächste Vorstellung im Märchenzelt.
Ein paar Schritte weiter aber konnte man schon wieder in aller Ruhe durch den Park flanieren oder an den Becken mit Springbrunnen gemütlich ausruhen. „Ich war schon einmal in Bruchsal, aber noch nie im Schloss. Ich wusste gar nicht, dass es so nah an der Stadt ist“, berichtete Timo Leonhardt.
Für den Ausflug waren sie mit dem Auto bis in die Nähe von Bretten gefahren und nahmen für die letzte Etappe das Fahrrad. Wie viele andere Besucher bei den zwei Tagen der offenen Tür zum 300 Geburtstags des Schlosses.
Sonst kostet der Eintritt acht Euro, ohne Führung
Ende Mai 1722 war dort der Grundstein gelegt worden. Was die damaligen Herrscher, Bischöfe mit weltlicher Macht, an prächtiger Innenausstattung für ihren Regierungssitzes bestellten, wurde am Wochenende viel bestaunt. Die Menschen, darunter zahlreiche Familien, hatten sichtlich Freude daran, mit eigenem Tempo Marmor, Stuck und Gold oder das kleine Bett eines Kammerdieners zu begutachten und keine acht Euro pro Person wie beim regulären Eintritt zahlen zu müssen.





Warteschlangen vor dem freien Eintritt
Damit es zu keiner Überfüllung kam, gab es immer mal Warteschlangen am Eingang, wo ein Soldat in historischer Uniform die Verzögerung symbolisierte. Die Taschen mussten noch abgegeben werden, dann durfte man beispielsweise auf die Spur der sehr lauten Töne aus Jahrmarktsorgeln gehen. Denn zum neueren Schatz im Schloss gehören die Instrumente des Deutschen Musikautomaten-Museums (DMM).
Erstaunt lauschen dort Sylvia und Florian aus Hamburg einer 1903 in Waldkirch gebauten Orgel mit Figuren und 342 Pfeifen. „Absolut faszinierend“ findet Florian das ihm völlig unbekannte Schloss beim Schnelldurchgang. „Wir haben es bei der Durchfahrt entdeckt“, berichtet Sylvia am Samstag. Wir sind auf dem Weg in unser Hotel nach Bretten, denn wir nehmen am Sonntag am Ironman im Kraichgau teil.“
Badisches Landesmuseum ist mit kuriosen Instrumenten vertreten
Über den Andrang in ihrem Museum ist DMM-Leiterin Ulrike Näther glücklich. „Die Leute strömten gleich nach der Öffnung um zehn Uhr, für uns sind solche Tage ganz wichtig, weil viele weitererzählen, was sie hier entdecken können.“ Seit 1984 nutzt das Badische Landesmuseum in Karlsruhe die Bruchsaler Räume für die rund 500 mechanischen Musikinstrumente jeder Größe und aus jeder Epoche.
Für alle, die ein Ohr für Musik haben, sind die selbst spielende, sogenannte „Hupfeld-Violine“ oder der Adenauer-Flügel eine Entdeckung. Außerdem scheppern die Orchestrions zu Vergnügen oder es bewegen sich Musikerfiguren wie von Geisterhand. Wenn das entsprechende Instrument nicht schlappmacht, was am Samstag auch passierte. Dann können andere Ausstellungsstücke angeworfen werden.

Etwas weniger Besucher schauten sich im Städtischen Museum Bruchsal um. Aber auch dort fanden die Geschichte des Gefängnisses in der alten Darstellung oder die Steinzeit auf dem Michaelsberg Interessenten. Und Museumsleiterin Regina Bender ist dabei, die Präsentation zu modernisieren.
Eine angenehme Ergänzung zu den Museumsrundgängen war seit Donnerstag der Besuch des attraktiven Kunsthandwerkermarkts im Ehrenhof. Viele Leute wollten auch einen Gewinn am Glücksrad des BNN-Standes mitnehmen.
Wiederaufbau nach Zerstörung 1945
Die Menschen in der Region wissen meist um die Zerstörung des Bruchsaler Schlosses 1945 durch einen Luftangriff auf die Stadt. Denn auch an einem Tag der offenen Türen ist die Bewunderung der Inneneinrichtung eine doppelte. Die Fürstbischöfe Damian Hugo von Schönborn und Franz Christoph von Hutten bestellten die Künstler für Deckengemälde, Möbel, Thron oder Tapisserien.
Und das Land Baden-Württemberg zahlte die Restaurateure für die Wiederauferstehung von Barock und Rokoko im Innern. Was heute zu sehen ist, beispielsweise an Bemalung, ist keineswegs eine Schmalspur-Ausgabe der alten Kunst. Wie einige Besucher vermuteten. Sondern eine Wiederherstellung der Originale.