Merkwürdige Bestellungen tauchen manchmal in Bäckereien im Raum Bruchsal/Karlsruhe auf. Da wird ein "Märbs" verlangt. Selbst Fachverkäuferinnen reagieren dann mit erstaunten Blicken. "Ein was?" Das Dialektwort "Märbs" bezeichnet traditionell ein süßes Hefegebäck, manchmal auch in neuerer Zeit ein Blätterteig-Teilchen. Beispielsweise mit Nuss- oder Quarkfüllung. Ebenfalls in dieser Region zu Hause ist der "Dambedei". Dieses Gebäckmännchen hat einen höheren Bekanntheitsgrad ist aber auch im Rest des Landes wenig bekannt oder heißt schon mal anders.
Kleine Umfrage im Bekanntenkreis: Weißt du was
en Märbs isch? Stirnerunzeln, erstaunte Blicke und Kopfschütteln.
Ein was? Es folgen Rückfragen, in welchem Zusammenhang das mundartliche Ding vorkomme. Immerhin begaben sich einige auf die richtige lebensmitteltechnologische Spur.
Kenne ich, das ist der Einback. Kann man leider nicht ganz gelten lassen, auch wenn ein Lichtlein wie der Hefeteig aufgegangen ist.
Hilferuf und Verlustanzeige
Irgendwie bestätigt sich bei allem der Hilferuf einer Frau aus dem vorderen Kraichgau:
Keiner kennt mehr den Märbs . In Bäckereien von Bruchsal oder Karlsruhe habe man sie überhaupt nicht verstanden, so ihre Verlustanzeige. Kleine eigene Umfrage unter Bäckereifachverkäuferinnen: Manche wissen nichts mit anzufangen, andere schon.
Der wird aber nur noch selten verlangt . Man sagt halt leichter Nusshörnchen oder Quarktasche dazu.
Feines Hefegebäck im Raum Bruchsal
Der hiesige Oberbegriff im Dialekt ist und bleibt
Märbs . Kommt von „etwas Mürbes“ und bezeichnet im Raum Bruchsal ein feines süßes Hefegebäck. So die lange Tradition. (Und so steht es auch im wissenschaftlichen "Badischen Wörterbuch", das an der Universität Freiburg erstellt und gepflegt wird.) Heute kann auch ein Blätterteil-Teilchen darunterfallen.
Märbs ist selbst bei thekenerfahrenen Mundartsprechern im Raum Karlsruhe nicht in jederfrau Munde. Einige Krümel finden sich noch im Kraichgau und der Kurpfalz, ja selbst in fichtelgebirgigen Bäckereien, wenn man danach sucht. Ansonsten bleibt der oder das
Märbs eine altsprachliche Visitenkarte der
Leit vun do . Ein Mann aus Unteröwisheim (
Unnerroise im Dialekt) erzählt, dass er als Student vor 40 Jahren sogar in Köln - kein Witz - mal nach seinem geliebten Märbs gefragte habe. Die Besatzung der rheinischen Bäckerei habe ein kleines Happening veranstaltet, um sich über diese Bestellung herrlich zu amüsieren. Als ob der Mann mit Märbs vom Mars käme. Wahrscheinlich hätten die Jecken auch mit der
Schneggenudel nichts anfangen können. Ob die Schneggenudel ebenfalls unter
die Märbs (Plural) subsumiert wird, das wäre eine neue Umfrage wert.
Der Dambedei hat Konkunktur
Ein anderes regionales Gebäckstück hat dagegen herbst-winterliche Konjunktur: das süße Gebäckmännchen namens
Dambedei . Mit Rosinen als Augen und vielleicht Mandeln als Mund. Für den drolligen, leicht über die Lippen gehenden Namen, gibt es zwar mehrere lateinisch-französische Erklärungen, aber keine belegten sachdienlichen Hinweise.
Klar scheint nur: Der
Dambedei ist sprachlich einzigartig im Raum Bruchsal/Karlsruhe beheimatet. Wie das populärwissenchaftliche Büchlein "Gruezi, Moin, Servus"! nachweist. Anderswo heißt er
Weckenmann ( Alemannischer Raum sowie Luxemburg bis Köln) oder
Stutenkerl (nördlich von Dortmund bis Ostfriesland). Ansonsten gilt in Nord- und Ostdeutschland, dass man den teigigen Typen meist gar nicht gebacken kriegt.