Skip to main content

Bürger wehren sich

In Forst regt sich Widerstand gegen Bau eines Krematoriums im Wohngebiet

Am Friedhof in Forst soll ein Krematorium gebaut werden, doch die Bürger wehren sich gegen die Pläne.

Friedhof Forst
Hinter dieser Gräberreihe endet der Forster Friedhof: Sollte dem geplanten Bau des Krematoriums stattgegeben werden, wird dieses hinter dem Gelände des neuen Friedhofs entstehen. Foto: Heintzen

Abschied nehmen und den geliebten Menschen gehen lassen. Gerne denkt man darüber wahrlich nicht nach. Doch seit dieser Woche müssen sich einige Forster Bürger mit dem Thema Bestattung auseinandersetzen.

Das Bestattungsinstitut Jäckle will auf dem Gelände neben dem Forster Friedhof ein Krematorium errichten. Ob tatsächlich gebaut wird, ist allerdings noch nicht entschieden. „Da gibt es noch einige Hürden. Zu allererst brauchen wir den Entschluss des Gemeinderates“, sagt Andreas Schäfer, Bauamtsleiter der Gemeinde Forst.

Anwohner wehren sich gegen Krematorium in Forst

Schon vor der Gemeinderatssitzung am kommenden Montag gibt es heftigen Gegenwind von den Anwohnern gegen den geplanten Bau. „Wollen Sie neben einem Krematorium wohnen? Da wo jeden Tag Leichen verbrannt werden?“

Gerburg Rietschel und ihre Nachbarn sind aufgebracht. Die Anwohner rund um das Friedhofsareal sind sich einig: „Ein Krematorium schön und gut. Aber nicht vor unserer Haustür.“

Mein Sohn meinte heute zu mir: Papa, wenn ich dann im Garten bin, kriege ich dann mit, wie Leute verbrannt werden?
Markus Blümle, Anwohner

Die Anwohner fühlen sich vom Bauvorhaben überrumpelt. „Wir alle haben das nicht gewusst und viele Forster wissen immer noch nichts davon“, sagt Alexander Hoffner. „Unser Dorf ist zu klein dafür. Krematorien gibt es in Städten und nicht bei uns in Forst.“

Die Nachbarn des Areals haben sich zusammengeschlossen. Gemeinsam wollen sie am Montag gegen den möglichen Entscheid über den Bau ankämpfen. Sollte der Rat zustimmen, wollen die Nachbarn einen Bürgerentscheid herbeiführen. Bestattungen und Trauer sind von Natur aus emotionale Themen.

Viele Anwohner sind damit nun plötzlich konfrontiert. „Mein Sohn meinte heute zu mir: Papa, wenn ich dann im Garten bin, kriege ich dann mit, wie Leute verbrannt werden?“, schildert Markus Blümle.

Nachbarn fürchten Wertminderung ihrer Grundstücke wegen des Krematoriums

Einige Anwohner fürchten eine Wertminderung ihrer Grundstücke. Auch möglicherweise entstehendes Quecksilber bei der Verbrennung macht ihnen Sorgen. „Besonders wegen der Nähe zum Spielplatz“, sagt Andreas Roth.

Beim Bauamt in Forst weiß man von den Bedenken der Anwohner. „Ein Krematorium ist ein sensibles Thema. Da geht es um Trauer und darum, wie man mit den Toten umgeht. Deshalb braucht man da große Sensibilität“, sagt Bauamtsleiter Andreas Schäfer. Er selbst ist überzeugt vom Projekt. „Wenn man sich die Pläne anschaut, kann man gar nicht glauben, dass da ein Krematorium ist.“

Bürgermeister Killinger steht zwiegespalten zur Situation

Bürgermeister Bernd Killinger schätzt die Situation kritisch ein: „Ich weiß, es ist ein heikles Thema.“ Er steht zwiegespalten zur Situation.

Ein Krematorium mitten im Forster Wohngebiet halte ich für absurd.
Bernd Killinger, Bürgermeister Forst

„Die Idee an sich, das Bestattungswesen auszubauen, finde ich genial“, so Killinger, „aber ein Krematorium mitten im Forster Wohngebiet halte ich für absurd.“ Neu ist das Thema in Forst nicht. „Vor vielen Monaten kam das Bestattungsinstitut Jäckle auf die Gemeinde zu“, so Killinger. Jäckle selbst äußerte sich auf Nachfrage der Redaktion noch nicht zu den Bauplänen.

Bauamtsleiter Schäfer begründet die späte öffentliche Bekanntgabe. „Ein Krematorium hat grundsätzlich einen Beigeschmack“, sagt er, „deshalb wollten wir vorab wissen, ob so was aus rechtlichen Gründen überhaupt möglich ist.“ Erst jetzt habe man die Gewissheit, dass ein Bau grundsätzlich möglich wäre, und zwar nur an diesem Standort.

Friedhof Forst
Sollte das Krematorium gebaut werden, wird es auf dem Grundstück hinter dieser Hecke stehen. Foto: Heintzen

Eine Entscheidung des Gemeinderats steht noch aus

„Der Gemeinderat hat sofort reagiert und das öffentlich gemacht“, so Andreas Schäfer. Ob tatsächlich gebaut wird, ist noch völlig unklar. Nach der ersten Entscheidung des Gemeinderates für oder gegen das Projekt, müssten noch weitere Planungsschritte eingeleitet werden.

Dabei seien noch rechtliche Hürden zu nehmen; auch der Bebauungsplan für das Gelände müsste geändert werden. „Erst wenn das alles durch geht wird entschieden, ob gebaut wird“, so Schäfer. Falls dem Antrag statt gegeben wird, könnte der erste Spatenstich in zwölf bis 18 Monaten sein.

Wie der Gemeinderat entscheidet, ist noch offen. Bürgermeister Bernd Killinger selbst würde nach aktuellem Stand gegen das Projekt stimmen, sagte er auf Nachfrage. Die Entscheidung liegt aber nicht nur in seinen Händen; die Abstimmung des Rates ist entscheidend.

Forst ist bekannt für seine Weitsicht. Man ist hier offen für neue Ideen, hier wurden immer sehr gute Entscheidungen getroffen. Der Gemeinderat wird wohlüberlegt entscheiden“, bewertet Bauamtsleiter Andreas Schäfer.

Ein Krematorium, das stinkt und riecht, das wird es in Forst definitiv nicht geben.
Andreas Schäfer, Bauamtsleiter Forst

„Ich möchte den Bürgern ihre Ängste nehmen“, sagt Schäfer. „Ein Krematorium, das stinkt und riecht, das wird es in Forst definitiv nicht geben.“ Er spricht begeistert von der geplanten Anlage. „Die Verbrennungsanlage ist das Beste, was es in der Republik gibt. Die Emissionen werden gegen Null gehen.“

Die Nachfrage nach Einäscherungen steigt rasant

Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Bestatter steigt die Anfrage nach Einäscherungen stetig an. Aktuell werden 67 Prozent aller Toten in Deutschland eingeäschert – Tendenz steigend. Diese Entwicklung gibt es auch in Forst.

„Die Nachfrage nach Urnenbestattungen geht rasant in die Höhe“, sagt Bauamtsleiter Andreas Schäfer. Dennoch hätten die Anwohner nicht mit einem „Leichentourismus“ zu rechnen. „Es wird ein einziges Fahrzeug am Tag kommen. Die Leichen werden nicht einzeln, sondern gesammelt gebracht“, so Schäfer.

Bei der Sitzung am Montag wird es nach der Projektvorstellung eine Bürger-Fragestunde geben.

nach oben Zurück zum Seitenanfang