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Fehlendes Glasfasernetz sorgt für Probleme

Karlsdorf-Neuthard: Großer Frust über Internet im Schneckentempo

Mit den riesigen Datenmengen im Homeoffice und Homeschooling sind bei den Einwohnern von Karlsdorf-Neuthard die Probleme offenkundig geworden, die seit längerem befürchtet wurden. Mancher Kunde zieht Konsequenzen. Auch ein Provider hat reagiert.

Leerrohre für das spätere Verlegen von Glasfaserkabeln für den Breitband-Internetausbau.
Glasfaserausbau: In den nächsten zwei Jahren will der Landkreis Karlsruhe in 15 Kommunen massiv in den Ausbau des Glasfasernetz investieren. Foto: Jens Büttner /dpa

Nachts um halb vier, da hat die Internetleitung von Dominik Mahler wenigstens so viel Megabit pro Sekunde, dass er die Arbeitsblätter seines siebenjährigen Sohnes herunterladen kann.

Morgens, gegen 7.30 Uhr, wenn sich auch in der Nachbarschaft im Neutharder Neubaugebiet Krähbusch/Überm Rain/Kalkofen Dutzende von Internetnutzern im Homeoffice und Homeschooling einklinken, geht praktisch gar nichts mehr: „Wir haben jetzt zum 1. Februar ein Büro in Karlsdorf angemietet, damit wir wenigstens arbeiten und lernen können“, erzählt Mahler, völlig frustriert angesichts der zusätzlichen Kosten und Nerven.

Jetzt haben wir die Situation, die wir immer befürchtet haben.
Sven Weigt, Bürgermeister

Denn das Problem gibt es in dem Baugebiet schon länger. Mangels Glasfaser lief das Internet schon immer sehr langsam. Daran haben auch zahlreiche Beschwerden beim Anbieter Vodafone nichts geändert. Nach den Weihnachtsferien sei es aber auch tagsüber komplett unbrauchbar.

„Jetzt haben wir die Situation, die wir immer befürchtet haben“, konstatiert Bürgermeister Sven Weigt. Im Rathaus sind in den vergangenen Tagen zahlreiche Beschwerden aus der ganzen Gemeinde eingegangen.

Büro angemietet und Arbeitszeit nachgearbeitet

Ein Einwohner aus der Hauptstraße hat zwischen 10 und 12 Uhr große Schwierigkeiten. Ein anderer Nutzer, der gleich um die Ecke wohnt, berichtet, dass er in Videokonferenzen zwar zuhören, aber nicht sprechen könne. Die Uploadrate sei zu niedrig. „Im ersten Lockdown hat es wunderbar funktioniert“, erzählt der 35-Jährige, der seinen Namen nicht nennen will.

Von den IT-Spezialisten seines Arbeitgebers sei die Leitung überprüft und für „exzellent“ befunden worden. Dank flexibler Arbeitszeiten versucht er nun die fehlenden zwei Stunden nachzuarbeiten. Aber der Frust ist groß, zumal sich sein Provider Vodafone trotz zahlreicher Beschwerden nicht zurückgemeldet hat.

Kupferkabel sind zu langsam

Bereits in den vergangenen Jahren haben sich Gemeinden wie Karlsdorf-Neuthard und Forst mit Unterstützung der Gesellschaft Breitbandkabel des Landkreises Karlsruhe (BLK) für den Aufbau eines Backbone-Glasfasernetz eingesetzt.

Dafür wurden Leerrohre verlegt. Die Telekom hatte im Februar 2018 Straßen wieder aufreißen lassen und eigene Glasfaserkabel verlegt – um sich Marktanteile zu sichern, wie in einer Gemeinderatssitzung vermutet wurde. Allerdings nur bis zum nächsten Verteilerkasten. Von dort führen per Vectoring-Verfahren aufgerüstete langsame Kupferkabel weiter zum Verbraucher.

Landkreis plant weiteren Glasfaserausbau

„Angesichts der riesigen Datenmengen im Homeoffice oder Homeschooling liegt es auf der Hand, dass die veralteten Systeme schnell an ihre Grenzen kommen“, kritisiert Landrat Christoph Schnaudigel in einer Stellungnahme.

Für 2021/22 ist in 15 Gemeinden der Glasfaserausbau geplant, so in Östringen, Oberhausen-Rheinhausen, Waghäusel, Gondelsheim und Weingarten. Das angekündigte neue Förderprogramm „Graue-Flecken-Förderung“ sehe immer noch eine sogenannte Aufgreifschwelle vor, die es der kommunalen Hand verwehrt, selbst tätig zu werden.

Diese gehöre abgeschafft. Bei der aktuellen Novelle des Telekommunikationsgesetzes habe der Gesetzgeber außerdem die Chance verpasst, auf eine flächendeckende reine Glasfaserversorgung zu setzen.

Kunden wechseln Provider

BLK-Geschäftsführer Ragnar Watteroth rät Kunden nun, das geringe Datenvolumen zu dokumentieren und den Provider damit zu konfrontieren. Der Landkreis hat seinerseits bei Bundesnetzagentur, Bund und Land Alarm geschlagen. Vodafone, auf die Vorfälle angesprochen, kündigte am Freitag nach Messungen in dem Ortsteil an, „in dem betroffenen Kabelstrang die Netzkapazitäten deutlich zu erhöhen“. Die Arbeiten sollen im Frühjahr abgeschlossen sein.

Betroffen seien davon mehr Kunden. Der 35-Jährige aus Neuthard wie sein Bekannter aus der Hauptstraße haben eine eigene Lösung gefunden: Sie wollen zum 1. Februar zur Telekom wechseln, deren Anschlüssen offenbar funktionieren – und dabei wegen nicht erbrachter Leistung das Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen.

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