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Winzer erwarten „kleineren, aber interessanten Herbst“

Kraichgau-Winzer bereiten sich auf die Weinlese vor

Die letzten Wochen vor der Lese haben begonnen. Die Winzer bangen noch, dass keine Schädlinge den Trauben zusetzen. Generell heißt es jedoch: „Der Jahrgang 2020 wird ein besonderer”.

Zwei junge Leute stehen in einem Weinberg und lachen in die Kamera.
Adrian und Sina Zimmer bewirtschaften Weinberge in Odenheim. Foto: Petra Steinmann-Plücker

Von Petra Steinmann-Plücker

„Stand heute ist es eine tolle Ausgangssituation in diesem Jahr, aber wirklich sagen, was daraus wird, kann man erst, wenn der Wein im Keller ist“. Trotz dieser Relativierung seiner Einschätzung erwartet der Östringer Winzer Ludwig Honold „richtig tolle Sachen“, denn „es ist ein Sommer vom Feinsten, auch wenn der eine oder andere Tropfen Wasser fehlt“.

Wie Winzer mit Wespen fertig werden

Auf jeden Fall werde der Jahrgang 2020 ein besonderer, vor allem im Hinblick auf den Rotwein, es sei denn es setzt nun Dauerregen ein oder die Wespen tun sich an den Trauben allzu gütlich.

Um die schwarzgelben Insekten von seinen Reben fernzuhalten, setzt Andreas Braunecker vom Kronauer Weingut Bosch Gesteinsmehl ein. In Wasser aufgelöst und auf die Trauben aufgesprüht sei diese Lösung für die Weinreiheit völlig unbedenklich, aber den Wespen vergälle sie den Geschmack, helfe auch gegen die Kirschessigfliege und wirke sogar bei hellen Trauben als Schutz gegen Sonnenbrand.

Gerade dem Riesling, wie er auf seinen Flächen in Langenbrücken wächst, würde jetzt etwas weniger Hitze guttun, denn „kühlere Reife bringen ein besseres Aroma“, sagt Winzer Braunecker. „Tagsüber so 20/25 Grad, dazu frischere Nächte und ein bisschen Niederschlag wären super für einen schönen Jahrgang“.

Von der Menge her erwarte er etwas weniger als im vergangenen Jahr, aber immer noch einen „passenden Ertrag“. Auch Andreas Schlicht, Vorsitzender der Winzergenossenschaft Zeutern (WGZ) wünscht sich diese Wetterverhältnisse und geht von „einem kleineren Herbst“ aus, obwohl man das im Moment noch nicht so genau sagen könne. Die nächsten paar Wochen seien entscheidend, „wie der diesjährige Herbst verläuft“.

Ein kräftiger Mann steht in einem Weinberg und zupft an einem Rebstock.
Winzer Andreas Braunecker vom Weingut Bosch inmitten seines Weinberges in Langenbrücken. Foto: Petra Steinmann-Plücker

Die Lese beginne mit dem Regent, eine Woche später folgt der Müller-Thurgau. „Bei allen anderen Sorten wird situativ entschieden“. 95 aktive Winzer sind der WGZ angeschlossen mit Weinbergen in ganz unterschiedlichen Lagen. Entsprechend unterschiedlich fällt die Beeinträchtigung durch die Witterung im Jahresverlauf aus. So gebe es vereinzelt bereits Trockenstress und auch der späte Frost im Mai haben sich in den verschiedenen Gewannen mehr oder weniger ausgewirkt.

Unterschiedliche Reifestufen wegen starkem Frost im Frühjahr

Von kaum bis Totalausfall haben die Eisheiligen in den Weinbergen von Adrian Zimmer in Odenheim ihre Spuren hinterlassen. Vor allem den Reben in den tiefen Lagen habe der Frost ziemlich zugesetzt. Das hat dazu geführt, dass es nun unterschiedliche Reifestufen gibt, da die bereits weit entwickelten Triebe abgefroren seien und sich jetzt eine zweite Generation Trauben entwickle, zusätzlich zu den bereits reiferen. Das werde im Ergebnis interessant und stelle auch bei der Lese eine besondere Herausforderung dar.

Sowohl Frost als auch Trockenheit haben die alten Weinstöcke generell besser weggesteckt als die jungen, erklärt Adrian Zimmers Frau Sina und zeigt dabei auf den „Wengert“ mit grandiosem Blick auf Odenheim, dessen Weißburgunder-Rebstöcke vor fast 50 Jahren gepflanzt wurden.

Herbstbeginn ist bei den Zimmers wie auch bei den anderen Winzern voraussichtlich in den ersten Septembertagen, ein bis zwei Wochen früher als der langjährige Erntezeitdurchschnitt. Traditionell sei der Müller-Thurgau als erstes reif mit leichtem und fruchtigem Aroma, darauf folgt der Rosé, der einen moderaten Alkoholgehalt haben soll.

Bringt Corona Besinnung auf regionale Qualität bei Verbrauchern?

Grundsätzlich aber müsse man „von Weinberg zu Weinberg entscheiden und im Blick haben, ob man für die Basis oder fürs Topsegment produzieren möchte“, führt Adrian Zimmer an. Wie auch immer habe es das Corona-Jahr in sich, denn sowohl der Frost als auch die fehlenden Veranstaltungen und damit fehlende Absatzmärkte haben den Winzern zu schaffen gemacht.

Schon allein deshalb würde sich Adrian Zimmer „über einen normalen Herbst“ freuen. Und dass die Corona bedingte Besinnung auf Regionalität und Qualität und „auf das, was vor der Haustür liegt“ bleibt.

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