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Sieben Bewerber

Kandidatenvorstellung in Oberhausen-Rheinhausen stößt auf großes Interesse

Sieben potenzielle Bürgermeister buhlten in einer Vorstellungsrunde um die Gunst der Bürger von Oberhausen-Rheinhausen. Das Ganze wurde live ins Netz übertragen: „Weltpremiere“, wie der scheidende Bürgermeister Martin Büchner sagte.

Kandidatenvorstellung Oberhausen Bürgermeisterwahl
Armin Rasokat, Nastassia Di Mauro, Britta Körner, Thilo Herrling, Manuel Scholl, Christian Soeder und Alexander Nitsche (von links) wollen Bürgermeister von Oberhausen-Rheinhausen werden. Foto: Martin Heintzen

Nach über dreieinhalb Stunden geballter Bürgermeister-Kandidatenvorstellung in Oberhausen-Rheinhausen, die Frage: Wie war es? „Kalt“, kommt es fast gleichzeitig aus den beiden Zuhörerinnen heraus. Ingrid Tagscherer und Helga Weber sind wie 150 weitere Bürger in die Oberhausener Sporthalle gekommen, um sich über die sieben potenziellen neuen Bürgermeister für ihre Gemeinde zu informieren.

Und sie wurden nicht enttäuscht, wie beide erklären. In der wegen Corona gut belüfteten und daher kühlen Halle erlebten sie geballte Kommunalpolitik, „informativ und sehr gut organisiert“, wie Tagscherer lobt. Als Weltpremiere hatte der scheidende Bürgermeister Martin Büchner die Liveübertragung per Youtube in alle Welt beschrieben. Tagscherer kommunizierte per Whatsapp mit Bekannten, die das Ganze zuhause verfolgten. Daumen hoch oder Daumen runter, man tauschte sich in Echtzeit aus.

Noch zu später Stunden waren per Youtube an die 600 Menschen zugeschaltet. Einige von ihnen hatten die Vorstellung auch in einer Halle in Rheinhausen verfolgt. „Ich wurde in meiner Entscheidung bestärkt“, erklärt Weber. Sie hatte bereits einen Favoriten und befand diesen oder diese auch nach dem Abend für geeignet. Ähnlich ging es Tagscherer.

Zeit wurde bei Vorstellung der Bürgermeister-Kandidaten streng kontrolliert

Am 14. November haben die Bürger der Doppelgemeinde die Wahl. Sieben Kandidaten - alle waren anwesend - hatten am Donnerstagabend jeweils zehn Minuten Zeit, sich und ihre Ideen vorzustellen. Sehr konzentriert, streng durchgetaktet und kontrolliert, erfolgte so die erste Runde. Danach gab es 120 Minuten lang Fragen, die zuvor schriftlich eingereicht werden mussten und dann per Los gezogen und auf der Bühne vorgelesen wurden.

Die Bandbreite war groß: Es ging um Parkplätze, um die Digitalisierung der Verwaltung und um Infrastruktur im Allgemeinen. Es gab Ideen, wie man den Erlichsee attraktiver machen kann, und eine Diskussion, ob ein Supermarkt für Rheinhausen realistisch sei - ebenso ein Altersheim.

Viel gefragt war die 32-jährige Kandidatin Nastassia Di Mauro, die am Ende bei der Redezeit knapp die Nase vorne hatte. Insgesamt war es aber recht ausgewogen – Martin Büchner überwachte zusammen mit dem Wahlausschuss penibel die Zeit. Am Ende entließen die drei Moderatoren die Zuschauer mit dem Wahlaufruf. Die gesamte Kandidatenvorstellung ist weiterhin abzurufen auf Youtube.

Für Kandidatin Britta Körner soll der Katastrophenschutz auf den Prüfstand

Britta Körner durfte sich als erste vorstellen, weil sie ihre Bewerbung als erste eingereicht und somit als erste auf dem Wahlzettel steht. Die 57-Jährige ist Tierärztin, das soll sich nach ihrem Wunsch aber am 14. November ändern. Der Bürgermeisterjob sei „rückenschonender“, legte sie gleich zu Beginn ihrer Rede dar. Auch das Salär von etwa 7500 Euro erwähnte sie – „die hätte ich auch gerne“. Die Aussicht, ihr Umfeld aktiv mitgestalten zu können, sei verlockend.

Ohne gute Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister und Gemeinderat läuft gar nichts.
Britta Körner, Bürgermeister-Kandidatin

Körner stellte zudem fest, dass ein Bürgermeister die Gemeinde nach außen vertrete und den Vorsitz im Gemeinderat hat, dennoch nichts alleine entscheiden könne. „Ohne gute Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister und Gemeinderat läuft gar nichts.“ „Was bin ich für ein Mensch?“ Körner beschreibt sich als ehrlich, kritikfähig, und sie glaube an das Gute im Menschen.

Ungerechtigkeit könne sie nicht ertragen. Oberste politische Priorität habe die Auflösung des Sanierungsstaus, etwa die Erneuerung der Trinkwasserversorgung. Auch der Katastrophenschutz gehöre auf den Prüfstand. Nur die Stärkung des Gewerbes bringe letztlich neues Geld in die Kassen, so ihre Einschätzung. „Es wäre mir eine große Ehre, mich für uns alle einsetzen zu dürfen“, rief sie den Bürgern zu.

Manuel Scholl sieht Bürgermeister-Amt als Herzensangelegenheit und kein Sprungbrett

Für Manuel Scholl bedeute das Amt zunächst einen Schreibtischwechsel innerhalb des Rathauses. Der bisher schon für die Finanzen zuständige 41-Jährige stehe für eine moderne, zukunftsweisende Gemeinde ein. Das Ganze sei eine „Herzensangelegenheit“ für ihn und kein Sprungbrett. Er skizzierte seinen Plan für die Lösung gleich mehrerer Probleme.

Für die Ganztagsbetreuung an Grundschulen fehle künftig der Platz. Deswegen wolle er einen neuen Standort für ein gemeinsames Feuerwehrhaus suchen. Das schaffe sowohl in Oberhausen als auch in Rheinhausen Raum an den Schulen. Zusammen mit Bauhof und DLRG und zusätzlichem Gewerbe, so seine Vision, könne man so eine große Lösung suchen.

Auch zu Tempo 30 skizzierte er seine Vorstellung, sah das Thema aber eingebettet in ein langfristiges Sanierungskonzept etwa mit lärmreduzierenden Asphalt. Seinen Fokus lege er auf den Ausbau einer funktionierenden Verwaltung. Er sprach von stabilen Strukturen, von Transparenz und Respekt. Er beschreibt sich selbst als heimatverbunden, strukturiert und stets neutral. „Wissen was wichtig ist und tun was richtig ist“, sei sein Leitmotiv, erklärt Scholl.

Christian Soeder Klimawandel als Herausforderung für die Kommunen

Mit Christian Soeder aus Mannheim tritt ein Referent aus dem baden-württembergischen Landtag an. Er verwies zunächst auf den Klimawandel, der neue Herausforderungen auch für Kommunen bringe. „Hier treffen sich Heimat und Zukunft“, so seine Einschätzung. Er verwies auf 15 Jahre politische Erfahrung.

Für das SPD-Mitglied gehe es aber nicht um Parteipolitik. Seine Tür sei für alle offen. Er stehe für eine neue Kultur des Miteinanders mit dem Gemeinderat und für mehr Bürgerbeteiligung. Soeder wolle Förderprogramme aktiv nutzen, setze sich für eine nachhaltige Finanzpolitik ein und wolle die Nähe zu Rhein und Speyer offensiver bewerben. Ihm schwebe etwa ein Storchenerlebnispfad vor. Seinen Führungsstil beschrieb er als kooperativ.

Die Schule solle im Ort bleiben, die ärztliche Versorgung weiterhin gewährleistet. In der Fragerunde stellte Soeder einen Bürgerentscheid in Aussicht über die Frage, ob das Rathaus abgerissen und neu gebaut oder saniert werden solle. Er warb mit dem frischen Blick von außen. „Ich werde für Sie stark sein.“

Bessere Atmosphäre im Gemeinderat wünscht sich Nastassia Di Mauro

Nastassia Di Mauro beschrieb einige der wichtigsten 50 Eigenschaften eines Bürgermeisters. Nicht mit allem könne sie dienen, räumte die 32-Jährige ein. Sie bringe aber etwas Neues rein, stehe für einen erweiterten Blick.

Als Hauptamtsleiterin in Marxzell bringe sie viele notwendige Eigenschaften mit. Sie verwies unter anderem auf Stefan Martus in Philippsburg, auf Sven Weigt in Karlsdorf-Neuthard oder auf Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick. Sie alle seien ursprünglich Hauptamtsleiter gewesen.

Ich bin bei Ihnen, wenn Sie Veränderungen wollen und kein Weiter so.
Nastassia Di Mauro, Kandidatin

Di Mauro wolle in Rathaus und Gemeinderat wieder eine bessere Atmosphäre schaffen. Bei 2.500 Hausbesuchen, wie sie sagte, habe sie viel erfahren. Sie sei eine Bürgermeisterin mit Herz für Mitmenschen, verteile aber keine Wahlgeschenke. Priorität habe der Erhalt der Lebensqualität. „Ich bin bei Ihnen, wenn Sie Veränderungen wollen und kein Weiter so“, rief sie den Zuhörern zu. „Mein Finanzprogramm steht“, versprach sie. Möglicher Nutzung von Tiefengeothermie erteilte sie ein Absage.

Bezahlbarer Wohnraum als Schwerpunkt von Kandidat Alexander Nitsche

Als große Herausforderung sah Kandidat Nummer 5, Alexander Nitsche, die lebenslange Teilhabe der Menschen im Ort. Der gebürtige Oberhausener wolle Heimat stiften, dabei spielten die Vereine eine wichtige Rolle.

Er versprach regelmäßige Bürgergespräche und sehe einen Schwerpunkt seiner Arbeit beim Thema bezahlbarer Wohnraum: „Familien müssen Wohnraum finden.“ Er wolle die Gemeinde in das Landessanierungsprogramm aufnehmen lassen, und: „Die Gemeinde soll in den Wohnungsbau einsteigen.“

Zudem will Nitsche ein Klimaschutzmanagement im Rathaus etablieren. Saubere Spielplätze, Hundeplätze und mehr Grün sehe er als wichtig an. Es gelte in Richtung Klimaneutralität zu kommen, auch für nachfolgende Generationen. Als weitere Themen nannte der 35-Jährige Techniker die Digitalisierung von Schulen, eine große Verantwortung für das Naherholungsgebiet oder auch die Förderung der Hilfsorganisationen für die hochwassergefährdete Gemeinde am Rhein.

Thilo Herrling sieht Oberhausen-Rheinhausen als Wohngemeinde mit Freizeitwert

Thilo Herrling verwies ebenfalls auf seine Wurzeln im Ort. Der 43-jährige Ingenieur nannte sein Motiv: „Weil ich mit Ihnen und für Sie etwas bewegen will.“ Er sei Sportler, Familienvater aber auch Ehrenamtler, und „ich bin nah dran.“ In der attraktiven Gemeinde gebe es unglaublich viel zu tun.

Für dringende Themen bedürfe es zukunftsgerechter Lösungen. Klimawandel, Flächenverbrauch oder auch Artenschutz nannte er beispielhaft. „Wir brauchen mehr Arbeitsplätze und Wohnungen. Wir sind Wohngemeinde mit Freizeitwert“, so Herrlings Einschätzung. Ideologiefrei wolle er Projekte gemeinsam umsetzen.

Er kenne die Themen der Vereine, sicherte seine volle Unterstützung zu. Ihm sei die gesunde Entwicklung der Kinder wichtig. Starke soziale Netze und die intakte Umwelt – dafür wolle er sich einsetzen. Er sei „authentisch, offen, transparent und mit Weitblick“.

Armin Rasokat will nicht Büromeister, sondern Bürgermeister werden

Armin Rasokat aus Kleindöttingen in der Schweiz ist als Medien- und Kulturschaffender tätig. Schulung, Beratung und Prozessbegleitung sowie Bildungsformate für alle – das seien seine Tätigkeitsfelder. Er sehe sich nicht als „Aktenwälzer im Krawattenwald“. Er wolle nicht Büromeister, sondern Bürgermeister werden, betonte der 50-Jährige. „Ich bin jemand der hinhört und die Menschen ernst nimmt.“

Entschlossenheit, Mut, Charisma und Offenheit – das bringe der mit. Er wolle gestalten, nicht verwalten, betonte er und versprach, Entscheidungen objektiv zum Wohle der Menschen zu treffen. „Einer von uns“, das sei mehr als ein Slogan. Er habe Wurzeln im Ort, sei aber auch in der Welt rumgekommen, wie er berichtete. „Meinen angeborenen Lokalpatriotismus habe ich nie verloren.“

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