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Lange Tradition

Halloween in der Region Karlsruhe: Wo schon vor 150 Jahren gruselige Fratzen die Menschen erschreckten

Heute ist Halloween ein Party-Event. Doch schon früher hatten gruselige Fratzen aus Kürbissen oder Rüben Tradition. Eine Spurensuche im Landkreis Karlsruhe.

Gruselige Fratzen erschreckten bereits vor mehr als 150 Jahren die Menschen in der Region Karlsruhe.
Gruselige Fratzen erschreckten bereits vor mehr als 150 Jahren die Menschen in der Region Karlsruhe. Foto: picture alliance / dpa/Archivbild

Die Gepflogenheit, Kürbisse auszuhöhlen, finstere Gesichter auszuschnitzen und ins Innere eine Kerze zu stellen, gehört zu Halloween. Angeblich kamen die amerikanischen Halloweenbräuche erst vor wenigen Jahrzehnten nach Deutschland.

Heute sind Halloween-Kürbisse gang und gäbe, früher wurden lustige Fratzen in die reichlich vorhandenen Dickrüben geschnitzt. Gespenstische Gesichter gab es schon lange vor „All Hallows’ Eve“: dem Abend vor Allerheiligen, der inzwischen nur noch als Party-Event bekannt ist.

Ausgehöhlte Kürbisse bereits um 1870 in der Region Karlsruhe üblich

In der Gegend um Oberhausen-Rheinhausen und Waghäusel-Wiesental war es schon um 1870 üblich, die schönen runden Kürbisse auszuhöhlen – was der Oberhäuser Lehrer Wilhelm Vollmer um 1930 in seinem Buch „Volk im Bruhrain“ festgehalten hat. Aber nicht nur im Norden des Landkreises Karlsruhe sondern auch im Süden soll es diesen Brauch bereits sehr früh gegeben haben. Aus Völkersbach, das heute zu Malsch gehört, und aus Burbach, ein Ortsteil von Marxzell, stammen ähnliche Überlieferungen.

Niemand benötigte damals Halloween, um aus Kürbissen und Rüben solche Fratzen herzustellen, die geeignet sind, Kinder zu erschrecken. „Zu Halloween gehört der Kürbis wie der Schädel zum Skelett“, sagen befragte Kinder im Bruhrain unisono.

Die „Jack O’Lanterns“, wie sie in Amerika genannt werden, sind ausgehöhlte Kürbisse mit gruselig geschnitzten Gesichtern, von innen mit Kerzenlicht beleuchtet. Das Brauchtum resultiert angeblich aus einer schauerlichen Legende, die irische Einwanderer in die USA brachten. Den Kürbissen, wie sie heutzutage verwendet werden, sind Futterrüben vorausgegangen, die zunächst als einzig vorhandenes Material für die Herstellung der Köpfe und Gesichter dienten.

Vollmer sieht die Entstehung des Brauchtums im Zusammenhang mit den damals üblichen Hopfenzopfenabenden und berichtet: Um den Mädchen und jungen Frauen auf dem spätabendlichen Heimweg gehörig Angst einzujagen, höhlten die Burschen einige Kürbisse aus, gaben ihnen die Form eines Kopfes mit hervorstehenden Zähnen, schnitten Nasen und Augen aus und stellten eine brennende Kerze hinein.

Übergabe von Kürbissen an die Bewohner der Sozialpädagogischen Wohngemeinschaft Wiesental (Reha Südwest) durch Kunsttherapeutin Anita Medjed-Stumm (rechts)
Kein Halloween ohne Kürbisse: Kunsttherapeutin Anita Medjed-Stumm (rechts) übergibt orangene Gruselfratzen an Bewohner der Sozialpädagogischen Wohngemeinschaft Waghäusel-Wiesental. Früher wurden statt Kürbissen Rüben bevorzugt. Foto: Werner Schmidhuber

Damit kletterten sie auf einen Baum und stellten das leuchtende Gespenst in eine Astgabel. Ging jemand den Weg entlang, sah er in der Dunkelheit einmal die grinsende Teufelsfratze und hörte dazu ein schreckliches Brummen, das ein versteckter Bursche von sich gab. So erschreckten die jungen Männer die Frauen fast zu Tode – zur Gaudi der Übeltäter.

In dem Buch „Volksleben von einst“, 1977 erschienen, ist die Rede von Feuerteufeln, Totenköpfen und Rübengeistern. Wenn die Dickrüben geerntet werden, sei die Zeit der Rübengeister gekommen, heißt es dort. Buben höhlen sie aus und schneiden in deren Vorderseiten teils grinsende, teils schreckhafte Gesichter. In diese Rüben werden dann gegen Abend Kerzen gestellt – meist durch das abnehmbar gestaltete Schädeldach. Mit diesen geisterten die Kinder im Dorf herum, schrieb vor 50 Jahren der Buchautor, Archivar und Museumsleiter Paul Hans Stemmermann.

Leuchtende Schreckfiguren auf den Friedhofsmauern in Burbach und Völkersbach

Dabei erwähnt er ausdrücklich Burbach und Völkersbach. Dort wurden die leuchtenden Köpfe auf die Friedhofsmauer gestellt. Nach seiner Ansicht sollten die Schreckfiguren wohl die bösen Geister des herannahenden Winters abwehren.

Wie in Wiesental und Oberhausen könnten die Anfänge der Dickrübenbearbeitung auf die 60er Jahre des 18. Jahrhunderts zurückgehen. Aufgrund des immer geringeren Anbaus von Futterrüben, der wesentlich leichteren Bearbeitbarkeit und der massiven Bewerbung und Kommerzialisierung des Halloweenfests kamen Kürbisse immer häufiger statt der Rüben zum Einsatz.

Auch in weiteren Gemeinden sind volkstümliche Gepflogenheiten erhalten geblieben oder in die Neuzeit übernommen worden. So bietet das Heimatmuseum in Rheinstetten-Neuburgweier derzeit eine Mitmachaktion „Rübengeister schnitzen“.

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