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Suche nach genetischem Zwilling drängt

An Typisierungsaktion in Östringen nehmen 214 Spender teil

214 Menschen nahmen an der Typisierungsaktion in Östringen für den an Leukämie erkrankten Schulrektor Alexander Oberst teil. Unter ihnen auffallend viele ehemalige Schüler.

Blutentnahme: Doreen Holzmüller zapft bei Sina Förderer Blut ab. Die ehemalige Schülerin der Realschule Östringen nimmt an der Typisierungsaktion für Alexander Oberst teil, ihren früheren Rektor.
Blutentnahme: Doreen Holzmüller zapft bei Sina Förderer Blut ab. Die ehemalige Schülerin der Realschule Östringen nimmt an der Typisierungsaktion für Alexander Oberst teil, ihren früheren Rektor. Foto: Heike Schaub

Es sind 4,9 Milliliter– noch nicht einmal ein Esslöffel Blut, die am Samstagnachmittag jeweils in der Hermann-Kimling-Halle in Östringen abgezapft werden. 214 Personen zwischen 17 und 45 Jahren nahmen an der Typisierungsaktion für Alexander Oberst teil. Sie wurde vom Verein „blut.eV“ organisiert.

Unter ihnen auffallend viele junge Leute. Oberst, der an Leukämie erkrankt ist, ist seit 2012 Rektor an der Thomas-Morus-Realschule Östringen. Und offenbar sehr beliebt.

Werbung an anderen Schulen

„Wären wir davon betroffen, würden wir uns auch wünschen, dass es solch’ eine Aktion gibt“, sagt Tanja Heger, während sie den Ärmel hochkrempelt. Ihre Tochter geht aufs Leibniz-Gymnasium. Für die Aktion wurde an vielen Schulen geworben. Tanja Heger nimmt zum ersten Mal an einer Typisierung teil.

Es kommen aber auch viele ehemalige Realschüler, die den erkrankten Rektor noch von früher kennen, wie etwa Sina Förderer. Sie ist an dem Tag die 100. Spenderin. Sina kennt Alexander Oberst noch als Vertretungslehrer und von der Kleider-AG. Ihre Sympathie für den Pädagogen führt sie in die Hermann-Kimling-Halle.

Spende unter Corona-Schutzmaßnahmen

Dort hat der Verein „blut.eV“ unter strengen Corona-Schutzmaßnahmen eine Typisierungsaktion organisiert. Die Körpertemperatur wird gemessen, und Laufzettel mit persönlichen Angaben werden ausgeteilt. Peter Stattherr, Koordinator für Stammzellentransplantation von der Uni Heidelberg, informiert über medizinische Fragen: Gibt es Ausschlusskriterien für eine Spende, etwa bei Vorerkrankungen oder Medikamenteneinnahme?

Nichts wird dem Zufall überlassen, bei Kreislaufproblemen steht ein Schluck Cola bereit, wie Mike Mudat erklärt. Er koordiniert den Einsatz der ehrenamtlichen Helfern aus dem medizinischen Bereich.

Therapiemöglichkeiten bald ausgereizt

Bei Bastian Moser jedenfalls ist die Blutentnahme – seine erste – kein Problem. Auch er kennt Alexander Oberst noch aus der Schule als Religionslehrer. Am Montag gehen das Blut per Kurier ins Labor nach Bayern. Dort wird nach dem genetischen Zwilling gesucht, mit dessen Hilfe der 50-Jährige eine rettende Stammzellenspende bekommen soll.

Die Zeit drängt. Im Sommer 2020 erhielt Oberst die Diagnose chronische lymphatische Leukämie: Blutkrebs. Mit einer Chemoimmuntherapie gelang es zunächst, die Erkrankung in den Griff zu bekommen. Der 50-Jährige konnte zwischen Mai und September sogar wieder an die Realschule zurück kommen, erzählt seine Frau Angela. Doch dann vermehrten sich die entarteten Zellen wieder, schlimmer als vorher.

Die Typisierungsaktion macht Hoffnung und Mut.
Angela Oberst, Ehefrau

„Die Transplantation muss jetzt schnell kommen, bald sind alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft“, so Angela Oberst. Große Hoffnung ruht auf der Typisierungsaktion, die die große Solidarität der Schulgemeinschaft für den „Schulleiter mit Herz“ zeige.

Typisierung: In der Hermann-Kimling-Halle in Östringen fand am Samstagnachmittag die Typisierungaktion für Alexander Oberst teil.
Typisierung: In der Hermann-Kimling-Halle in Östringen fand am Samstagnachmittag die Typisierungaktion für Alexander Oberst teil. Foto: Heike Schaub

Lehrer Lukas Jösel etwa lässt sich auch Blut abzapfen für seinen „Freund und Wegbegleiter“. Schulsekretärin Viola Spitzer hat sich längst typisieren lassen. Angela Oberst ist gerührt vom Engagement der Kollegen, Eltern und Schülern, vor allem vieler ehemaliger Schüler. „Das macht wieder Mut“, sagt sie.

Chemo ist extrem belastend

Die Chemo ist körperlich und psychisch sehr belastend. Die Erfolgsaussichten sind aber gut: 90 Prozent der Erkrankten finden bei der europaweiten Suche einen passenden Spender, sagt Mandy Koch von „blut.eV“. Sie koordiniert die Aktion in Östringen.

Alexander Oberst ist nicht der einzige Betroffene, dessen Schicksal die Menschen in der Region bewegt: In Bad Schönborn wartet der zehnjährige Eric darauf, dass lebensrettende Stammzellen übertragen werden. Nach Typisierungsaktionen ist seine Schwester Lena in den Fokus gerückt. Sie kommt als Spenderin in Frage.

Erics Schicksal macht auch Eltern betroffen

Noch stehen Gespräche mit dem Transplantationsteam der Uniklinik Heidelberg über das weitere Vorgehen aus. Eric erholt sich nach Auskunft seines Vaters Heiko Karagözyan von dem Chemo-Hochrisiko Block 3 zu Hause. Das Warten zehre an den Kräften, so der Vater.

Erics Schicksal hat auch Katharina Habich und ihren Mann berührt. Rektor Oberst kennen sie von der Einschulungsfeier. Ihre Tochter besucht die fünfte Klasse der Realschule. Ihre Teilnahme an der Typisierungsaktion ist deshalb fast schon selbstverständlich.

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