
„I Can Feel It Coming In The Air Tonight“ singt Phil Collins in seinem 1981 erschienenen Klassiker. Genauso ging es den Zuschauern des Jubiläumskonzerts, das die Band „Phil“ am Samstag auf dem Alten Flugplatz bei Bruchsal gab: Da kam tatsächlich etwas und zwar aus Westen. Doch bis dahin blieben der elfköpfigen Band immerhin knapp zwei Stunden, um ihr Publikum restlos zu begeistern.
Gegen 23 Uhr frischte der Wind auf und am Nachthimmel zuckten immer wieder Blitze auf. Schließlich zog man die Reißleine: Um 23:15 Uhr wurde die rauschende Geburtstagsparty von „Phil“ aufgrund einer Unwetterwarnung vorzeitig abgebrochen.
Die Besucher wurden gebeten, das Gelände zu verlassen. Schade war das ohne Frage, doch es hätte schlimmer kommen können: Wenn die Wetterfront früher am Abend über Bruchsal gezogen wäre.
Robbie Williams ist ein Witz dagegen.Ein Zuschauer
des Jubiläumskonzerts von „Phil“ in Bruchsal
Der Auftritt war vollgepackt mit musikalischen Highlights und hatte schon quasi mit einem Paukenschlag begonnen: „Robbie Williams ist ein Witz dagegen!“, kommentierte ein Zuschauer vor Konzertbeginn und schüttelte dabei lachend den Kopf.
Denn der Blick gen Westen offerierte zu diesem Zeitpunkt einen spektakulären Sonnenuntergang. Daneben schickte sich aber auch ein Helikopter an, auf dem Alten Flugplatz zu landen.
Dann verrieten die riesigen Bildschirme neben der Bühne den rund 5.000 Zuschauern, was vor sich ging: Jürgen „Phil“ Mayer gab sich die Ehre. Lässig gekleidet in weißem Hemd und schwarzer Cargo-Hose schlenderte er über die Rollbahn und tauchte wenige Augenblicke auf der Bühne auf, um den großen Konzertabend zu eröffnen.
Glamourfaktor garantiert: Jürgen „Phil“ Mayer fliegt im Helikopter ein
Zugegeben: Das geht bescheidener. Aber Understatement ist bei einem Jubiläumskonzert, das das Sahnehäubchen auf einem Vierteljahrhundert Bühnenerfolg sein soll, zum einen nicht angebracht. Zum anderen gehört es sich für einen Flugplatz, dass man per Luft anreist.
Und sein glamouröser Auftritt passte auch zu Jürgen Mayer wie die Faust aufs Auge: Dieser Mann schöpft einfach gern aus dem Vollen. Mayer singt Phil Collins‘ Superhits in einer Qualität, die erklärt, warum sogar sein großes Idol einst lobende Worte fand. Und er kann noch mehr: Er drückt den Liedern seinen eigenen Stempel auf, gibt ihnen diesen Hauch Individualität, den es braucht, um sich vom Original abzuheben.
„We Wait And We Wonder“ mit badischem Zungenschlag in Bruchsal
Hinzu kommt, dass der Leadsänger, den mit seinen Bandkollegen seit 25 Jahren eine enge Freundschaft verbindet, über Charisma und enorme Showqualitäten verfügt.
Spürbar wird das besonders beim mehrfach preisgekröntem Collins-Hit „Against All Odds“: Für diese Nummer begibt sich Mayer mit vier Sängerinnen auf die Vorbühne, mitten hinein ins Publikum, platziert sich auf einer samtenen Chaiselongue und holt mit Leidensmiene alles an stimmlicher Dramatik und Verzweiflung hervor, was der Text hergibt.
Das Merkwürdige angesichts der überbordenden Emotionen: Es wirkt nicht aufgesetzt, nicht künstlich, sondern ist ein Gänsehaut-Moment. Doch „Phil“ können auch anders.
Hits von Phil Collins: Genuss im gemeinsamen Rhythmus
Sie schaffen es schnell, die Romantikschiene zu verlassen: Zum sperrigen Ohrwurm „I Can’t Dance“, den man nur lieben oder hassen kann, marschiert Mayer mit seinen Sängerinnen im Stil des im Musikvideo von Genesis praktizierten „Roboterschritts“ in goldenen Jacketts über die Bühne und sorgt für Lacher im Publikum.
Ein echtes Highlight des Konzertabends ist auch „We Wait And We Wonder“, bei dem ein Dudelsackspieler in echt schottischer Montur und mit echt badischem Dialekt ein tolles musikalisches Bonbon serviert. Danach gibt es ein Schlückchen von König Charles‘ Lieblingswhiskey, stilecht aus einer silbernen Schale.
Bei „Land Of Confusion“ gelangt die Stimmung zum Siedepunkt: 10.472 Hände – Mayer habe nachgezählt – streben gen Himmel und das Publikum verfällt geschlossen in einen gemeinsamen Rhythmus.
Immer wieder fragt man sich, was die Atmosphäre so besonders macht, wieso „Phil“ eine so außergewöhnliche Stimmung im Publikum aufkommen lassen.
Vielleicht sind es Erinnerungen, die diese Songs in Konzertbesuchern heraufbeschwören. Vielleicht ist es auch die enorme musikalische Qualität, die alle elf Akteure anbieten.
Am wahrscheinlichsten aber ist es diese pure Freude, die in den Augen aller Bandmitglieder blitzt, während sie sich und ihr Publikum feiern.