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Meldepflichtiges Ereignis im Zwischenlager

Deckel-Problem im AKW Philippsburg: Jetzt müssen alle deutschen Castoren überprüft werden

Es seien nur geringfügige Toleranzabweichungen: Trotzdem müssen nach einem meldepflichtigen Ereignis in Philippsburg nun sämtliche deutschen Castoren überprüft werden. Es gibt ein Problem mit den Deckeln zweier Behälter.

Das Foto vom Mittwoch (17.11.2010) zeigt das mit 34 Castor-Behältern gefüllte Zwischenlager für Atommüll am Kernkraftwerk Philippsburg (Kreis Karlsruhe). Bis Mitte 2005 wurde der aus dem Betrieb des Siedewasserreaktors KKP 1 und des neueren Druckwasserreaktors KKP 2 stammende Abfall zur Wiederaufarbeitung auf die Reise ins französische La Hague und ins englische Sellafield geschickt. Der zwischen den Stromversorgern mit der damaligen Bundesregierung ausgehandelte Atomkonsens machte damit Schluss. Die Betreiber mussten Zwischenlager an ihren Meilern errichten, in dem der Atommüll so lange bleiben soll, bis ein Endlager gefunden ist. Foto: Uli Deck dpa/lsw (Zu lsw Korr ?Vorsicht Strahlung: Der Atommüll am Meiler Philippsburg? vom 18.11.2010) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Das Castoren-Zwischenlager in Philippsburg: Hier sind an zwei Behältern Abweichungen aufgetaucht. Die Betreiber des Zwischenlagers versichern, dass keine Radioaktivität ausgetreten sei. Foto: Uli Deck

Probleme mit Castordeckeln – diese Meldung aus Philippsburg kommt am späten Dienstagnachmittag aus Philippsburg. Und sie hat Auswirkungen auf sämtliche Zwischenlagerstätten in Deutschland und die dortigen 1.100 Castoren. Was ist passiert? Laut den Betreibern des Lagers, der BGZ, Gesellschaft für Zwischenlagerung in Essen, gibt es an zwei Castorenbehältern in Philippsburg „geringe Abweichungen von der Toleranz des Blockmaßes im Deckelsystem.“ Die BGZ betont aber zugleich: „Die Dichtheit der Behälter war und ist uneingeschränkt gegeben.“

Überprüfungen in ganz Deutschland laufen

Trotzdem laufen seit der Entdeckung des Problems in Philippsburg die Überprüfungen an allen Standorten in Deutschland. Hochradioaktive Abfälle stehen in Zwischenlagern in Ahaus und Gorleben und seit dem 1. Januar 2019 auch in Biblis, Brokdorf, Grafenrheinfeld, Grohnde, Gundremmingen, Isar, Krümmel, Lingen, Neckarwestheim, Philippsburg und Unterweser. Die letzten Castorentransporte werden in den kommenden Monaten von den Wiederaufbereitungsanlagen nach Deutschland zurückkehren, so auch nach Philippsburg.

Aufgetaucht, so schildert es BGZ-Pressesprecher Burghard Rosen im BNN-Gespräch, sei die Abweichung bei einer Dokumentationsüberprüfung am Standort in Philippsburg. Während der Beladung des Behälters im benachbarten Atomkraftwerk sei es bei der Dokumentation des sogenannten Blockmaßes des Castor-Deckelsystems zu einem Fehler bei der Übertragung von Daten in Formblätter gekommen. Man spreche hier von wenigen hundertstel Millimetern, die aber die zulässige Toleranzgrenze dennoch überschritten, so Rosen. Es gebe darüber hinaus Indizien, dass es auch an anderen Behältern zu Abweichungen gekommen sein könnte.

Deswegen habe man unverzüglich die Aufsichtsbehörde eingeschaltet und den Vorfall offiziell gemeldet. Das sogenannte meldepflichtige Ereignis der Stufe 0 auf der achtstufigen Skala habe keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung. Auch Vorfälle im Atomkraftwerk werden anhand der sogenannten INES-Skala eingestuft und gemeldet. Das Umweltministerium von Baden-Württemberg ist die zuständige Aufsichtsbehörde.

Überwachungssystem hat nicht angeschlagen

„Durch den Aufbau des Doppeldeckelsystems und der darin eingebauten permanenten Dichtheitsüberwachung kann die BGZ eine Freisetzung radioaktiver Stoffe ausschließen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Das Überwachungssystem habe nicht angeschlagen. Zudem hatte bereits nach der Blockmaß-Messung im Kernkraftwerk Philippsburg, also nach der Befüllung der Behälter, eine Prüfung aller eingesetzten Dichtungen stattgefunden, mit der die Dichtheit der Behälter bestätigt wurde. Rosen betont: „Es besteht keine sicherheitstechnische Relevanz für die Zwischenlagerung.“

Muss der Fehler behoben werden?

Nun sei die Aufsichtsbehörde, also das Umweltministerium am Zug. Dort muss entschieden werden, ob die Abweichung vom Toleranzwert noch toleriert werden kann, oder ob die BGZ den Fehler beseitigen muss. Wie diese Fehlerbeseitigung konkret aussehen könnte, darüber gab es am Dienstag noch keine Informationen. Burghard Rosen erklärt: „Wir haben in jedem Zwischenlager ein Reparaturkonzept für unsere Castorenbehälter, so auch in Philippsburg.“ Gerade die Frage nach der Reparatur von Castoren und nach den Deckelsystemen war in der Vergangenheit immer wieder kritisch von Gegnern des Zwischenlagers gestellt worden.

Das Blockmaß

Das Blockmaß ist ein Maß für die Stärke der Verpressung zwischen Behälter und Deckel. Die Schrauben eines Deckels am Castor-Behälter werden so festgezogen, dass der Deckel auch mit dazwischenliegender Dichtung annähernd am Behälter aufliegt. So erklärt die BGZ das System.

So wird das Blockmaß bestimmt: Zunächst wird das Blockmaß ohne eine Dichtung gemessen. Der Deckel wird verschraubt und liegt dabei vollständig auf dem Behälter auf. Gemessen wird dabei von der Oberseite des Deckels bis zur Oberseite des Behälters. Dann wird der Behälter beladen und nun mit einer eingelegten Dichtung fest verschraubt. Danach wird ein zweites Mal das Blockmaß gemessen. Da eine Dichtung eingelegt ist, ergibt sich ein leicht höheres Blockmaß im Bereich weniger hundertstel Millimeter. Das ist technisch so vorgesehen und normal – allerdings innerhalb eines sehr kleinen Toleranz-Bereichs. Die BGZ hat nun bei mehreren Behältern festgestellt, dass dieser Toleranz-Bereich knapp überschritten wird.

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