Die Speisekarte steht fest für die Wirtschaft im Bürgerhaus Löwen. Ein Renner dürfte das „Rhonsemer Schnitzel“ werden. Also paniertes Schnitzel mit Sauerkraut und Soße – eine alte Rheinsheimer Spezialität. Die Theke steht ebenfalls. Deren Vintage-Stil passt gut in den Gastraum. Modernen Leuchten, deren Helligkeit tief aus der Decke zu kommen scheint, werfen Licht auf Tische und Stühle mit bis zu 82 Plätzen.
Noch bremsen die Corona-Verordnungen die Eröffnung des Lokals im künftigen Bürgerhaus des Philippsburger Stadtteils. „Der Dorfladen wäre auch in etwa zwei Wochen bezugsbereit“, freut sich Jasmine Kirschner, die Mitvorsitzende des Genossenschaftsprojekts „Löwen“. Es ist nach dem früheren Gasthaus nah beim örtlichen „Dom“ benannt.
Genossenschaftsprojekt kostet 1,2 Millionen Euro
Das Corona-Jahr hat einerseits den Zeitplan fürs Gemeinschaftshauses mit 14 Fremdenzimmern und Seminarräumen mehrfach verzögert. „Andererseits blieb mehr Zeit, durch Eigenleistungen das Budget zu halten“, sagt Manfred Brecht, der Finanzminister im Vorstand. 1,2 Millionen Euro kosten Kauf, Umbau und Einrichtung des geretteten Hauses nach derzeitigem Stand.
Das Geld kommt aus den Anteilen der aktuell 444 Genossen, die zwischen 250 und 25.000 Euro einbringen. Zuschüsse von der Stadt Philippsburg und dem Land machen 250.000 Euro aus. Fast 700.00 Euro Darlehen der Genossenschaftsbank Bruhrain-Kraich-Hardt und der Sparkasse Karlsruhe werden durch die künftigen Einnahmen von Gasthaus, Laden und Vermietung einmal abbezahlt.
Ein besonders schöner Raum des Löwen hat die Feuertaufe für Leben in Gemeinschaft bestanden. Im Trauzimmer führte Ortsvorsteherin – und nimmermüde Ortsvorseherin – Jasmine Kirschner bereits mehre Paare zusammengeführt. Sie stand dann am ehemaligen Schreibtisch des Dorfarztes, das Paar saß auf alten Stühlen mit grünen Polstern und blickte auf die katholische Kirche St. Vitus.
Weitere Hochzeiten mit anschließendem „Event“ sind bereits angemeldet. Während das Dachgeschoss mit Hochzeitssuite und weiteren moderne Zimmern fertig ist, stehen im Obergeschoss Maler- und Bodenarbeiten aus. Der Hof ist längst kein Abstellplatz mehr, sondern für Verschönerungen bereit.
Im Lokal wird es Frühstück und Mittagstisch geben
Zur Bauabnahme des gesamtes Gebäudes kam Anfang Oktober der Besuch vom Landratsamt. Die Genossenschaft muss noch hier und da nachbessern, haben aber keine neuen Hausaufgaben bekommen. Langfristig abzuwickeln ist parallel die Generalversammlung ohne persönliche Zusammenkunft.
Alle Entscheidungen müssen schriftlich gefällt werden. Also sortieren Jürgen Thomsen, der Vorsitzende des Aufsichtsrats, und Renate Bannholzer die Briefe nach den von Yann Knickmeier verwalteten Mitgliedslisten. Diese müssen wiederum die Tagesordnung bestätigen, bevor sie weitere Post für Abstimmungen bekommen. Bis kurz vor Weihnachten werden sich diese notwendigen Regularien hinziehen. „Dann sind Gasthaus und Laden für Lebensmittel hoffentlich eröffnet. Wäre schön, wenn das im Dezember klappt“, meinte Jasmine Kirschner.
Den Menschen in Rheinsheim soll von Montag bis Freitag ein Mittagstisch im Lokal angeboten werden. Abends ab 17 Uhr wäre wieder offen. „Und nicht das Frühstück von Donnerstag bis Sonntag vergessen“, wirft Manfred Brecht ein. Das Ziel ist tatsächlich nah, sofern die Politik nicht den Stillstand für Gastronomie verlängert. Vor rund fünf Jahren gab es den gedanklichen Startschuss für das einzigartige lokale Projekt, seit drei Jahren wird der Traum eines Dorfgemeinschaftshauses nach und nach Realität.