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Gaukelei und altes Handwerk

Mittelaltermarkt Philippsburg: Eine ganz andere Welt

20 Lager aus verschiedenen Epochen haben am Wochenende ihre Zelte in Philippsburg aufgeschlagen. Dabei sind auch Korbflechter Gerhard Fahl und Fahnenmaler Norbert Erb.

Die Korbflechterfamilie Fahl vom Hochwald, aus dem Nordsaarland.
Beherrschen ein altes Handwerk: Die Mitglieder der Korbflechterfamilie Fahl aus dem Nordsaarland. Foto: Charlotte Elisa Blum

Nach dem ausgiebigen Rundgang steht für den achtjährigen Lukas fest: Vor allem die Waffen und das Kinderbier haben ihm imponiert. Zusammen mit seinen Eltern und einer weiteren Familie ist Lukas aus Ketsch zum Philippsburger Mittelaltermarkt gekommen.

Stolz präsentieren die Kinder ihre Beute: Ritterhelme und Schwerter. Auch die Erwachsenen sind zufrieden: „Durch Veranstaltungen wie diese gewinnt man auf spannende Art, Einblicke in die frühere Zeit.“

Im Gewann Pfählmorgen in Philippsburg ist das Mittelalter eingekehrt – zumindest für das Pfingstwochenende. Ausgerichtet wird das Mittelalter Spectaculum vom Veranstalter Lorraine Médiévale.

20 Lager aus verschiedenen Epochen beim Mittelalter-Spectaculum in Philippsburg

Über 20 Lager verschiedener Epochen, von den Kelten bis hin zum Spätmittelalter, haben ihre Zelte aufgeschlagen und zeigen das Leben anno dazumal.

Zu bestaunen gibt es zum Beispiel das Handwerk des Siegelgraveurs, des Fahnen- und Bannermalers, des Lehmbauern und des Steinmetzes. Einige stellen auch ihre mittelalterlichen Waffen zur Schau. Musikalisch dominieren an diesen Tagen Dudelsack und Trommel. Die Besucher lauschen der Musik von „Krless“, einer Band aus Prag, und „Vagabundis“ aus Frankfurt.

„Hubertus der Fahrende“ zeigt Gaukelei, Jonglage, und dass er mit dem Feuer umgehen kann. Am Samstag- und Sonntagabend findet zudem eine Feuershow mit dem Künstlerduo von „Infinity“ statt.

Selbst kreierte Speisen, wie zum Beispiel das markttypische Honigfleisch, sorgen dafür, dass niemand Hunger leiden muss. Auch für die Kinder gibt es viel Unterhaltung: Sie vergnügen sich bei Mäuse-Roulette, Eierknacken, Glücksrad, Bogenschießen und Drachenjagd.

Korbflechter zeigen in Philippsburg ihr Handwerk

Unter den Ausstellern ist der „Korbflechter vom Hochwald“ aus dem Nordsaarland. Familie Fahl ist zum ersten Mal mit ihrem Stand in Philippsburg. Sie bieten Windlichter, selbst geflochtene Stühle und handgemachte Körbe aller Art an ihrem Stand.

Gerhard Fahl beherrscht die Kunst des Stuhl- und Korbflechtens seit über 30 Jahren. Er kann mitgebrachte Stühle wieder mit neuem Flechtwerk versehen. Auch die Tochter macht eine Ausbildung zur Korbflechterin in Lichtenfels, an der einzigen staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung Deutschlands.

Ursprünglich stellte die Familie als Kelten auf den Römertagen Windlichter her, dann hat sie ihre Leidenschaft für die Mittelaltermärkte entdeckt. „Hier herrscht ein ganz anderes Feeling. Die Besucher sind offener, kommen bewusst auf uns zu und fragen interessiert nach“, sagt Gerhard Fahl. Zudem habe man unter den einzelnen Ständen ein großes Gemeinschaftsgefühl. „Der Mittelaltermarkt verbindet und fängt erst dann so richtig an, wenn die Besucher heim gehen“, sagt die Familie.

Bunt verzierte und detailgetreue Fahnen in verschiedenen Formen ziehen neugierige Blicke am Stand von Norbert Erb und Tina Stockinger. Sie sind aus Groß-Gerau angereist.

 Fahnenmaler Norbert Erb präsentiert eines seiner Werke (Regimentsflagge Napoleons).
Der Meister und sein Werk: Fahnenmaler Norbert Erb zeigt eine seiner Arbeiten – eine Regimentsfahne Napoleons Foto: Charlotte Elisa Blum

Erb beherrscht die Kunst des Fahnenmalens seit drei Jahrzehnten. Er berichtet, dass die Dauer der Bemalung vom Modell, Aufwand und Wunsch des Kunden abhängig sei. „Meine längste Arbeit nahm der Teppich von Duncarron in Anspruch. Dafür habe ich drei Jahre gebraucht“, so der Künstler. Viele Einnahmen des Künstler-Duos werden für einen guten Zweck gespendet. Durch ihre Passion reisen sie einerseits öfters nach Schottland, andererseits trifft man sie aber auch auf sämtlichen Mittelalter-Veranstaltungen in Deutschland.

„In dem Moment, wo man die Gewandung anlegt, vergisst man den Alltag und es ist egal, was man im normalen Leben macht. Denn auf den Mittelaltermärkten hat allein die Handarbeit Priorität“, sagt Stockinger. Man begegne den Menschen ganz ohne Wertung. „Es ist eine eigene Szene, eine eingeschworene Gemeinschaft“, ergänzt Erb.

Die 23-jährige Eva reiste für das Philippsburger Spektakel aus Heidelberg an. Da sie sich im Alltag auch für das Mittelalter interessiert, besitzt sie die passenden Kleider. Sie schätzt die Atmosphäre auf dem Markt: „Ich fühle mich, als würde ich in eine ganz andere Welt versetzt werden.“

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