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Spurensuche am Fluss

Was beim Niedrigwasser im Rhein bei Philippsburg ans Tageslicht gelangt

Das Niedrigwasser im Rhein befördert bei Philippsburg so manches an Tageslicht. War auch schon der große Schatz dabei? Vielleicht sogar die versunkene Lok?

Niedrigwasser am Rhein: Die Ufer werden zu Steinwüsten.
Niedrigwasser am Rhein: Die Ufer werden zu Steinwüsten. Foto: David Heger

Wo früher das Philippsburger Kernkraftwerk sein Kühlwasser ansaugte, führt auch nach Stilllegung des Kraftwerks noch immer eine Treppe ins Wasser. Gerade einmal vier Stufen sind noch vom Wasser verdeckt, darüber ranken sich entlang der Stahlkonstruktion bis weit über die Wasseroberfläche vertrocknete Algen – ihre Formen sind die stummen Zeugen für das Niedrigwasser am Rhein, das die Flussufer in diesem Sommer zu Steinwüsten werden lässt.

Wenn sich „Vater Rhein“ weit in sein Bett zurückzieht, kommen manch ungewöhnliche Dinge ans Tageslicht, weiß Dieter Krull. Der Angler steht nahe Rheinkilometer 394 auf einer der Buhnen, die sonst die Strömung im Fluss in Schach halten sollen und nun bei Niedrigwasser wie steinerne Sandbänke weit ins Flussbett ragen.

Von hier aus hält er die Angel ins Wasser, doch gefangen hat er heute noch nichts, nur eine zerknitterte Plastikflasche hat den Weg an seinen Haken gefunden. „Bei Niedrigwasser taucht auf einen Schlag plötzlich auf, was in den vielen Jahren zuvor den Weg in den Fluss gefunden hat“, sagt er. „Es ist wie eine Zeitreise“, beschreibt es der Angler.

Die beiden Rheinufer bei Philippsburg locken Schatzsucher an

Damit werden die breiten Rheinufer im Dürresommer zum Sehnsuchtsort für Schatzsucher: Vor allem rheinabwärts häufen sich die Meldungen über kuriose Funde im ausgetrockneten Flussbett. In Worms-Rheindürkheim sind mit den sogenannten Hungersteinen im Rhein etwa Botschaften aus vergangenen Dürre-Jahren aufgetaucht: Große Felsbrocken im Flussbett, in welche Jahreszahlen früherer Sommer eingemeißelt wurden – denn fiel der Rhein trocken, bedeutete das für die Anlieger-Gemeinden oft große Not.

In der Region ist die Tradition dagegen unbekannt – Hungersteine sind hier trotz vergangener Dürren keine zu finden, sagt Heinz Kraus, Vorsitzender im Heimatverein von Oberhausen-Rheinhausen.

Doch: Der ganz große Schatz entlang des Rheins wurde bislang noch nicht entdeckt – vielleicht liegt er in der Region um den Bruhrain versteckt? „Das glaube ich nicht“, sagt Angler Krull. Aber wenn, dann wäre er gerne der glückliche Finder. „Ich fang ja sonst auch die dicken Fische“, sagt er schmunzelnd.

Ein solcher dicker Fisch wäre wohl die Dampflokomotive, die 1852 im Rhein bei Rheinsheim versunken ist. Doch die Lok „Rhein“ bleibt weiter verschollen, das Niedrigwasser hat jedoch bisher nichts von dem Stahlross preisgegeben.

Plastikmüll in allen Varianten

Zeit also für eine Spurensuche. Entlang der mit schweren Steinbrocken befestigten Uferböschungen zwischen Philippsburg und Rheinhausen sticht zuallererst das in den Blick, was schon Angler Dieter Krull als Beifang am Haken hatte: Plastikmüll in all seinen Variationen – ob leere PET-Flasche oder Keksverpackung. Was hier zu Tage kommt, ist, so lässt es das Haltbarkeitsdatum einer Saftflasche vermuten, teils schon Jahre im Fluss unterwegs – aufgedruckt ist der 24. April 2020.

Dazwischen: Immer wieder vom Rost zerfressene Metallteile – vor allem Reste von Fässern stechen als dunkelbraune Kleckse aus der Uferböschung hervor. Und so mancher stumme Alltagsbegleiter lugt aus dem Niedrigwasser: Ein mit Algen überwuchertes Verkehrsschild, das einst einen Fahrradweg ausgewiesen hat, schaut halb aus dem Wasser eines Altrheinarms – wie es hierhin gekommen ist, bleibt ein Rätsel.

Ab einem Wert von zehn Euro müssen Fundstücke gemeldet werden

Doch was tun, stößt man zwischen all dem Müll und rostigem Metall doch auf einen wertvollen Fund? Wer im Niedrigwasser entdeckte Kostbarkeiten einfach behält, riskiert, sich strafbar zu machen. Ab einem Wert von zehn Euro müssen Fundgegenstände den Fundbüros der Gemeinden gemeldet werden.

Flaschenpost aus dem Pandemie-Jahr 2021

Doch vieles, was es zu entdecken gibt, hat ohnehin nur ideellen Wert – etwa die Flaschenpost, die Angler Dieter Krull erst vor wenigen Wochen bei Speyer auf einer Kiesbank entdeckt hat. „Bleib gesund“ war der Wunsch eines unbekannten Autors aus dem Pandemie-Jahr 2021. „Hat geklappt“, sagt Krull. „Bis heute hatte ich noch kein Corona“, sagt er und ergänzt nach einer Pause: „Und das ist ja auch was wert.“

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