Von Katja Stieb
Mit dem Motto „Turn the Red Light On“ hat man den Tag überschrieben. Seit dem 18. März sind sie nämlich aus, die Lichter im Rotlicht-Milieu. Man kann es auch nüchterner formulieren: Seit dem Erlass der baden-württembergischen Landesverordnung zur Eindämmung des Coronavirus sind Prostitutionsstätten im Land geschlossen. Und damit ist das gesamte Erotikgewerbe auf Eis gelegt. Am Donnerstag fand daher bundesweit ein Aktionstag statt, zu dem sich Betreiber von Bordellen zusammenfanden, um auf ihre prekäre Situation aufmerksam zu machen.
Michael Eiffinger betreibt seit rund sieben Jahren den FKK Pirates Park in Bruchsal. Er hatte sich entschlossen, für Politiker, Vertreter von Behörden, Journalisten und Interessierte die Pforten seines Betriebes zu öffnen. „Immerhin darf ich sie mal aufmachen“, sagt er. „Seit Mitte März läuft hier rein gar nichts. Ich darf die Bar und das Restaurant nicht öffnen, geschweige denn, dass unsere Damen hier Kunden empfangen dürfen. Wir sind zur Untätigkeit verdammt und haben, anders als viele andere Branchen, keinerlei Perspektiven.“
Genau dieser Umstand ärgert Eiffinger maßlos: „So viele Gewerbezweige dürfen seit Wochen wieder unter Auflagen tätig sein und haben zudem Perspektive auf weitere Lockerungen. Einzig und allein das Erotikgewerbe wird völlig übergangen.“ Dabei hätten er und sein Team seit Wochen daran gearbeitet, Hygienekonzepte zu entwickeln und interne Abläufe coronakonform zu gestalten. „Wir haben alle Vorkehrungen für die Erfassung von Gästeinformationen getroffen und haben uns auch dafür entschieden, da keine Ausnahme zu machen“, betont Eiffinger. „Der Großteil unserer Gäste ist Stammpublikum mit Single-Status und hat mit Sicherheit kein Problem damit, persönliche Daten anzugeben.“
Im Pirates Park finden bis zu 100 Besucher Platz. „Bei uns kann alles, aber es muss nichts“, fasst Eiffinger zusammen. „Wir sind ein FKK-Club, in dem einzig die Kleiderordnung verbindliche Vorgaben macht. Bei uns ist man nämlich nackt oder im Bademantel unterwegs. Unsere Gäste können hier an der Bar Cocktails trinken, gemütlich essen oder die Sauna und den Whirlpool benutzen. Und natürlich können sie auch Sex haben, wenn ihnen danach ist.“
Sex mit Maske? Das geht:
Womit man beim Thema wäre: Wie geht Sex unter Einhaltung des Mindestabstandes? Andreas-Oliver Meyer, der Michael Eiffinger rechtlich berät, stellt eine Gegenfrage: „Wie gehen derzeit Wellness-Massagen oder Friseurbesuche ohne Mindestabstand?“ Zahlreiche andere körpernahe Dienstleistungen dürften mit Maskenpflicht längst wieder erbracht werden, sagt der Anwalt. „Ob man es glaubt oder nicht: Auch sexuelle Dienstleistungen könnten unter diesen Bedingungen stattfinden. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum Bordelle nach wie vor geschlossen bleiben müssen, während Massagestudios, Friseure und Tätowierer arbeiten dürfen“, fasst Meyer zusammen.
Eiffinger fühlt sich diskriminiert. „Unsere Branche leidet immer noch unter einem Schmuddel-Image“, sagt er während eines Rundgangs durch die Wellnessanlagen und Zimmer. „Und eben diese Vorurteile treten jetzt zutage, wo es um Gleichbehandlung geht.“ Mit fatalen Folgen, wie Eiffinger unterstreicht: „Natürlich habe ich finanziell zu kämpfen, nachdem ich meinen Betrieb nun seit Mitte März geschlossen halten muss. Aber viel schlimmer ist die Situation der Damen, die regelmäßig hier bei uns arbeiten: Sie sind nämlich nun gezwungen, nach draußen zu gehen.“ Eiffinger appelliert an die Politik, nachzubessern und dem Erotikgewerbe wieder zu einem Neustart zu verhelfen.