Es hätte ein ziemlich kompliziertes Verfahren werden können: Drei Angeklagte und acht Zeugen, die sich gestern zudem nicht zum ersten Mal zusammen vor Gericht einfanden – und dies in einer Sache, die letztlich schon mehr als 18 Monate zurücklag.
Am Ende ging es dann aber doch recht schnell, und dies aufgrund eines Paragrafen, der erst vor 50 Jahren ins Strafgesetzbuch eingefügt worden ist.
Die jungen Männer waren am Bruchsaler Bahnhof aneinandergeraten
Kurz nach Mitternacht waren am 2. Oktober 2021 mehrere junge Männer aus Kraichtal am Bruchsaler Bahnhof aneinandergeraten. Es gab Beleidigungen, einen Faustschlag, der den Getroffenen zu Boden streckte, dem Schläger aber die Hand brach und zumindest einen weiteren Schlag auf ein zweites Opfer.
Und Stunden später eine zweite Auseinandersetzung zwischen einem Teil der Beteiligten in Gochsheim. Das alles war bereits vor längerem vor einem Jugendgericht verhandelt worden und dann auch noch in einem Zivilprozess.
Nun standen drei Ältere vor Gericht, drei Millennials, alle im Jahr 2000 geboren. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, mit Glasflaschen geschlagen und auch noch getreten zu haben, wiesen sie zurück. Beleidigungen und Schläge wurden jedoch eingeräumt.
Außerdem habe man sich mittlerweile miteinander ausgesprochen, sich nicht gerade miteinander versöhnt, aber doch den Streit begraben. Unterstützt wurde dies durch den daran anschließenden Auftritt der beiden Hauptgeschädigten als Zeugen: Beide konnten sich nach eigener Aussage gar nicht mehr so recht an die damaligen Abläufe erinnern, erhoben keine konkreten Beschuldigungen und äußerten kein Interesse an der gerichtlichen Klärung der Vorfälle.
Einzelrichter verzichtet auf die Vernehmung aller weiteren Zeugen
Mit Einverständnis von Staatsanwältin und Verteidiger Kerim Ayas verzichtete Einzelrichter Steffen Hanewinkel danach auf die Vernehmung aller weiteren Zeugen, und brachte den Paragrafen 153a und seinen zweiten Absatz ins Gespräch: Da zwei der Angeklagten ja ihre Schläge und der dritte seine beleidigenden Äußerungen eingestanden hatten, alles andere jedoch kaum noch genauer zu klären schien, schlug er vor, das Verfahren einzustellen – bei den ersten gegen eine Geldauflage, beim letzten ohne Auflage, da ja eine Aussprache und Entschuldigung stattgefunden habe.
Nach kurzer Beratung wurde dies allseits akzeptiert. Das Verfahren wurde eingestellt – zunächst allerdings nur vorläufig. Endgültig geschieht dies erst, wenn die Auflage gezahlt ist: jeweils 200 Euro in sechs Monatsraten bis zum 27. Dezember, also genau ein halbes Jahr nach dem Prozesstermin.
Einen gewissen Missmut konnte der Verteidiger im Nachhinein beruhigen. Mit der Auflage eines halben Monatsgehalts sei der Vorschlag des Richters doch sehr milde gewesen. Der Paragraf 153a hatte seinen Zweck erfüllt.
Ein Verfahren, bei dem kein besonderes „öffentliches Interesse an der Strafverfolgung“ bestand und sich die „Schwere der Schuld“ in Grenzen hielt, war schnell und effektiv beendet worden.