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Spielen für die Landsleute

Schach-Großmeister sammelt bei Turnier in Untergrombach für Menschen in der Ukraine

Schach-Großmeister Yuri Solodovnichenko ist selbst aus der Ukraine geflüchtet. Nun will er den Menschen dort helfen – mit dem, was er am besten kann.

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Nutzt sein Talent zum Spendensammeln: Großmeister Yuri Solodovnichenko will Geflüchtete, wie er selbst einer ist, unterstützen. Foto: David Llada

Schach spielen und dabei den Menschen in seiner ukrainischen Heimat helfen – dafür ist Yuri Solodovnichenko dieser Tage in Schweden, Deutschland und Spanien unterwegs. Am Freitag um 18 Uhr wird der Großmeister zu einem Simultanspiel in Untergrombach erwartet. Die Teilnehmergebühr wird als Spende komplett an die Nicht-Regierungsorganisation (NGO) „Steps to the Future“ fließen.

Weitere Spenden und Unterstützung sind natürlich willkommen. Aber schon jetzt ist Solodovnichenko ganz begeistert vom Ergebnis. „Ich hatte vielleicht mit etwa 500 Euro gerechnet, jetzt sind es schon mehr als doppelt so viel“, sagt er im Videotelefonat mit dieser Zeitung. Zum Zeitpunkt des Gesprächs war er nämlich gerade in Schweden und bereitete sich auf das dortige Spiel vor.

Um ausreisen zu können, brauchte er eine Genehmigung. Einen Monat hat er nun Zeit, Geld für Binnenflüchtlinge in der Ukraine zu sammeln. „Viele Menschen sind aus der Ost- und Südukraine in den Westen des Landes geflüchtet. Dort gibt es aber nicht ausreichend bezahlbare Unterkünfte für die Menschen“, berichtet Solodovnichenko.

Solodovnichenko sammelt Geld für Binnenflüchtlinge in der Ukraine

Als Folge der großen Nachfrage nach Quartieren seien zudem die Preise sehr angestiegen und viele könnten sich das nicht leisten. „Die NGO hilft bei der Suche nach Unterkünften, hat selbst welche angemietet und stellt sie den Menschen zur Verfügung. Einen Platz für die Flüchtlinge zu finden ist das Wichtigste. Außerdem werden Lebensmittel und Hygieneartikel verteilt.“

Von meiner Wohnung imachten Stock aus konntenwir die Explosionen sehen.
Yuri Solodovnichenko, Schach-Großmeister

Solodovnichenko selbst hat mit seiner Familie in Kherson gelebt, einer Stadt am Mündungsdelta des Dnieper und nahe des Schwarzen Meeres, als der Krieg ausbrach. Die Stadt besitzt durch ihren Flusshafen und Seehafen eine bedeutende Werftindustrie und war gleich in den ersten Tagen des Krieges heiß umkämpft. „Von meiner Wohnung im achten Stock aus konnten wir die Explosionen sehen.“

Er ist dann mit seiner Frau und den beiden Kindern zunächst in eine etwas weiter entfernte Stadt geflohen – und als klar war, dass sie vorerst nicht nach Hause zurück können, sind sie weiter in die West-Ukraine. „Meine Frau und die Kinder sind inzwischen in Spanien in Sicherheit. Die Trennung ist sehr schwer“, sagt der 44-Jährige.

Er habe vor Ort anderen Flüchtlingen geholfen und wollte mehr tun. So kam die Idee der Simultanspiele zustande. „Wir hatten einen solchen Angriff nicht erwartet. Vielleicht Aktionen im Osten des Landes, aber keinen Angriff gegen das ganze Land“. Dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen wird, ist für ihn keine Frage. Die Frage sei, wie lange es dauert. „Wenn unser Land mehr Waffen hätte, könnte der Krieg in ein paar Wochen vorbei sein. So wird es länger dauern und mehr Menschen werden sterben“, befürchtet er.

Schachspielen hilft Solodovnichenko, mit der Kriegs-Situation rational umzugehen

Russland habe mehr Soldaten und mehr Material, aber bereits jetzt änderten sich die diplomatischen Töne aus Russland. „Erst haben sie gesagt, der Krieg dauere nur wenige Tage, dann waren es Monate und vor kurzem war zum ersten Mal von Rückzug die Rede“. Er versuche rational mit der Situation umzugehen – das Schachspielen helfe ihm dabei, sagt Solodovnichenko.

Internet

www.sc-untergrombach.de

Das Spiel hat er im Alter von fünf Jahren von seinem Vater gelernt und mit ihm und dem Großvater gespielt. Mit sieben ist er dann einem Club beigetreten und ist heute Profi. Großmeister ist er seit 2007 und inzwischen Mitglied in mehreren Clubs weltweit. So auch in Untergrombach. Simultanspiele mag er. Es sei eben eine Herausforderung, gegen 20 oder mehr Gegner zu spielen.

„Ich spiele jedes Spiel einzeln und habe nur wenig Zeit dafür. Bei normalen Spielen sind es vielleicht 30 bis 50 Züge, bei 20 Gegnern sind es dann um die 1.000“, beschreibt er die Aufgabe. Es komme selten vor, dass er ein Spiel verliere – schließlich wolle er ja seinem Rang gerecht werden.

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