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Tosca-Aufführung

Auftakt des Bruchsaler Schlossfestivals lässt erste Irritationen vergessen

Musikalisch ist der Auftakt des Schlossfestivals Bruchsal gelungen. Das Event muss sich jedoch noch mehr herumsprechen, hoffen die Veranstalter. Nächste Woche kommen Stars aus Rock, Pop und Blues.

Schlossfestival Tosca
Traumkulisse: Zum Auftakt des mehrtägigen Schlossfestivals in Bruchsal spielt die Staatsoper Stuttgart die Oper „Tosca“. Die Inszenierung wollen rund 2.000 Besucher sehen. Foto: Martin Heintzen

Der Kanonendonner kommt vom Band. Für eine echte Theaterkanone wäre auf der Bühne kein Platz gewesen. Die misst 500 Quadratmeter und schwebt quasi über dem Schlossbrunnen. Platz genug für die Musiker der Staatsoper Stuttgart samt Chor. Für mehr aber auch nicht.

Zum Auftakt des Schlossfestivals Bruchsal wird dort am Donnerstagabend die Puccini-Oper „Tosca“ unter Leitung von Thomas Guggeis gezeigt. Das Publikum ist begeistert.

Für „Tosca“ kommen Opern-Freunde aus der Region

„Ganz großartig“ finden beispielsweise Sigrid Offermann und Lilo Schweins die Aufführung. Die passionierten Oper-Freundinnen sind extra aus Viernheim angereist: „Der junge Dirigent hat sein Orchester im Griff“, urteilt Sigrid Offermann anerkennend.

„Super“ oder „toll“ sind weitere Begriffe, die nach dem umjubelten Finale des italienischen Eifersuchtsdramas fallen. Das Ehepaar Hadaschik ist extra mit der Straßenbahn aus Weingarten gekommen. Mangels Wegweiser finden sie nach einigen Fragen auch den Weg von der Haltestelle Schlosspark in den Ehrenhof.

Viele Besucher vermissen in Bruchsal szenische Aufführung

„Es ist noch emotionaler als erwartet“, sagt Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick (parteilos). Besonders nach der Pause sorgt die hervorragende Musik im Zusammenspiel mit der Abendstimmung und einer ausgeklügelten Beleuchtung für Begeisterung.

Da sind die Irritationen zu Beginn schnell vergessen: „Es stand nirgendwo, dass das eine konzertante Aufführung ist“, wundert sich eine Bruchsalerin. Ihren Namen möchte sie nicht nennen. Sie outet sich aber als „Tosca“-Fan – „ich kenne jede Zeile“. Kein Problem also, der italienischen Aufführung ohne Schauspiel zu folgen.

Bühnenbild hätte deutlich mehr gekostet und die Bühne hätte doppelt so groß sein müssen.
Martin Gantner, künstlerischer Leister des Festivals

Das gilt nicht für jeden. Zumal es kein Programmheft mit den Namen der Sänger und einer kurzen Zusammenfassung gibt. Nach der Pause hat sich ein Ehepaar aus Bruchsal in den Ehrenhof zurückgezogen. Das Paar ist etwas verärgert: „Wir hatten erwartet, dass wenigstens die deutschen Texte eingeblendet werden“, sagt die Frau enttäuscht. Auch das Szenenbild vermissen sie.

Auf einer Videoleinwand werden stattdessen Sänger, Musiker und Dirigent immer wieder gezeigt. „Ein Bühnenbild wie in Bregenz hätte deutlich mehr gekostet und die Bühne hätte doppelt so groß sein müssen“, begründet Martin Gantner die Entscheidung.

Veranschlagt haben die Veranstalter, die städtische Tochter BTMV, ursprünglich 1,5 Millionen Euro für das gesamte Festival. Zum Jubiläum 300 Jahre Schloss Bruchsal sollen damit überregional die Werbetrommel für die Stadt gerührt und ein Stück positive Lebensqualität vermittelt werden. Die Kontakte geknüpft zu den Stars aus Klassik, Jazz, Blues und Swing hat Gantner.

Klassik-Aufführungen sind weniger gefragt

Der Bariton aus Bruchsal ist künstlerischer Leiter des Festivals. Sein charakteristischer Strohhut taucht während den Vorbereitungen im Schlossgarten überall auf. Am Morgen nach dem Festivalauftakt ist er erleichtert: „Meine Erwartungen wurden übertroffen.“

Dass nur 2.000 Besucher die Oper sehen wollten, ein Drittel weniger als Plätze vorhanden, hält er für vertretbar: „Klassik zieht nicht die Massen.“ Für das Gala-Konzert mit Wagner und Beethoven am Freitag sind noch weniger Besucher gekommen. Die Karten sind auch nicht gerade günstig. Jazz-Trompeter Till Brönner kostet zwischen 50 und 250 Euro. Aber immerhin, zuletzt sind für die Barocktage in den 1980er Jahren so viele Klassik-Fans in den Schlossgarten gepilgert, wie sich ein Besucher erinnert.

Veranstalter setzen auf Gregory Porter und Marc Martel

Der Vorverkauf für Curtis-Stigers und die SWR Big Band (31. Juli), Blues-Sänger Gregory Porter (3. August) oder Queen-Interpret Marc Martel (4. August) laufe wesentlich besser und spreche ein jüngeres Publikum an. Darauf setzen die Veranstalter. „Es muss sich noch ‘rumsprechen“, so Gantner.

Diese Vermutung äußern auch zwei Männer, die am Abend im Ehrenhof dem kostenlosen Rahmenprogramm lauschen. Die „Uptown Band“ aus Bruchsal spielt den brasilianischen Hit „Ai Se Eu Te Pego“ mit dem Refrain Nossa Nossa – sehr zur Freude von Besuchern aus Brasilien. Sie sind Mitarbeiter von Volocopter.

Probesitzen im Volocopter

Der Flugtaxi-Pionier ist neben anderen großen Unternehmen Sponsor des Festivals. John Deere beispielsweise belohnt eine Reihe von engagierten Mitarbeitern aus ganz Deutschland mit einer „Tosca“-Aufführung. Von der ist der Bruchsaler Betriebsleiter Wolfgang Voß ganz begeistert.

Ein Prototyp von Volocopter steht nicht zu übersehen im Ehrenhof. „Wenn er schon hier steht, dann guck ich ihn mir auch an“, sagt Ellen Haller. Sie strahlt nachdem sie aus dem Zweisitzer wieder ausgestiegen ist. Sie ist nicht die einzige.

Gratis-Rahmenprogramm hat sich noch zu wenig herumgesprochen

Im Ehrenhof will sie mit Tochter Charlotte Gethmann kostenlos die „Tosca“-Aufführung auf der Leinwand verfolgen. Noch haben sich dafür wenige Musikliebhaber entschieden. Auch die Essensstände auf dem Parkplatz sind am Donnerstag noch nicht so gefragt. Aber das Wochenende steht ja vor der Tür.

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