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Caritasverband hilft

Schon elf Wohnungen gefunden: Wie das WOW-Projekt Obdachlosen in Bruchsal helfen soll

Sucht, Jobverlust oder Schulden – Probleme, die in Obdachlosigkeit führen, gibt es viele. Wer sein Heim verliert, braucht oft schnelle Hilfen. Bruchsaler Sozialarbeiter wollen diese sicherstellen.

Erste Anlaufstelle für Obdachlose: Das Julius Itzel Haus in Bruchsal mit den Sozialarbeitern Thomas Pallmer, Daniela Schmitt und Sebastian Benz.
Erste Anlaufstelle: Das Julius Itzel Haus in Bruchsal mit den Sozialarbeitern Thomas Pallmer, Daniela Schmitt und Sebastian Benz. Foto: David Heger

Auf einem weißen Plastikstuhl am Eingang des Julius-Itzel-Hauses sitzt eine Frau und reibt die Handflächen aneinander, wohl um ihre kalten Finger aufzuwärmen.

Sie trägt mehrere Jacken übereinander, ihr ganzer Besitz passt in zwei Tüten, die sie neben sich abgestellt hat. Es ist kalt an diesem Vormittag im Dezember, das Thermometer zeigt Minusgrade.

An Tagen wie diesen ist das Julius-Itzel-Haus der Caritas besonders gefragt. Die Einrichtung ist die zentrale Anlaufstelle für Obdachlose im Landkreis Karlsruhe. An der Theke in der Wärmestube gibt es Tee, heißen Kaffee und für den, der möchte, ein Gespräch mit den Mitarbeitenden.

Wer hierher kommt, hat kein eigenes Zuhause und oft ein gewaltiges Päckchen zu tragen. Obdachlosigkeit hat viele Gesichter und Sebastian Benz, Leiter des Julius-Itzel-Hauses, kennt sie.

Nicht alle Wohnungslosen im Landkreis Karlsruhe leben auf der Straße

Nur ein kleiner Teil der Wohnungslosen im Landkreis Karlsruhe lebt tatsächlich auf der Straße, erklärt Benz. Denn: Wer kein Dach über dem Kopf hat, hat Anspruch auf eine „obdachlosenrechtliche Unterbringung“, wie es im Behördendeutsch heißt, bekommt also von seiner Gemeinde eine Notunterkunft gestellt.

Für die Kommune endet damit ihre Aufgabe, für Benz fängt sie da erst an. „Zu glauben, die Probleme hören mit der Unterbringung plötzlich auf, wäre falsch“, sagt Benz.

Psychische Erkrankungen, eine Sucht, Jobverlust oder Schulden: Die Liste der Probleme, die in die Obdachlosigkeit führen ist lang, – die Liste der Hilfsangebote ebenfalls. „Wir haben im Landkreis Karlsruhe einen Flickenteppich an Hilfen. Der Weg zum richtigen Angebot ist für viele zu kompliziert“, sagt Benz.

Bruchsaler Projekt soll zwischen Obdachlosen und Ämtern vermitteln

WOW – kurz für Wohnungslosen Menschen optimal weiterhelfen – lautet deshalb der Name eines Projekts des Caritasverbands Bruchsal, das die Löcher im Flickenteppich stopfen will. Kooperationspartner des Projektes sind Behörden und Institutionen, etwa die Ordnungsämter, das Jobcenter und die Suchtberatungsstelle.

„Wir wissen aus Erfahrung: Je schneller wir obdachlos Gewordene mit Hilfsangeboten erreichen, desto effektiver sind sie“, erklärt Benz. Das Ziel des Projekts, das aus Geldern des europäischen Sozialfonds gefördert wird: Zum ersten Ansprechpartner der obdachlos gewordenen Menschen zu werden – den Kontakt vermitteln die kommunalen Ordnungsämter und weiteren Kooperationspartner.

Denn: „Viele Obdachlose schämen sich noch immer, aktiv nach Hilfe zu fragen oder im Behördenalltag ist keine Zeit für die teils hochkomplexen Problemlagen“, sagt Benz. Im Landkreis ist es zudem oft weit bis zur nächsten Beratungsstelle.

„Aus Mangel an Alternativen fahren viele Betroffene ohne gültigen Fahrschein“, schildert Sozialarbeiter Thomas Pallmer seine Erfahrungen. Er und seine Kollegin Daniela Schmitt sind im Rahmen des WOW-Projekts künftig auch aus der Ferne ansprechbar.

Versteckte Obdachlosigkeit sei ein großes Problem

Wer Wohnungslosen helfen will, braucht den kurzen Draht: vom Handy aus per Messenger-App beispielsweise. Und noch eine Gruppe versuchen Pallmer, Schmitt und Benz künftig zu erreichen: „Wir haben ein Problem mit versteckter Obdachlosigkeit“, sagt Pallmer.

Er meint damit vor allem Jugendliche und junge Erwachsene, die mal hier, mal dort übernachten. „Wir beobachten, dass vor allem Frauen oft missbräuchliche Beziehungen eingehen, um nicht offiziell obdachlos zu werden“, sagt Schmitt.

Künftig, so der Plan, könnte etwa die Polizei den Kontakt zwischen jungen Systemsprengern, wie diese Gruppe von Sozialarbeitern genannt werden, und den Helfern der Caritas herstellen.

„Wohnungslosigkeit ist mit Vorurteilen behaftet“, so erlebt es Sozialarbeiter Pallmer. Sie abzubauen, auch das sei ein Baustein, um Wohnungslosen zu helfen. Es gehe auch darum, ein gesellschaftliches Verständnis zu schaffen. Wohnungslose brauchen Wohnungen, deshalb ist das Finden von wohlgesonnenen Vermietern ein weiteres, großes Ziel“, erklärt Pallmer.

Eine erste Erfolgsmeldung aus dem noch jungen Projekt gibt es bereits: Elf Wohnungen im Landkreis konnte die Caritas bereits gewinnen, in die nach einer Probezeit Langzeitwohnungslose einziehen sollen.

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