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Turbo-Virenreiniger

Soldaten des Bruchsaler ABC-Abwehrbataillons stellen in Bayern wirksames Desinfektionsmittel her

Auf dem Gelände der Bundeswehr-Uni in Neubiberg bei München befüllen in diesen Tagen die mit Schutzanzügen und Gasmasken ausgestatteten Soldaten große Trichter mit Flüssigkeiten aus blauen und weißen Kanistern. Es ist ein ungewöhnlicher Einsatz für die Spezialisten des ABC-Abwehrbataillons 750 „Baden“.

Tägliches Kanisterschleppen ist auf dem Gelände der Bundeswehr-Uni angesagt. Hier wird im Kampf gegen Corona Desinfektionsmittel produziert.
Tägliches Kanisterschleppen ist auf dem Gelände der Bundeswehr-Uni angesagt. Hier wird im Kampf gegen Corona Desinfektionsmittel produziert. Foto: dpa

Die in Bruchsal stationierte Einheit ist normalerweise dafür zuständig, die Wirkungen atomarer, biologischer und chemischer Kampfmittel abzuwehren. In der Corona-Pandemie stellt sie jetzt auf Bitte der bayerischen Landesregierung in großen Mengen ein potentes und vielseitiges Desinfektionsmittel her.

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Nachfrage nach Desinfektionsmittel ist enorm

Die Nachfrage danach ist enorm. Bundesweit müssen Krankenhäuser, Schulen, Behörden und andere öffentliche Einrichtungen dafür sorgen, dass Menschen dort nicht mit Sars-CoV-2 in Berührung kommen. Ein großer Bedarf in Betrieben und Privathaushalten kommt noch hinzu, weswegen die Produktion des gefragten Ethanols als Desinfektionsbasis zuletzt angestiegen ist.

Anders als der reine Alkohol ist jedoch Essigsäure reichlich vorhanden, weswegen die Bruchsaler Militärs nun ein Mittel nach einem Herstellungsverfahren eines früheren ABC-Abwehrsoldaten aus Cuxhaven produzieren.

Leitungswasser und Essigsäure statt reiner Alkohol

Der Leiter der Forschung und Entwicklung beim Unternehmen DanTor Biotech, Sven Reichswagen, hat es der Truppe kostenlos zur Verfügung gestellt. Statt Ethanol verwendet die Bundeswehr gefiltertes und aufbereitetes Leitungswasser, dem unter anderem Essigsäure und weitere Chemikalien beigemengt werden, ehe die fertige Flüssigkeit dann in Kanister abgefüllt wird.

Sie soll laut Experten eine viel höhere Leistungsdichte haben als herkömmliches Desinfektionsmittel und sowohl für eine großflächige Bearbeitung von Fußböden und Straßen als auch zur Reinigung von Händen gut geeignet sein.

Mit einem sogenannten Amtshilfeersuchen habe der Freistaat Bayern die Bundeswehr vor zwei Wochen offiziell darum gebeten, 200 Tonnen Desinfektionsmittel herzustellen, teilte ein Presseoffizier des ABC-Abwehrbataillons „Baden“ den BNN mit. Seither seien elf Soldaten im wöchentlichen Wechsel mit einer anderen Kompanie damit beschäftigt, in der mobilen Produktionsstätte die Flüssigkeit herzustellen.

Laut dem Sprecher der Einheit kann die Bundeswehr-Anlage theoretisch bis 12.000 Liter pro Stunde abfüllen – allerdings sei die tatsächliche Produktionsmenge von der Verfügbarkeit der Chemikalien und vor allem von der zügigen Abnahme durch das Technische Hilfswerk abhängig. In Realität könnten stündlich etwa 6.000 Liter abgefüllt werden, heißt es.

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Bruchsaler Kaserne richtet sich auf längeren Einsatz ein

Für die landesweite Verteilung und den Einsatz des Desinfektionsmittels sei die Landesregierung in München zuständig.

Auch wenn wir die Schulen öffnen, werden wir uns schnell die Frage stellen, wie wir flächendeckend desinfizieren können
Joachim Herrmann (CSU), bayrischer Innenminister

Bei einem Besuch der Bundeswehr-Universität vor einer Woche schwärmte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) von der „superguten Zusammenarbeit“ mit den badischen ABC-Spezialisten. „Auch wenn wir die Schulen öffnen, werden wir uns schnell die Frage stellen, wie wir flächendeckend desinfizieren können“, sagte Hermann. Darum sei die Bundeswehr ein wichtiger Partner.

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In der Bruchsaler General-Dr.-Speidel-Kaserne richtet man sich nun auf einen längeren Einsatz ein und versichert, dass die „Durchhaltefähigkeit zur Erfüllung des Auftrags“ sichergestellt sei.

440 Amtshilfeanträge sind bis Ende April eingegangen

Nach Angaben des Kommandos Streitkräftebasis könnte die mobile Produktion nach der erfolgreichen Premiere in München auch in anderen Bundesländern aufgebaut werden. Voraussetzung dafür sei ein Amtshilfeantrag. Bis Ende April seien insgesamt mehr als 440 andere Anträge eingegangen, darunter ein Dutzend aus Baden-Württemberg.

In der Vergangenheit hat die Bundeswehr bei Hochwasser, Waldbränden oder Schneefällen mehrfach die Behörden und Hilfskräfte vor Ort unterstützt. Dass es durch Corona im gesamten Bundesgebiet flächendeckend Anträge auf Amtshilfe gibt, ist aber neu.

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