Skip to main content

OB will das Land in die Pflicht nehmen

Stadt Bruchsal nimmt Sprachförderung an Schulen in den Fokus

Es ist nicht die Aufgabe einer Stadtverwaltung, in Bruchsal will man sie sich dennoch auferlegen: Weil man mit der Sprachförderung an Schulen nicht zufrieden ist, will die Stadt selbst aktiv werden.

Flüchtlingsmädchen melden sich am 23.09.2015 während des Unterrichts in der Sprachlernklasse in der Peter-Ustinov-Schule in Hannover (Niedersachsen). Mit Hilfe der von Bund und Ländern vereinbarten Integrationspauschale kann Niedersachsen in den kommenden beiden Jahren zusätzlich jeweils 120 Millionen Euro in die Sprachförderung investieren. Foto: Peter Steffen/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Mehr Unterstützung: Dem Thema Sprachförderung an Schulen will man sich in Bruchsal verstärkt annehmen, auch wenn das eigentlich Aufgabe des Landes ist. Foto: Peter Steffen/dpa

Die Liste ist lang: Brasilien, Syrien, Kroatien, Ghana, Türkei, Deutschland, Nigeria - aus rund 20 Nationen kommen die Kinder des katholischen Kindergarten St. Elisabeth in Bruchsal.

Im städtischen Integrationsbericht heißt es, die Kita hatte 2019 einen Anteil von mehr als 96 Prozent Kindern mit Migrationshintergrund. Kein Wunder, dass in dieser Einrichtung das Miteinander aller und die Sprachförderung der Kinder im Mittelpunkt stehen.

Verschiedene Förderprogramme von Bund und Land macht sich die Kita zunutze, wie ihr Leiter Marcus Kölmel berichtet. Theatrale Sprachförderung gehört unter anderem zum Angebot, eine Sprachfachkraft unterstützt die Kinder. „Unser primäres Ziel ist die Schulreife der Kinder, ohne Sprachförderung geht das nicht“, sagt Kölmel.

So argumentiert man auch im Bruchsaler Rathaus. „Ohne ausreichende Sprachkenntnisse kann kein Austausch auf Augenhöhe gelingen“, sagte Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick vor Kurzem. Dazu gehört die Förderung in den Kitas, aber auch an den Schulen. Und vor allem letztere bereitet in der Stadtverwaltung aktuell Kopfzerbrechen.

Als Schulträger gestalte man zwar den Lebensraum Schule, bei den Inhalten liege die Zuständigkeit jedoch beim Land. Mit dessen Arbeit in der Sprachförderung ist man in Bruchsal nicht zufrieden. Schon bei einer Gemeinderatssitzung im März war angeklungen, dass man sich in diesem Bereich einsetzen müsse, obwohl es gar nicht Aufgabe der Stadt sei. Geplant sei unter anderem eine Umfrage in den Schulen zu ihrer laufenden Arbeit bei der Sprachförderung.

Stuttgart soll in die Verantwortung genommen werden

Eine mögliche städtische Unterstützung, so Petzold-Schick, werde sich jedoch auf Schwerpunkte konzentrieren, etwa auf die Stirumschule. Dort hatte sich der Verein Kulterbunt mit seinem Sprachförderprogramm in Kooperation mit Pädagogischen Hochschulen eingebracht. Nach Angaben der Stadtverwaltung erreichte man allein dort rund 120 Jungen und Mädchen. Die Arbeit des Vereins wurde durch städtische und Stiftungsgelder unterstützt. Inzwischen hat der Verein seine Arbeit eingestellt.

„Wir müssen Handlungsansätze entwickeln, obwohl das nicht unsere Aufgabe ist“, betont auch Patrik Hauns, Fachbereichsleiter Bildung, Soziales, Sport. In einer Klausurtagung wolle man mit dem Gemeinderat Lösungen erarbeiten. Damit sei Stuttgart dennoch nicht aus der Verantwortung. „Ich erwarte, dass das Land da hinschaut, und wir werden deswegen bei der grünen Kultusministerin vorsprechen“, so OB Petzold-Schick.

Sprachförderung während des regulären Unterrichts reicht oft nicht aus

Trotz Förderung in den Kitas seien Kinder aus bildungsferneren Schichten, die zu Hause häufig kaum oder kein Deutsch sprechen, auch in der Schule noch weiter auf Unterstützung angewiesen. Und diese kann häufig nicht während des regulären Unterrichts geleistet werden. Dabei geht es laut Bruchsaler Integrationsbericht um langfristige Ziele: „Darüber hinaus stellen Kenntnisse der deutschen Sprache den Einstieg in eine Bildungskette dar, die am Ende in die Integration in den Arbeitsmarkt mündet.“

Das Kultusministerium verweist auf Hilfe während des Unterrichts, das freiwillige Förderprogramm schulbegleitende „Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfe“ und die sogenannten Vorbereitungsklassen (VKL). Diese Klassen nehmen freilich eine Sonderstellung ein.

Sonderstellung der Vorbereitungsklassen

Eine solche gibt es unter anderem an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Heidelsheim. Dort werden ältere Kinder und Jugendliche, meistens Flüchtlinge oder Asylbewerber, so lange sprachlich gefördert, bis sie in den Regelunterricht wechseln können. Dabei bekommen es die Lehrkräfte mit einer äußert heterogenen Gruppe zu tun: zwischen sechs und zehn Jahren, unterschiedliche Bildung der Eltern, zum Teil traumatisiert durch Flucht, wie Schulleiterin Maja Ronellenfitsch und der zuständige Lehrer Klaus Schneider berichten.

Egal ob Kita, Grundschule oder VKL: Corona hat auch die Sprachförderung erschwert. Wechselunterricht oder gar reines Homeschooling, aber auch Unterricht mit Maske mache die Deutschvermittlung nicht einfacher. Auch in der Kita St. Elisabeth ist man froh, dass inzwischen eine relativ normale Betreuung der Kinder möglich ist. „Diese Strukturen helfen“, sagt Leiter Marcus Kölmel, der betont, dass die Unterstützung der Kinder und ihrer Eltern im Vordergrund stünden. Die Hilfe der Eltern brauche es auch, damit der Spracherwerb der Kinder gelingen könne.

nach oben Zurück zum Seitenanfang