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Exil Theater

Theater-Komödie erinnert an lebendige griechische Kultur in Bruchsal

In den 1980er Jahren bereicherte der „Griechische Kulturverein“ in Bruchsal die Szene. Schauspieler der zweiten und dritten Generation erinnern sich nun im Exil Theater an die Träume ihrer Eltern und Großeltern.

Szenenfoto: In der Komödie „Die Träume, die wir hatten“ im Exil Theater spielen (von links) Georios Tsioupros, Polixeni Lionti und Konstantinos Tsioupros eine Rolle.
In der Komödie „Die Träume, die wir hatten“ im Exil Theater spielen (von links) Georios Tsioupros, Polixeni Lionti und Konstantinos Tsioupros eine Rolle. Foto: Heike Schaub

Eine Schneiderlehre ist nicht drin: 1971 kommt Eleni Sofoglous Mutter deshalb nach Bruchsal. Die junge Griechin will in Deutschland Geld verdienen, das seit 1960 ein Anwerbeabkommen mit Griechenland hat. Sie findet einen Job bei Siemens in Bruchsal.

In den Wohnblöcken in der Franz-Sigel-Straße in der Bruchsaler Südstadt teilen sich acht junge Griechinnen Küche und Bad, schlafen zu viert im Zimmer. Eine Aufseherin wacht über die Moral. Zu Fuß geht es eine halbe Stunde zum Arbeitsplatz bei Siemens. In der Produktion der Fernsprechvermittlungsanlagen sind nach 1945 viele sogenannte Heimatvertriebene und Gastarbeiter beschäftigt.

Griechische Arbeiterinnen schlafen zu viert in einem Zimmer

Eleni Sofoglous Mutter will eigentlich nur ein Jahr bleiben. Die heute 76-Jährige lernt hier ihren späteren Mann kennen. Das in Bruchsal viele ledige Frauen arbeiten, ist bei jungen Griechen in Stuttgart oder Ludwigshafen bekannt. Eleni Sofoglous Vater arbeitet dort seit 1969 bei BASF. 1978 heiraten sie und bekommen zwei Töchter. Heute pendeln die Eltern zwischen Bruchsal und Griechenland.

Welche Träume und Sehnsüchte haben „Gastarbeiter“, die in den 1960er Jahren zum Arbeiten nach Deutschland kommen? Mit der Frage hat sich der junge Regisseur Leonardos Plakoutsis-Papavasiliou aus Bruchsal beschäftigt.

Ich versuche das Beste aus beiden Kulturen mitzunehmen.
Leonardos Plakoutsis-Papavasiliou, Regisseur

Unter dem Titel „Die Träume, die wir hatten“ hat sein Stück am Samstag, 19. November, um 19.30 Uhr Premiere im Exil Theater Bruchsal. Über 20 Darsteller und Darstellerinnen aller Altersgruppen sind dabei. Die Nachkommen der zweiten und dritten Generation erinnern sich an die Träume ihrer Eltern und Großeltern. Eleni Sofoglou beispielsweise spielt eine „Klatschreporterin“.

Der 21-jährige Plakoutsis-Papavasiliou, dessen Mutter als Kind mit ihren Eltern nach Deutschland kam, ist selber hin- und hergerissen: „Ich versuche das Beste aus beiden Kulturen mitzunehmen“, erzählt der Regisseur, der in Bruchsal aufgewachsen und zur Schule gegangen ist.

In der Bruchsaler Südstadt wohnten viele Griechen

Das Stück spielt in einer namenlosen Stadt in Deutschland. Eine Rolle wird die Straße in der Bruchsaler Südstadt spielen, in der damals viele Griechen wohnten. 2019 lebten laut Integrationsbericht der Stadt Bruchsal noch 352 Menschen mit einem griechischen Hintergrund in der Stadt. Viele sind in den 1990er Jahren zurückgekehrt nach Griechenland.

Eine Szene im Exil Theater zeigt ein Café: Die junge Griechin Aliki, gespielt von Polixeni Lionti, putzt Tische, kehrt den Boden. In Gedanken ist sie in Griechenland. Sie träumt von den goldenen Zeiten des griechischen Kinos, in denen sie Erfolge gefeiert hat. Nach dem Putsch des griechischen Militärs 1967 flieht sich nach Deutschland. Sie wartet darauf, zurückzukehren, während ihr zwei junge Männer den Hof machen. Andere Szenen spielen in dem Land, in dem nach der Diktatur (1967 bis 1974) das kulturelle Leben zaghaft aufblüht.

Aufführung in griechisch mit deutschen Untertiteln

Die Komödie wird in griechischer Sprache aufgeführt. Deutsche Untertitel werden eingeblendet. Nach Angaben des Regisseurs ist die Aufführung auch ein Experiment. Man wisse nicht, welches Publikum komme.

Unter den Griechen in der Region hat sich das Vorhaben schnell herum gesprochen: beim muttersprachlichen Unterricht, der im Schönborn-Gymnasium stattfindet oder im Umfeld von St. Anton, wo sich die griechisch-orthodoxe Gemeinde regelmäßig zu Gottesdiensten trifft.

Griechisches Kino und Veranstaltungen bereicherten Kulturszene in Bruchsal

„Wir waren sofort Feuer und Flamme“, erzählt Elisabeth Moustakidou aus Untergrombach. Ihre Söhne spielen die jungen Verehrer von Aliki. In der Vergangenheit haben sie immer wieder kleine Theaterstücke aufgeführt.

Das Exil Theater knüpft mit der Produktion an den „Griechischen Kulturverein Bruchsal“ an, der die lokale Kulturlandschaft mit Konzerten, Festen, Tanzvorführungen und Theater bereicherte, wie es in einer Mitteilung heißt. Im Cineplex-Kino wurden sogar griechische Filme gezeigt, wie sich Eleni Sofoglous erinnert.

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