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Bad Schönborn

TBC-Fälle an der Schule: Rektor Mathias Kretschmer über den Umgang mit der Krankheit

Seit Pfingsten ist das Thema TBC an der Michael-Ende-Schule in Bad Schönborn allgegenwärtig. Wie gingen Lehrerinnen, Schüler und Eltern im Alltag damit um – und wie geht es weiter? Darüber gab Rektor Mathias Kretschmer am ersten Schultag unserem Redakteur Thomas Liebscher Auskunft.

Schulleiter unter erschwerten Bedingungen: Die Krankheit Tuberkulose begleitet seit Monaten die Arbeit von Mathias Kretschmer in Bad Schönborn.
Schulleiter unter erschwerten Bedingungen: Die Krankheit Tuberkulose begleitet seit Monaten die Arbeit von Mathias Kretschmer in Bad Schönborn. Foto: Liebscher

Hell und bunt präsentiert sich die Michael-Ende-Schule. Im großzügigen Lichthof hängen eindrucksvolle Skulpturen und Gemälde von Schülern – die Gemeinschaftsschule hat einen Schwerpunkt Kunst. Von vielen Klassenzimmer blickt man auf Streuobstbäume oder Kraichgaulandschaft. Gute Voraussetzungen für die Lernatmosphäre. Wenn nicht die Infektionskrankheit Tuberkulose die Schulgemeingemeinschaft in Sorgen versetzt hätte.

Seit Pfingsten ist das Thema TBC allgegenwärtig . Wie gingen Lehrerinnen, Schüler und Eltern im Alltag damit um . Und wie geht es weiter? Darüber gab Rektor Mathias Kretschmer am ersten Schultag unserem Redakteur Thomas Liebscher Auskunft.

BNN: Mit welchen Gefühlen haben Sie und ihr Kollegium das Schuljahr begonnen?

Kretschmer: Es war schon noch mal ein Schock in den Ferien, dass eine so hohe Zahl von Ansteckungen aufgetreten ist. Im Hinterkopf des Kollegiums ist zu Schuljahresbeginn, was passiert, wenn ich in meine Klasse gehe und das Thema TBC aktuell ist. Das muss besprochen werden im Unterricht, auch unter sozialen Aspekten. Gleichzeitig geht es zu Schuljahresbeginn um noch vieles andere Wichtige, wie um den Stundenplan.

Was konkret haben Sie im Blick auf TBC jetzt in die Wege geleitet?

Kretschmer: Wir haben uns bereits am Dienstag im Kollegium mit Schulamt, Gesundheitsamt und schulpsychologischer Beratungsstelle getroffen, um das Thema auszugliedern und die Kollegen einzustimmen auf Probleme. Etwa wenn es zu Ausgrenzungen von Schülern kommen sollte, was bisher nicht der Fall war. Fragen zur Hygiene und Therapie kamen vor. Am Mittwoch gab es um 12.30 Uhr einen Treff mit Rückblick auf den ersten Tag. Und wir haben eine Gruppe gebildet, die einen Leitfaden erstellt. Er wird praktische Antworten enthalten. Wir werden nun nach jeder Stunde die Fenster aufmachen und lüften. Das hilft im speziellen Fall und ist immer der Gesundheit zuträglich. In Biologie und Ethik soll die Krankheit vorkommen. Weil uns TBC noch das ganze Schuljahr begleiten wird. Und wir holen die Eltern wieder ins Boot. Als sie eine Hiobsbotschaft nach der nächsten erhielten, gab es natürlich viel Verunsicherung. Die Elternbeiratsvorsitzende, Frau Nicklis, ist mit mir in gutem Kontakt. Wir planen eine Elternveranstaltung mit offenem Gespräch.

Wie weit hat die Krankheit seit Pfingsten ihre Arbeit, den Unterricht und das Schulklima beeinflusst?

Kretschmer: An den Tagen, als die Nachrichten mit den vielen Ansteckungen neu waren, da gab es viele Anrufe und Anfragen und ich habe ständig vermitteln müssen. Der Unterricht fand trotzdem statt. Wir hatten teilweise Ausfälle, manche Klassen waren durch Behandlungen nicht ganz so voll. Es ist gut, dass wir in Bianca Benz eine Schulsozialarbeiterin auf Vollzeitstelle haben, die auch mit den Eltern Kontakt hat.

Wie viele Schüler und Familien waren denn ganz besonders betroffen?

Kretschmer: Unser ganzer vorheriger achter Jahrgang mit 60 Schülern und den Familien. Das Gesundheitsamt spricht von 88 Prozent Infizierten. Aus diesem Jahrgang kommen die Erkrankten, die jetzt wieder zurück sind. Dieser betroffene Jahrgang bereitet sich nun auf den Hauptschulabschluss vor. Aber durch Medikamenteneinname kann es zu gesundheitlichen Einschränkungen kommen. Da möchte ich ganz besonders unterstützen. Und ich freue mich, wenn mal wieder über die Erfolge an unserer Schule gesprochen wird.

Eine Infektionskrankheit ist eine heikle Sache für die Allgemeinheit. Jede Krankheit ist eine ganz persönliche, ja intime Sache der Betroffenen. Wie war der Umgang mit den Kindern und Eltern?

Kretschmer: Keiner muss seine Ansteckung preisgeben, kein anderer muss es wissen. In dem einen stark betroffenen Jahrgang ist das ein Sonderfall, da wissen es informell dann alle. Wichtig ist aber, dass allen klar ist: Die Infizierten sind nicht krank. Sie gehen normal zur Schule wie die 300 anderen.

Wie sind Sie mit den Kommentaren in den Netzwerken umgegangen, auch mit den Vorwürfen und Spekulationen?

Kretschmer: Ich kann Angst ums eigene Kind und Schocksituationen von Eltern verstehen. Aber man sollte nicht die medizinischen Fakten übersehen und sich an Halbwahrheiten und Falschem im Netz orientieren. Ich habe mich weniger mit solchen Reaktionen auseinandergesetzt, sondern versucht, meine ganze Kraft in die Schule einzubringen. Ausgehend von der traurigen Tatsache: Wir hatten einen ganz normalen Schüler an unserer Schule, der das Pech hatte, eine schwere Krankheit zu bekommen.

War das die schwerste pädagogische Situation in Ihrem Berufsleben?

Kretschmer: Ja, ganz klar. Das ist eine der schwierigsten Situationen, die passieren können. Es gab einen Ansturm von Fragen. Sie kommen nicht mehr vom Telefon weg, der normale Betrieb muss noch laufen und die Betroffenen tun mir leid. Ich versuche abends in der Familie abzuschalten und jeden Tag positiv anzugehen.

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