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Projekt „Zeitung in der Schule“

Was ist echt? Medienprofis helfen Schülern in Ubstadt-Weiher, Fake News zu erkennen

Fake News gehören seit Jahren zu Medien wie das Ei zum Huhn. Gerade in sozialen Netzwerken tauchen falsche Fakten häufiger auf. Sie zu erkennen, fällt manchen Jugendlichen schwer. Das Medienkompetenz Team Karlsruhe will das ändern.

Gruppenarbeit: Die Experten vom Medienkompetenz Team lassen die Schüler untereinander diskutieren. Sie geben den Jugendlichen Aufgaben zum Thema „Fake News“.
Gruppenarbeit: Die Experten vom Medienkompetenz Team lassen die Schüler untereinander diskutieren. Sie geben den Jugendlichen Aufgaben zum Thema „Fake News“. Foto: Rake Hora/BNN

Auf dem Display des Smartphones blinkt eine neue Nachricht. Freya Heinrich öffnet den Nachrichtendienst WhatsApp. Eine unbekannte Nummer taucht auf.

Die Schülerin aus Ubstadt-Weiher tippt darauf und erschrickt. Eine Fratze ohne Augenlider und mit riesigem Mund starrt aus dem Handy hervor – es ist das Profilbild.

Der Schreiber droht, das Mädchen heimzusuchen, wenn es die Mitteilung nicht weiterleitet. Er nennt sich Momo. „Das hat mir Angst gemacht“, erzählt Heinrich. Deshalb wendet sie sich an ihren Vater. Der beruhigt sie: „Er meinte, dass es ein Fake ist.“ Schon einige Male bekam Heinrich solche Nachrichten. Mittlerweile blockiert sie alle Nutzer, die sie verschicken.

Momo verbreitet weltweit Falschinformationen

Momo ist ein anonymes Profil, das sich jemand ausgedacht hat. Daniel Nübling und Inga Klas vom Medienkompetenz Team Karlsruhe zählen Momos Mitteilungen zu Fake News, also Falschnachrichten.

„Durch Momo kommen schon die Jüngsten mit Fake News in Kontakt“, sagt Nübling. Auch viele Achtklässler des Alfred-Delp-Schulzentrums kennen die fiktive Person. Von 17 Schülern heben fast alle ihre Hand, als der Medienexperte danach fragt.

Deshalb sprechen Nübling und seine Kollegin bei ihrem Seminar zuerst über Momo. Der Kurs gehört zum Projekt „Zeitung in der Schule“ – kurz ZiSch.

Die Badischen Neuesten Nachrichten fördern damit die journalistischen Fähigkeiten von Schülern. In diesem Jahr kooperieren die BNN mit dem Medienkompetenz Team. Der Verein besteht aus Medienexperten.

Jugendliche überprüfen Fakten selten

In den vergangenen Wochen besuchten sie drei Pilotschulen – eine war das Alfred-Delp-Schulzentrum. Die Medienprofis erklärten Schülern, welche Quellen seriös sind. Und sie gaben Tipps, wie manipulierte Bilder überprüft werden können.

Die Kursteilnehmer in Ubstadt-Weiher informieren sich hauptsächlich über soziale Netzwerke. Sie nennen Instagram, TikTok und Twitter als erste Anlaufstellen, wenn es um Nachrichten geht. Die gedruckte Zeitung lesen sie selten.

Bilder haben eine große Macht.
Daniel Nübling, Medienkompetenz Team Karlsruhe

Rosalia Vilardo ist öfter auf einer Online-Videoplattform unterwegs. „Ich gehe meist auf Youtube“, sagt sie. Auf dem beliebten Onlineportal kann jeder Bewegtbilder hochladen. Ob alle Nachrichten stimmen, überprüft Vilardo nach eigener Aussage fast nie. Sie hält einen Großteil der Videos für vertrauenswürdig. Zudem sind die Clips für sie mehr Unterhaltung als Fakten.

Experten zeigen gefälschte Videos

Daniel Nübling sieht das anders: „Bilder haben eine große Macht.“ Der Fachmann zeigt den Achtklässlern ein Video, auf dem Traktoren Sand aufwirbeln. Sie fahren in einer Reihe hintereinander.

Ein Nutzer verbreitet seit Monaten den Clip über soziale Netzwerke. Er erklärt, dass so Saharastaub entsteht – das ist afrikanischer Wüstensand, der Tausende Kilometer weit fliegen kann. Mit seiner Aussage suggeriert der Nutzer, dass Menschen den Staub künstlich erzeugen. Der Mitschnitt ist jedoch manipuliert. Die Umgebung wurde herausgeschnitten.

Ich gehe meist auf Youtube.
Rosalia Vilardo, Schülerin aus Ubstadt-Weiher

Das Original zeigt brasilianische Erntemaschinen, die einen Acker umgraben. Als die Achtklässler es sehen, sind viele verblüfft. Einige ziehen ihre Augenbrauen nach oben. Die Mehrheit schweigt und hört zu.

Wiener Klimaaktivisten werden zu Ukrainern

Später spielen die Medienexperten ein anderes Video ab. Es zeigt Menschen, die unter schwarzen Müllsäcken liegen. Man muss an Leichen denken. Einen Müllsack weht der Wind mehrfach zur Seite, der Mann darunter deckt sich wieder zu. Der Videotext beschreibt, dass die Szene aus dem Ukraine-Krieg stammt.

Unterricht mal anders: Die Achtklässler aus Ubstadt-Weiher nehmen im Juni an einem Kurs des Medienkompetenz Teams teil. Dabei geht es um gefälschte Fakten.
Unterricht mal anders: Die Achtklässler aus Ubstadt-Weiher nehmen im Juni an einem Kurs des Medienkompetenz Teams teil. Dabei geht es um gefälschte Fakten. Foto: Rake Hora/BNN

„Es sieht so aus, als würden die das faken“, sagt Schülerin Redina Caushllari. Lehrerin Andrea Brauch zeigt auf eine Gruppe am Bildrand: „Schaut mal, was die Leute für Schilder halten.“

Ein Junge meldet sich: „Die haben ja ein deutsches Schild.“ Die Experten klären auf: Es sind Klimaaktivisten. Das Originalvideo kommt von einem Protest in Wien. „Solche Videos können die Politik beeinflussen“, sagt Nübling.

Am Ende diskutieren Schüler lautstark

Im Laufe des Kurses wächst die Skepsis der Schüler. Bei der Gruppenarbeit diskutieren sie lautstark miteinander. „Das ist doch echt, oder?“, fragt Rosalia Vilardo. Ihre Klassenkameradin runzelt die Stirn: „Was? Das ist doch fake. Das sieht man doch.“

Die Jugendlichen werden unsicherer. Es fällt ihnen bis zum Kursende schwer, Falschnachrichten auszuloten. Eines haben sie gelernt: Nicht alle Nachrichten sind wahr. Damit geht die Arbeit der Medienprofis weiter.

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