In den nächsten Tagen sollen die ersten offiziell zugewiesenen Flüchtlinge eintreffen. Gut 1.600 Menschen sind bereits im Landkreis Karlsruhe. In Bruchsal sind schon 280 Ukrainer, die allesamt privat oder einzeln angereist sind und meist auch in privaten Unterkünften leben.
Viele mehr werden aber noch erwartet. Man rechnet mit noch einmal so vielen, hieß es am Mittwoch auf BNN-Anfrage aus der Stadtverwaltung. Mindestens. Und vorerst. Vieles hängt vom weiteren Kriegsverlauf ab. Aus Berlin und dem Rest des Landes werden weitere Busse in den kommenden Tagen in die Bundesländer geschickt.
Weshalb auch die Stadt Bruchsal weiterhin händeringend nach Unterkünften sucht – private oder auch städtisch angemietete. „Die Resonanz auf die Suche nach Unterkünften bei Privatleuten war groß“, berichtet Pressesprecherin Ina Rau.
Schon bisher gibt es zu wenige Angebote zur Sprachförderung
Sind die Menschen aber erst mal da, sollen auch sie von den nun vom Gemeinderat beschlossenen Maßnahmen profitieren. Womöglich sind dann die aktuellen Grundlagen dafür schon wieder überholt. Stichwort Sprachförderung.
„Der derzeitige Bedarf übersteigt das Angebot bei Weitem“, bringt es die Integrationsbeauftrage Bruchsals, Fürüzan Kübach, auf den Punkt. Wohlgemerkt: Die Bedürfnisse der Ukrainer sind hier noch nicht eingerechnet. 300 Kinder hätten derzeit Bedarf, für 60 gibt es ein Angebot.
Weitgehend einig war der Gemeinderat, dass die Optimierung der Sprachförderung höchste Priorität hat im Katalog der Maßnahmen. Für geschätzt 55.000 Euro pro Jahr könne man mit Fachkräften hier schon etwas erreichen, so Kübachs
Fazit. Einziges Problem nur: Die Fachleute zu finden. Als weiteren wichtigen Punkt sahen die Kommunalpolitiker städtische Integrationshelfer an. „Das ist aber nicht ehrenamtlich zu bewältigen“, so Kübach.
Die Fachleute sollten vor allem bildungsferne Schichten unterstützen, etwa bei Behördengängen.
18,4 Prozent aller Bruchsaler haben keinen deutschen Pass
Grundlage der insgesamt sieben Punkte ist der städtische Integrationsbericht, mit dessen Folgen sich der Gemeinderat im Juni 2021 in einer eigenen Klausurtagung intensiv befasste. Kurz zusammengefasst: Der Anteil von Ausländern innerhalb der Bruchsaler Bevölkerung oder von Menschen mit Migrationshintergrund wächst. 18,4 Prozent aller Bruchsaler haben einen nicht deutschen Pass.
35,4 Prozent besitzen einen sogenannten Migrationshintergrund. Diesen Menschen wolle man bessere Teilhabechancen ermöglichen, so das übergreifende Ziel.
Braucht es dazu einen Integrationspreis für Ehrenamtlich Engagierte? Oder ein „Integrationsmonitoring“, also die Überprüfung der Maßnahmen? Mit vier Gegenstimmen hat der Gemeinderat jedenfalls insgesamt sieben Punkte auf den Weg gebracht.
Darin enthalten sind neben der Sprachförderung und den genannten Maßnahmen wie das Monitoring etwa Workshops an Schulen zum Grundgesetz.
Stadtverwaltung soll im Umgang mit Migranten geschult werden
Und, Anlass zu einiger Diskussion: Workshops für die Verwaltung zur Schaffung von „kultursensiblem Bewusstsein“. Ruth Birkle, Fraktionssprecherin der Grünen/Neue Köpfe, störte sich an dem Begriff.
„Das fördert patriarchale Strukturen“, befand sie. Kübach sicherte zu, den Begriff zu ersetzen. Es gehe eher um einen empathischen und wertschätzenden Umgang mit allen Bruchsalern, die aus insgesamt 140 Nationen stammen.
Aktenvermerk sorgt für Irritationen
Für reichlich Irritationen im Stadtrat sorgte ein angehängter „Aktenvermerk“ der Gleichstellungsbeauftragte Sabine Riescher. Auf sechs Seiten führt sie darin unter anderem aus, warum die sieben Handlungsempfehlungen bei ihrer Umsetzung auch immer die Kategorie Geschlecht berücksichtigen müssten.
Werner Schnatterbeck (CDU), Ruth Birkle (Grüne), Anja Krug (SPD) und Jürgen Wacker (FDP) zeigten sich irritiert darüber, warum die Verwaltung die Vorlage nicht aus einem Guss präsentiere. Zumal man der Forderung inhaltlich weitgehend zustimme.
Gegenstimmen zu den sieben Maßnahmen kamen aus der Fraktion Afd/UBiB und von Dela Schmidt (Aufbruch Bruchsal). „Sprachförderung sei der Dreh- und Angelpunkt“, räumte Gabriele von Massow (AfD/UBiB) ein.
Für andere Maßnahmen sehe man aber keinen Bedarf. Heribert Schmitt (Freie Wähler) mahnte die Bereitschaft zur Integration an. Zudem verwies er darauf, dass Bildung eigentlich Ländersache sei und die Stadt Kosten etwa für Sprachkurse auch dort geltend machen solle.