Vier Verhandlungstage hat das Landgericht Karlsruhe angesetzt, um den versuchten Mord am Bahnhof von Waghäusel neu aufzurollen. Am 6. April geht es um 9 Uhr los. Dies erklärte das Gericht auf Anfrage dieser Redaktion. Weil der erste Strafsenat des Bundesgerichtshofs den Revisionen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts teilweise stattgegeben hatte, muss die Tat in Teilen neu verhandelt werden.
Genau ein Jahr zuvor, im April 2021, hatte die Schwurgerichtskammer am Landgericht den einen Mann, der als Haupttäter gilt, zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Sein Bruder bekam eine Bewährungsstrafe von neun Monaten wegen unterlassener Hilfeleistung.
Der eigentliche Tathergang, wie er vom Landgericht erhoben wurde, galt auch den Richtern am Bundesgerichtshof als weitgehend unstrittig. So soll der 26-jährige Haupttäter einen ihm unbekannten 54-jährigen Karlsruher unvermittelt am Bahnhof von Waghäusel angegriffen und aufs Gleis gestoßen haben.
Waghäuseler Gleisattacke: Opfer klemmte sich in 19 Zentimeter große Lücke
Die Tat ereignete sich am 28. Juli 2020. Das Opfer konnte sich vor dem einfahrenden Zug nur retten, weil er sich zwischen Güterzug und Bahnsteigkante in eine 19 Zentimeter breite Lücke quetsche.
Er wurde dabei schwer verletzt. Im ersten Prozess beschrieb er die Folgen der traumatischen Tat als schwerwiegend. Die Angreifer, zwei Brüder aus Syrien, lebten zur Tatzeit in Waghäusel in einer Gemeinschaftsunterkunft.
Der Bundesgerichtshof hatte Ende Dezember auf die Revisionen der Angeklagten die Schuldsprüche aufgehoben. Die Verurteilung des Haupttäters habe auch deshalb keinen Bestand haben können, weil das Landgericht die Schuldfähigkeit dieses Angeklagten „rechtsfehlerhaft beurteilt“ habe, so das Fazit des Bundesgerichtshofs.
So sei eine paranoide Schizophrenie nicht ausreichend untersucht worden. „Zudem lassen die Ausführungen des Landgerichts eine – sich aufdrängende – Auseinandersetzung mit einer drogeninduzierten Psychose vermissen.“
Landgericht sah keine Auswirkung der Krankheit auf die Tat
Den Brüdern hatte eine Sachverständige im ersten Prozess tatsächlich psychische Krankheiten attestiert. Demnach litten beide unter einer Form der Schizophrenie. Sie sah diese Krankheiten aber nicht als so gravierend an, dass die Brüder schuldunfähig seien. Dieser Argumentation war das Landgericht bei seinem Schuldspruch schließlich gefolgt: „Diese Krankheit hat sich nicht auf die Tat ausgewirkt.“
Der Bundesgerichtshof hingegen verlangt: In der neuen Verhandlung werde vor allem eine mögliche geistige Erkrankung des Angeklagten eingehend zu prüfen sein und damit auch, ob der Angeklagte statt im Gefängnis gegebenenfalls in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen sei.
Die Termine sind am 6., 20. und 22. April sowie 2. Mai jeweils um 9 Uhr im Landgericht Karlsruhe.