Er gilt als Wissenschaftler und Scharlatan, als Magier und Grenzüberschreiter: Johann Georg Faust. Er lebte vor 500 Jahren und war berüchtigt. Seit er wohl mit einem Knall aus dem Leben schied, weil ein chemisches Experiment missglückte, fasziniert er zudem die Nachwelt.
Der echte, aus Knittlingen stammende Faust, verwandelte sich in eine mythische Figur. Sein Leben und alle teuflischen Legenden um ihn inspirierten Johann Wolfgang Goethe zu Theaterstücken, die ihn ein Schriftstellerleben lang begleiteten.
Geboren wurde der historische Faust wohl 1480 in Knittlingen. In der Stadt im Enzkreis ist das Faust-Museum jetzt ganz ohne Zauberei verjüngt worden.
Museum mit neuer großzügiger Raumgestaltung
„Aber durchaus dank eines Pakts mit den Handwerkern“, meint Museumsleiterin Denise Roth. Nach ihrem Konzept ist die Dauerausstellung neu eingerichtet. Die dunkle Gestalt Faust wird in heller Umgebung präsentiert. Mit großzügiger und effektiver Raumgestaltung sowie großformatigen Abbildungen.
„Die Idee dafür entstand vor Corona, eine Schließzeit war einkalkuliert. In der Pandemie ging die länger und es gab es mehr Zeit, in die Tiefe zu gehen“, sagt die Germanistin mit Doktortitel. Seit 2008 arbeitet die in Sulzfeld aufgewachsene Frau im Faust-Museum, seit 2015 leitet sie es.
Von der Alchemie bis zu Johann Wolfgang Goethe
Auf drei Ebenen taucht man in modernisierte Ausstellungswelten ein. Im Erdgeschoss geht es um den historischen Faust und berühmte Zeitgenossen.
Das seltsame Treiben der Alchemisten zwischen Medizin und Naturwissenschaft steht im ersten Stock im Mittelpunkt. Ein Alchemistenlabor aus der Renaissance wirkt geheimnisvoll. Dort findet sich etwa der „Faule Heiz“ erläutert. Also ein Ofen mit Holzkohlemagazin, in dem der neue Brennstoff immer wieder nachrutschte.
Ins oberste Stockwerk des ehemaligen Fachwerk-Rathauses ist nun die mächtige, immer neu auszulotende Figur des Goetheschen Faust gezogen. Des Dramas erster Teil mit dem Gelehrten und seinem Teufelspakt wird blau unterlegt erklärt. Die Tragödie um ihn und die selbstbewusste Margarete, meist Gretchen genannt, nimmt auf roten Hintergrund berechtigten Platz ein.
Eindrückliche Fotos, ein Video und prägnante Texte zeigen, wie das Theaterstück seit der ersten öffentlichen Aufführung 1829 bis heute interpretiert wurde. Goethes Faust I und II sind eine eigene Welt. Der große deutsche Schriftsteller, wollte, wie er sagte, „ein reiches, buntes und mannigfaltiges Leben“ ausbreiten und nicht eine einzige Idee von Faust transportieren. Bunt wird’s auch in einem filmischen Ausschnitt und in der Fülle von Büchern anderer faszinierter Autoren.
Faust nahebringen: Einfach, aber nicht flach
Überall spürt man, wie Denise Roth ihr Konzept umgesetzt hat, „einfach, aber nicht flach“ den Besuchern entgegen zu kommen. Da wird der teuflische Begleiter Mephistopheles als Kind der Reformationszeit neu gedeutet.
Oder der Blick geschickt auf die ältesten Bücher gelenkt, in denen der bekannteste Knittlinger erwähnt ist. Meist wirkt es wenig schmeichelhaft, wenn Doktor Faustus aus Ingolstadt vertrieben und nach Nürnberg gar nicht erst hineingelassen wurde. Ein Blickfang sind zudem die Puppenfiguren, mit denen sich der Faust-Stoff seit 400 Jahren auf kleiner Bühne gehalten hat.
Um die 50.000 Euro hat Knittlingen bestens angelegt in das deutschlandweit ausstrahlende Museum. Bürgermeister Hans-Peter Hopp und Denise Roth mussten auf eine Vernissage zur Eröffnung verzichten. Aber Engagierte aus der Stadt schauten sich am Freitag um. „Nun ist es ein wirkliches Museum geworden und nicht nur eine gezeigte Sammlung“, meinte einer, der das Haus schon lange kennt.
Am Samstag konnte Zlatko Hranic an der Eingangstheke zwar lange keine Gäste begrüßen, auch Sonntag aber schauten viele Neugierige hinein. In den nächsten Monaten sollten viele einen Besuch einplanen. Nach dem Motto „Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein.“