Wenn sich die Karriere Mitte 30 schon wieder dem Ende zuneigt, bekommt Zeit im Berufsleben eine andere Bedeutung. Für Tänzer zählt jedes Jahr. Wer sich für Aufnahmeprüfungen bewirbt, darf ein gewisses Alter nicht überschreiten. Danach gehen viele Türen zu, die den Eingang zum Lebenstraum hätten bedeuten können.
Daher kämpft Nadine Elskamp mit ihrer gleichnamigen Ballettschule aus Oberderdingen (Kreis Karlsruhe) seit einigen Wochen für die Zukunft ihrer Eleven. Unterstützung gab es zwischenzeitlich auch von Politikern wie dem FDP-Bundestagsabgeordneten Christian Jung. Denn im November durften Musik- und Kunstschulen ihren Tanzunterricht in gewohnter, Corona-konformer Weise anbieten. Als Bildungseinrichtung eingestufte Tanzschulen mussten geschlossen bleiben.
Zusage vom Land gilt nur für Ballett
Nun hat Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) reagiert. Ballett darf als Kunstform an den Einrichtungen mit klarem Bildungsbezug unterrichtet werden, teilt sie in einem Schreiben an den Deutschen Berufsverband für Tanzpädagogik mit. Das diene der künstlerischen Ausbildung. Problem nur: Der zeitgenössische Tanz fällt weiterhin durchs Raster.
„Jetzt sind wir am richtigen Punkt“, sagt Nadine Elskamp. Ihre Ballettschule sei damit gegenüber den Musik- und Kunstschulen nicht mehr benachteiligt. Ein Hygienekonzept habe sie bereits etabliert. Angebote für Erwachsene wird es weiterhin nicht geben. Alle Prüfungskurse der Kinder und Jugendlichen will Elskamp vor Weihnachten wieder starten. „Ich muss erst Mal schauen, wo die Schüler stehen“, sagt sie.
Es kann nicht sein, dass die gleiche Sache ungleich behandelt wird.Jaš Otrin / Geschäftsführer des Deutscher Berufsverband für Tanzpädagogik
„Es kann nicht sein, dass die gleiche Sache ungleich behandelt wird“, kritisierte Jaš Otrin, Geschäftsführer des Deutscher Berufsverband für Tanzpädagogik, die Situation im November. Davon sind mit der Fokussierung auf Ballett jedoch noch immer Spuren übriggeblieben.
Gemeinsam mit dem Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverband sowie dem Deutschen Bundesverband Tanz setzte man sich seit Mai dafür ein, die als Bildungseinrichtungen eingestuften Schulen für künstlerischen Tanz auch in den Corona-Verordnungen als solche zu bewerten.
Für die Tanzbranche gilt die Neueinstufung im Corona-Jahr als langfristiger Erfolg
Daher verbucht Otrin die Reaktion von Eisenmann als einen ersten langfristigen Erfolg. „Schulen für künstlerischen Tanz gehören künftig in den Topf der Musik- und Kunstschulen“, sagt er – für den klassischen Bereich ist das so festgelegt. „Wir sind genauso für die Bildung junger Menschen zuständig.“ Land und Ordnungsämter, hätten sich mit dieser Einordnung lange schwer getan. Das Land sei nun Vorreiter.
Es kann nicht sein, dass moderner und klassischer Tanz dahingehend unterschieden wird. Sie bereiten beide auf einen Beruf als Tänzer nur in verschiedenen Bereichen vor.Jaš Otrin / Geschäftsführer des Deutscher Berufsverband für Tanzpädagogik
Dass in Eisenmanns Schreiben lediglich Ballettschulen genannt sind, führt in der Branche zu Unmut. Einige Einrichtungen des modernen Tanzes wehren sich bereits.„Es kann nicht sein, dass moderner und klassischer Tanz dahingehend unterschieden wird. Sie bereiten beide auf einen Beruf als Tänzer vor, nur in verschiedenen Bereichen“, kritisiert Otrin. „Die Prinzipien sind identisch.“ Otrin sieht in der Zusage des Landes demnach auch eine Freigabe für berufsvorbereitenden Tanz abseits des Balletts.