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Rheinübergang bei Gambsheim

63 Meter langer Aluminiumkoloss fast vollendet

Die längste freischwebende Aluminiumbrücke auf dem französischen Festland entsteht derzeit in Gambsheim. Nur 800 Meter entfernt, am neu gestalteten Rheinübergang für Fußgänger und Radfahrer, schließt sie vom 5. Juni an entlang des Wasserkraftwerks zwischen Freistett und Gambsheim die verbliebene Lücke. Ein Ortsbesuch.

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VIEL PLATZ benötigt das 63 Meter lange Bauwerk aus Aluminium auf dem Betriebshof der Schlosserei „Atelier Sieffert“ im Gewerbegebiet von Gambsheim. Foto: Christian Schäfer

Die längste freischwebende Aluminiumbrücke auf dem französischen Festland entsteht derzeit in Gambsheim. Nur 800 Meter entfernt, am neu gestalteten Rheinübergang für Fußgänger und Radfahrer , schließt sie vom 5. Juni an entlang des Wasserkraftwerks zwischen Freistett und Gambsheim die verbliebene Lücke. Ein Ortsbesuch.

Mächtig glänzt der knapp 63 Meter lange Koloss aus Aluminium in der Vormittagssonne auf dem Betriebsgelände der Gambsheimer Schlosserei „Atelier Sieffert“. Doch der Schein trügt. Besonders bei Seniorchef Lucien Sieffert herrscht eine gewisse Unruhe, schier pausenlos rotiert er zwischen Büro und Hof hin und her, gibt hier und da Anweisungen an seine Arbeiter. „Wegen dem Wind können die Arbeiter nicht weiter schweißen“, beklagt Sieffert. Schließlich errichten seine Arbeiter einen provisorischen Windschutz mit einer blauen Kunststoffplane um ein Gerüst. Der windige, kühle Maitag durchkreuzt den Zeitplan jedoch nicht. Die zwölf Angestellten des Gambsheimer Schlossers sind seit einigen Tagen dabei, die Streben und Balken in der Mitte des Aluminiumbauwerks zu schweißen. Auch die bereits fertigen grauen Geländer liegen vor dem Eingang des Büros bereit. Hier entsteht der Lückenschluss des neu gestalteten Rheinübergangs von Freistett nach Gambsheim, eine Aluminiumbrücke, damit Fußgänger- und Radfahrer künftig fernab der stark befahrenen Straße das Becken vor dem Wasserkraftwerk überwinden können.

Kniffliger Schwertransport vom 4. auf den 5. Juni

„Das Projekt ist eine große logistische Herausforderung“, meint Marc Durr von der Departementsverwaltung im Gespräch mit bnn.de. Einer Zentimeterarbeit gleichbedeutend ist der Transport der 34 Tonnen schweren Brücke an ihren nur 800 Meter entfernten Bestimmungsort. Zunächst wird die Brücke auf die Zufahrt der Firma (Rue de la Navigation) gesetzt, dann wenige Meter rechts herum auf die Route de l'Ill. Auf dieser Departmentstraße geht es weiter bis zum Kreisverkehr der D2, jener Strecke von und nach Freistett. Der Abschnitt zwischen dem Kreisverkehr und der Fischtreppe wird in der Nacht vom 4. auf den 5. Juni von 22 Uhr an vollständig gesperrt, damit der Schwertransporter über die Schleusenbrücken zum Cerga-Kraftwerk vorfahren kann. Dort steht ein Kran bereit, der das Aluminiumbauwerk links und rechts des Kraftwerkbeckens am 5. Juni auf die Stützen hebt. Das Plateau für den Fahrbahnbelag ist auf dem Bauwerk bereits zu erkennen, ebenso die Halterungen für das Geländer. Den 210 Quadratmeter umfassende Belag aus Betonplatten setzen die Arbeiter demnächst ein. Immer wieder kontrollieren Experten mittels Ultraschalltechnik die bereits gesetzten Schweißnähte. Zwischen Plateau und Dach ist das Aluminiumbauwerk an seinen Enden drei Meter hoch, in der Mitte 4,5 Meter. Unter dem künftigen Belag ist ein Leerrohr für künftige Glasfaserverbindungen und elektrische Leitungen zur Fischtreppeninsel angebracht. Wie bei Brückenbauwerken üblich, ist auch die Aluminiumbrücke leicht gewölbt.

100 Jahre Lebensdauer

Am 28. Mai folgt auf dem Betriebsgelände der Schlosserei ein besonderer Test. Dann Marschieren mehrere Fußgänger im Gleichschritt auf der Brücke, um ihre Schwingungen zu messen. „Hier entscheidet sich, ob die Aluminiumbrücke in der Mitte Federungen erhält, um etwaige Schwingungen auszugleichen“, erklärt Durr. Bislang gehen die Ingenieure von einem Verzicht dieser Federn aus. Eigentlich seien Schwingungen nicht schlimm, doch für künftige Passanten durchaus unangenehm. Die Lebensdauer des Bauwerks schätzt die Départementverwaltung auf etwa 100 Jahre. „Selbstverständlich sind in der Zwischenzeit immer wieder Reparaturen und Sanierungsmaßnahmen, insbesondere der Betondecke notwendig“, stellt der Bauleiter klar. Kurioser und zugleich praktischer Zufall: Quasi direkt vor den Werkspforten der Aluminiumschlosserei Sieffert wird die dort konstruierte Brücke ihrer Bestimmung übergeben. So muss der Schwertransport lediglich 800 Meter zurücklegen. Sieffert ist spezialisiert auf die Konstruktion von Aluminiumstegen und -brücken für französische und deutsche Kommunen. Zuletzt fertigte das elsässische Unternehmen eine Fußgängerbrücke in Leipzig an. Auch die Schiffsanlegestellen an der Gambsheimer Schleuse stammen aus dieser Schlosserei. Ebenfalls fertigt sie Stege für Klärwerksbecken an.

Aluminiumbrücke kostet bis zu 1,1 Millionen Euro

In den vergangenen sechs Wochen wurden die Hälften der Brücke in der Gambsheimer Werkshalle vorgefertigt. Nun schweißen die Arbeiter beide Brückenteile auf dem Firmenhof zusammen. Das Projekt manifestiert die deutsch-französische Zusammenarbeit. So stellt das Freistetter Unternehmen Mediaco den Kran für das Einsetzen der Brücke. Den Schwertransport übernimmt das Unternehmen Gutmann aus Kehl-Goldscheuer. Das Singener Büro PML plante das Bauwerk. Zunächst war eine Brücke aus Stahlbeton vorgesehen, wie Marc Durr erklärt. Das Problem: diese Brücke wäre etwas günstiger gewesen, ihr Gewicht jedoch schwerer als ein Bauwerk aus Aluminium. „Bei einer schwereren Brücke aus Stahlbeton werden mehr Kleinteile benötigt“, weiß Durr. Zugleich soll die Brücke keine Pfeiler im Wasser haben, damit das Wasserkraftwerk zwecks Reparaturarbeiten an den Turbinen jederzeit zugänglich bleibt. So kann bei Bedarf ein Kran das Konstrukt beiseite heben. Damit wird die Aluminiumbrücke mit 63 Metern das längste, frei schwebende Bauwerk auf dem französischen Festland sein. Die Kosten der gesamten Neugestaltung des Rheinübergangs beziffern die deutschen und französischen Behörden auf zehn Millionen Euro. Davon entfallen etwa 1,1 Millionen Euro auf den Bau der Aluminiumbrücke.

Brücken-Stützen werden vorbereitet

„Den Kostenrahmen halten wir ein“, so Durr. Bauträger ist das Departement Bas-Rhin, das die französische Baufirma Demathieu Bard beauftragte. Diese realisierte bereits die vergangenes Jahr in dreimonatiger Rekordzeit realisierte Sanierung der Schleusenbrücken (bnn.de berichtete). Demathieu Bard setzt beim finalen Akt zur Neugestaltung des Rheinübergangs nun auf die Expertise der Gambsheimer Schlosserei. Unweit des Wasserkraftwerks bereiten Bauarbeiter die Stützen für die Aluminiumbrücke vor. Deutlich zu erkennen sind bereits die Betonverschalungen. Insgesamt sieben Tonnen Stahlbeton wurden dafür verarbeitet. Von dort wird ein neuer Radweg zum Parkplatz des Besucherzentrums der Fischtreppe gebaut, die Anlage selbst wird neu umzäunt. Dann ist das grenzüberschreitende, von Rheinau und Gambsheim forcierte Projekt nach 15 Jahren Planungs- und Bauzeit abgeschlossen.

Feierliche Eröffnung am 23. Juni

Ist die Aluminiumbrücke notwendig? Immerhin hat das anliegende Kraftwerk einen eigenen Übergang. „Aus Sicherheitsgründen ist dieser Steg für die Öffentlichkeit gesperrt, da es sich um ein Betriebsgelände des Kraftwerks handelt“, betont Durr. Turbinen müssten immer wieder gewartet werden, auch ist ein Kranfahrzeug des Kraftwerks mit einer Schiene in dem Bauwerk verankert. Am 23. Juni folgt die feierliche Übergabe des gesamten neu gestalteten Rad- und Fußgängerüberwegs zwischen der ehemaligen Zollstation bei Freistett und der Gambsheimer Schleusenanlage mit einem großen Fahrradfest. Zuvor feiern Rheinau und Gambsheim ihre Städtepartnerschaft am 22. Juni auf dem Parkplatz des Besucherzentrums der Fischtreppe – mitten auf der deutsch-französischen Grenze.

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