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Keine Belastung

Kommunen im Ortenaukreis beim Thema PFC gelassen

Durch die „Detektivarbeit“ des Landratsamtes in Rastatt wurden schon vor Monaten auf Ottersweier Äckern gesundheitsschädliche per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) nachgewiesen. Die räumliche Nähe von Ottersweier zu der nördlichen Ortenau wirft die Frage auf: Ist die Landkreisgrenze auch die Grenze der PFC-Belastung? Kreis und Gemeinden sehen derzeit keine Probleme.

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KEIN PFC AUF DEN ÄCKERN – das ist die gemeinsame Botschaft von Kreis und Kommunen bei einer Umfrage des Acher- und Bühler Botens. Die letzten Beprobungen durch das Offenburger Landratsamt stammen aus dem Jahr 2016. Foto: Deck

Ist die Landkreisgrenze auch die Grenze der PFC-Belastung? Seit Monaten ist bekannt, dass die gesundheitsschädlichen per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) auch auf Äckern in Ottersweier nachgewiesen wurden (der ABB berichtete) und man somit mehr als 560 Hektar belastete Flächen allein in Mittelbaden gefunden hat. Auch in Ottersweier war der PFC-Nachweis wieder einmal das Ergebnis der „Detektivarbeit“ des Landratsamtes in Rastatt. Die räumliche Nähe von Ottersweier zu der nördlichen Ortenau wirft allerdings die Frage auf, ob denn die Landkreisgrenze tatsächlich auch die Grenze der PFC-Verbreitung sein kann? Kreis und Gemeinden sehen derzeit keine Probleme.

+++ Update: Ende 2019 wurden schließlich doch erste PFC-Spuren in der Ortenau entdeckt . +++

Befragungen der Landwirte negativ

„Das Landratsamt Ortenaukreis hält mit dem Landratsamt Rastatt Kontakt. Dieses hat uns über die letzten Funde in Ottersweier informiert und uns auf die Möglichkeit der Verbringung PFC-belasteten Komposts nach Achern hingewiesen“, bestätigte Kai Hockenjos, der Pressesprecher des Landratsamtes in Offenburg. „Die wiederholten Befragungen von Landwirten durch das Landwirtschaftsamt über Aufbringungen im Zeitraum 2004 bis 2008 waren stets negativ. Im Ortenaukreis gibt es daher keine Hinweise auf die Aufbringung PFC-belasteten Komposts. Angesichts fehlender konkreter Anhaltspunkte wären auch neue Grundwasseruntersuchungen nicht zielführend“, so Hockenjos.

Entwarnung auch in Hinblick auf das Trinkwasser

Was die Frage von PFC im Ortenaukreis betreffe, verweist Hockenjos auch auf die Grundwasseruntersuchungen bei Wasserversorgungsanlagen, die im Zuge der landesweiten Kampagne 2014 und 2015 stattgefunden haben. Damals war das Wasser aus Quellen und Brunnen von 22 öffentlichen Wasserversorgern im Ortenaukreis auf PFC untersucht worden, die Ergebnisse waren negativ. Und auch für das Trinkwasser konnte Hockenjos Entwarnung geben.

Keine weiteren Untersuchungen in Planung

Allerdings gebe es auch im Ortenaukreis ein Kompostwerk, das Papierfaserstoffe und Reste aus der Zellstoffindustrie verarbeitet habe. Deshalb habe man 2014 auch sechs Bodenproben und 2016 vier Bodenproben von den wenigen landwirtschaftlichen Nutzflächen vorsorglich auf PFC untersucht, auf denen in den Jahren 1996 und 2005 Komposte des besagten Werkes aufgebracht wurden, bestätigte Hockenjos. „Mit Ausnahme einer Bodenprobe auf einer 2016 untersuchten Obstbaufläche wurde kein PFC nachgewiesen und die im Boden der Obstbaufläche festgestellten PFC-Gehalte liegen, gemessen an den bisher in Baden-Württemberg bekannten Daten zu PFC-belasteten landwirtschaftlichen Nutzflächen, nur auf einem vergleichsweise geringfügig erhöhten Niveau.“ Als Konsequenz seien deshalb seitens des Landratsamtes weitere Bodenuntersuchungen im Ortenaukreis derzeit nicht geplant.

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Auch das Wasser war bei Proben - hier ein Symbolbild - im Kreis Rastatt durch PFC-Belastungen aufgefallen. Foto: Patricia Klatt

Kommunen reagieren gelassen

Auch in den Kommunen reagiert man gelassen. „Aufgrund der jüngsten Presseberichte aus Ottersweier haben wir uns innerhalb der Verwaltung bereits darauf verständigt, mit dem Landratsamt Kontakt aufzunehmen“, erklärte Roland Mündel, der Bauamtsleiter der Stadt Rheinau. Der Zweckverband Gruppenwasserversorgung Hanauerland als Betreiber des Wasserwerkes Memprechtshofen habe auch bereits 2014 nach Bekanntwerden der PFC-Belastungen im Landkreis Rastatt das Trinkwasser untersucht, so Mündel. Die Untersuchungen hätten seinerzeit ergeben, dass die Messwerte weit unterhalb des allgemeinen Vorsorgewertes des Umweltbundesamtes liegen würden.

Trinkwasser in Sasbach seit 2015 regelmäßig untersucht

Auch in Sasbach liegt das Augenmerk auf dem Trinkwasser. Seit Mai 2015 werde es auf PFC untersucht, das letzte Mal im September 2017. Noch nie seien Spuren von PFC gefunden worden, man werde aber auch in diesem Jahr im September 2018 wieder eine Untersuchung beauftragen, erklärte Sasbachs Bürgermeister Gregor Bühler. Man sei froh, dass das Einzugsgebiet für das Trinkwasser von der Hornisgrinde her- komme, so Bühler. Auf die Frage nach einer möglichen Kompostaufbringung erklärte Bühler: „soweit ich informiert bin, wurde in der Vergangenheit nicht bei den Landwirten nachgefragt“.

Hier wurden mit Sicherheit kein Klärschlamm und Kompost ausgefahren.

Auch sein Kollege Oliver Rastetter aus Lauf zeigt sich eher gelassen. Die dortige Wasserversorgung „fußt auf Gebirgsquellen, die sich vornehmlich in der Höhe und somit im Wald befinden. Hier wurden mit Sicherheit kein Klärschlamm und Kompost ausgefahren“, so Rastetter. Gleiches gelte für den Obst- und Weinanbau, der in Lauf stark vertreten sei.

Keine PFC-spezifischen Auffälligkeiten in Achern

Auch aus Achern kommt Entwarnung, man hat dort „in den vergangenen Jahren mehrfach Trinkwasserbrunnen beproben lassen, wobei keine PFC-spezifischen Auffälligkeiten festgestellt wurden“, bestätigte Karin Bürk von der Stadtverwaltung dem ABB. Man habe keine Kenntnisse und keine Hinweise, ob überhaupt oder gegebenenfalls wo Papierschlamm-Kompost auf Flächen auf Acherner Gemarkung aufgebracht worden sei. Eine entsprechende Befragung von Grundstücksbewirtschaftern erscheine wenig zielführend, da der Personenkreis derer, die auf der Gemarkung Achern landwirtschaftliche Flächen bewirtschaften, nicht bestimmbar sei. „Darüber hinaus erscheint es angesichts der laufenden Berichterstattung zu möglichen Ursachen der im Landkreis Rastatt festgestellten Belastungen zumindest fraglich, ob Befragungsergebnisse eine verifizierbare und belastbare Datengrundlage bieten können“, so Bürk.

Seit nunmehr fünf Jahren untersucht man die Belastung von mittlerweile 560 Hektar Boden, von Wasser und Feldfrüchten mit den diversen gesundheitsschädlichen per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) im Landkreis Rastatt. Auch im Mannheimer Raum sind 200 Hektar belastet und nördlich von Karlsruhe fand man ebenfalls PFC auf sechs Äckern. Ein Komposthändler hatte mutmaßlich mit PFC belastete Papierschlämme mit Kompost vermischt und an interessierte Landwirte verschenkt. Mit dem Gemisch gelangten die Chemikalien möglicherweise seit Mitte der 2000er bis 2008 auf die Äcker und von dort aus jahrelang unerkannt in das Wasser, in die Pflanzen und somit letztendlich auch in die Nahrungskette. Umfangreiche Untersuchungen, Gegenmaßnahmen und Kontrollen sind angelaufen, die die öffentliche Hand bislang mehr als sechs Millionen Euro gekostet haben, die juristische Aufarbeitung des Ganzen dauert an. Ausführliche Informationen zu PFC in Mittelbaden finden sich hier .

Von unserer Mitarbeiterin Patricia Klatt

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