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Suche nach PFC-Belastung

Verschlungene Wege zur Wahrheit

Wie wahrscheinlich ist es, dass die Bodenbelastung mit PFC ausgerechnet an der Grenze zum Ortenaukreis endet? Die Recherche dieser Frage erweist sich als kompliziert, weil die Zusammenhänge kompliziert sind. Doch klar ist: In der Ortenau hat man bei weiten nicht so genau hingesehen wie im nördlich davon gelegenen Landkreis Rastatt.

Mit Papierschlämmen belasteter Kompost hat mutmaßlich zur PFC-Kontamination im Landkreis Rastatt geführt. Ob auch die Ortenau betroffen ist – hier ein Stapel Altpapier – das ist unklar.
Mit Papierschlämmen belasteter Kompost hat mutmaßlich zur PFC-Kontamination im Landkreis Rastatt geführt. Ob auch die Ortenau betroffen ist – hier ein Stapel Altpapier – das ist unklar. Foto: red

Von Patricia Klatt

Wie wahrscheinlich ist es, dass die Bodenbelastung mit PFC ausgerechnet an der Grenze zum Ortenaukreis endet? Die Recherche dieser Frage erweist sich als kompliziert, weil die Zusammenhänge kompliziert ist. Doch klar ist: In der Ortenau hat man bei weiten nicht so genau hingesehen wie im nördlich davon gelegenen Landkreis Rastatt.

„Im Ortenaukreis gibt es keine Hinweise auf die Aufbringung PFC-belasteten Komposts“. Dies versicherte Kai Hockenjos, der Pressesprecher des Landratsamtes, wie seinerzeit berichtet bereits im August auf Anfrage. Allerdings wurden auch in der Ortenau Papierschlämme von einer der acht gewerblichen Kompostierungsanlagen angenommen, wie Recherchen dieser Zeitung ergaben.

Keine Verarbeitung von Rückständen

In der damaligen Genehmigung des Kompostwerks war unter anderem auch Faserstoff, also Reststoff, der bei der Holz- und Zellstoffherstellung anfällt, zur Kompostierung zugelassen. Rückstände aus der Altpapieraufbereitung durften jedoch nicht angenommen oder verarbeitet werden, einem hiergegen eingelegten Widerspruch wurde nicht stattgegeben.

Fünf Papierfabriken

Die Antworten auf die Frage, welche Papierfabriken denn an dieses Werk geliefert hätten, ließen aufgrund unklarer Zuständigkeiten zwischen Landratsamt, Regierungspräsidium Freiburg und der Stabsstelle PFC in Karlsruhe auf sich warten. Erst nach zwei Monaten war dann klar, dass besagtes Kompostwerk gleich von fünf verschiedenen Papierfabriken beliefert wurde.

Unser Amt hat dazu keine Kenntnisse.

Nach Informationen, die den BNN vorliegen, stehen vier dieser Firmen auch auf der Liste derjenigen, die den Komposthändler in Mittelbaden belieferten, eine Tatsache, die dem Landratsamt nicht bekannt ist: „unser Amt hat dazu aber definitiv keine Kenntnisse“, so Hockenjos. In Mittelbaden sind mittlerweile mehr als 640 Hektar mit PFC belastet.

PFC im Boden

Nach bisherigen Erkenntnissen sind dort diese gesundheitsschädlichen per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) maßgeblich über verunreinigte Papierschlamm-Kompostgemische zwischen den Jahren 2000 und 2008 in den Boden gelangt.

30 Tonnen Kompost pro Hektar

Es mag ein Zufall sein, dass in der Ortenau die Verarbeitung von Papierschlämmen im September 2000 gestoppt wurde, lediglich im Jahr 2005 gab es eine kurzzeitige Ausnahme. Bis dahin wurden aber vom Ortenauer Kompostwerk rund 24 000 Tonnen im Jahr 1995, circa 13 800 Tonnen in 1996 sowie 4 300 und 12 700 Tonnen in den Jahren 1997 und 1998 angenommen. Wenn man bedenkt, dass 30 Tonnen Kompost pro Hektar bezogen auf drei Jahre aufgebracht werden dürfen, kann man sich ausrechnen, wie viel Hektar möglicherweise mit einem Papierschlamm-Kompostgemisch beaufschlagt wurden.

Nicht mit Sicherheit bestätigt.

Seit September 2000 habe die Betreiberin aber dann generell auf den Einsatz von Papierschlämmen verzichtet, so Markus Adler, der Pressesprecher des Regierungspräsidiums Freiburg. Was genau denn alles wirklich angenommen wurde, scheint aber nicht mehr genau nachvollziehbar oder auch widersprüchlich zu sein. So durften zwar keine Altpapierschlämme angenommen werden, aber „eine der Papierfabriken, die im Jahr 1996 das Kompostwerk belieferte, setzt seit vielen Jahren Altpapier ein. Ob dies auch bei diesen Lieferungen der Fall war, kann heute nicht mehr mit Sicherheit bestätigt oder ausgeschlossen werden“, so Adler.

Offene Fragen

Auch hat eine Papierfabrik das Kompostwerk beliefert, von der bekannt ist, dass sie zumindest zwischen 2002 und 2008 Phobiermittel (PFC-haltige Chemikalien zur Papierbehandlung) eingesetzt und die Papierschlämme über insgesamt 22 verschiedene Anlagen entsorgt hat. Wo genau die Komposte ausgebracht wurden, kann aus den vorliegenden Informationen nicht nachvollzogen werden, so das Umweltministerium. Ob diese Papierfabrik auch vor 2002 bereits die PFC-haltigen Mittel bei der Papierverarbeitung eingesetzt und damit belastete Papierschlämme auch in die Ortenau geliefert hat, wurde bislang von Niemandem abgefragt.

Bodenproben waren negativ

Es gibt also durchaus offene Fragen in Sachen PFC, obwohl das Landratsamt im Boden und Grundwasser bisher keine nennenswerten PFC-Belastungen gefunden hat. 2014 wurden sechs Bodenproben und 2016 vier Bodenproben von kompostbeaufschlagten Flächen vorsorglich untersucht, ebenso wie das Wasser aus Quellen und Brunnen von 22 öffentlichen Wasserversorgern, die Ergebnisse waren negativ, so Hockenjos im August gegenüber den BNN. Zum Vergleich: In Mittelbaden wurden bisher 4 200 Wasser- und 4 000 Bodenproben untersucht.

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