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Hilfe in Corona-Zeiten

Baden-Baden: Psychologische Beratungsstelle bietet Gespräche per Videochat

Viele Menschen bringt das Coronavirus an ihre psychischen Grenzen. Persönliche Gespräche können aber im Moment nicht stattfinden. Deshalb bietet die Psychologische Beratungsstelle in Baden-Baden jetzt soziale Nähe mit räumlicher Distanz an: Beratung per Videochat.

Soziale Nähe trotz räumlicher Distanz: Pamela McCann und ihr psychologisches Beratungsteam bieten Gespräche per Videochat an.
Soziale Nähe trotz räumlicher Distanz: Pamela McCann und ihr psychologisches Beratungsteam bieten Gespräche per Videochat an. Foto: Müller

Die Bedrohung durch das Coronavirus beschäftigt die Menschen. Die Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung und die Angst vor einer Ansteckung sorgen für Stress. Das bemerkt auch Pamela McCann, Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Baden-Baden. Da die persönliche Beratung seit Mitte März nicht mehr stattfinden kann, haben sie und ihre Mitarbeiter sich umgestellt und bieten jetzt Hilfe über Telefon und Videochat an.

Ratsuchende kommen mit verschiedenen Anliegen zu McCann und ihrem Team, das Spektrum ist breit. Häufig geht es um Selbstwertproblematiken, Konflikte am Arbeitsplatz, in der Beziehung oder der Familie. „Die Menschen fühlen sich oft nicht wohl in ihrer Lebenssituation“, erklärt McCann. Zur Zeit melden sich die Klienten zwar weiter mit den gängigen Anliegen, „aber Corona schwingt überall im Hintergrund mit“, sagt sie. „Ratsuchende kämpfen mit dieser Situation.“

Durch die Pandemie werden die Grundbedürfnisse nach Sicherheit und Kontrolle nicht mehr erfüllt

„Die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen sind eine große Herausforderung. In wenigen Tagen hat sich der Alltag der Menschen komplett verändert, ohne dass wir die Möglichkeit hatten, uns darauf einzustellen“, sagt die Leiterin der Beratungsstelle.

„Das ist eine ganz neue Situation, zum Umgang damit haben wir keine Lebenserfahrung. Menschen sind unterschiedlich, manche sehen das Ganze als Herausforderung, andere als Gefahr. Wir wollen in einer Welt leben, die sicher und unter Kontrolle ist. Wenn diese Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden, löst das Unsicherheit und Angst aus. Vor der Ansteckung, Ängste finanzieller Art, Zukunftsängste, aber auch Ohnmachtsgefühle“, erläutert McCann.

Der Umgang mit dem Virus beschäftigt viele eher unbewusst, zum Beispiel wegen der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen, sagt McCann und nennt als Beispiel eine Frau, deren Mutter in einem Altersheim lebt. Die Maßnahmen, die dort wegen des Coronavirus ergriffen werden mussten, erlebten die Bewohner als sehr einschneidend.

Die Ratsuchende konnte ihre Mutter beim Besuch nur noch durch eine Glasscheibe sprechen. „In der Beratung ging es dann um die Gefühle, die das bei ihr ausgelöst hatte, zum Beispiel die Ohnmacht“, sagt McCann.

Durch das dichte Zusammenleben kommt es zu Spannungen

Vor allem für Eltern und Familien ist die gegenwärtige Situation schwierig, meint sie: „Wenn wir dicht aufeinander leben und nicht für einen Ausgleich sorgen, kann man leicht in eine negative Spirale und eine Eskalation gelangen. Alltägliche kleine Spannungen verschärfen sich dann.“

Unter ihren Fällen gab es glücklicherweise noch keine solchen Eskalationen. Trotzdem wird sie genau für diese Thematik in ihren kommenden Sitzungen sehr aufmerksam sein und bei kleinen Anzeichen hellhörig werden.

Menschen, die derzeit in solche Probleme haben, fordert McCann auf, sich unbedingt zu melden. „Keiner muss mit dieser Situation alleine klar kommen.“ Sie weiß, dass oft schon das erste Gespräch zu einer deutlichen Entlastung des Ratsuchenden führt. Wenn dieser sich ernst genommen fühlt und merkt, dass er eben nicht allein ist und es anderen genauso geht.

Beratungen finden jetzt telefonisch und über Videochat statt

Seit dem 16. März haben McCann und ihre Kollegen alle persönlichen Beratungsgespräche wegen des Coronavirus eingestellt. Die finden jetzt nur noch telefonisch und neuerdings auch per Videochat statt. „Das nennt sich Blended Counseling und steht für die Integration von verschiedenen Beratungsarten“, erklärt die Leiterin.

„Wir versuchen, auf diesem Weg der heutigen Lebensrealität der Menschen gerecht zu werden. Wir können damit auch für Ratsuchende da sein, wenn sie nicht vor Ort sind und damit die Beratung aufrecht erhalten.“ McCann hält das für eine Chance, die die Corona-Krise mit sich bringt: Dass dieser Prozess sich jetzt in vielen Bereichen beschleunigt.

Natürlich soll die Videoberatung keinen gänzlichen Ersatz für ein persönliches Gespräch darstellen, sondern lediglich eine Alternative. Doch für die Klienten, die derzeit keine Telefonberatung wollen und trotzdem nicht auf ein Gespräch verzichten möchten, könnte es eine Option sein, denkt McCann.

Soziale Nähe trotz räumlicher Distanz

„Der Vorteil dabei ist, dass Mimik und Gestik sichtbar sind“, sagt sie. Das schafft soziale Nähe. Trotzdem muss McCann im Gegensatz zum direkten Gespräch ein bisschen aufmerksamer sein, da die Körpersprache nicht komplett wahrnehmbar ist.

Das bedeutet für sie: Immer wieder austesten und nachfragen, wie sich das Gegenüber fühlt und viel mehr spiegeln ob sie richtig verstanden und wahrgenommen hat. Zu den normalen Einzelberatungen boten

McCann und ihr Team in der Karwoche zum ersten Mal die Möglichkeit einer virtuellen Gruppensitzung mit dem Corona-Thema „Virtueller Austausch in Zeiten sozialer Isolation und Quarantäne“. Auch am Freitag, den 17. April, von 14 bis 16 Uhr wird es dieses Angebot wieder geben.

Die Leiterin ist weiterhin aus ihrem Büro am Marktplatz tätig, drei weitere psychologische Fachkräfte führen die Gespräche aus dem Homeoffice. „Potenzielle Ratsuchende müssen sich aber darauf einlassen“, betont McCann, weil sie weiß, dass nicht alle mit der neuen Art der Beratung klarkommen.

Freie Kapazitäten für Beratungen

Etwa 50 Prozent nehmen das neue Angebot an, der Rest will lieber warten, bis persönliche Beratungen wieder möglich sind. Das führt dazu, dass aktuell mehr Kapazitäten für neue Beratungen frei sind:  „Normalerweise haben wir sehr viel zu tun und haben eine Warteliste. Das ist im Moment nicht mehr so.“

Die Beratungsstelle ist zu den gewohnten Zeiten telefonisch und per E-Mail erreichbar. Auf der Internetseite haben McCann und ihr Team außerdem verschiedene Anregungen zur Förderung der psychischen Gesundheit in Corona-Zeiten zusammengestellt.

Kontakt

Die Psychologische Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Baden-Baden ist telefonisch erreichbar unter (0 72 21) 2 20 00 und über ihre Internetseite .

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