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Mit Baden-Baden eng verbunden

Bernhard Prinz von Baden im Gespräch: "Nur zu sagen, ich finde Baden toll, das reicht nicht"

Kinder sind bisweilen enttäuscht, wenn sie bei einer Begegnung mit Bernhard Prinz von Baden weder üppigen Schmuck noch eine Krone bei ihm entdecken. Der Spross der Fürstenfamilie geht damit gelassen um, wie er im BNN-Interview erzählt. So oft passiere das aber nicht.

Bernhard Prinz von Baden empfängt den BNN-Besuch in der Markgräflich Badischen Verwaltung in Schloss Salem.
Bernhard Prinz von Baden empfängt den BNN-Besuch in der Markgräflich Badischen Verwaltung in Schloss Salem. Foto: None

Die Verbindung des Hauses Baden-Baden mit Baden-Baden besteht seit über 900 Jahrhunderten. Was sie ausmacht und warum sich Bernhard Prinz von Baden als Schirmherr für die Sanierung der Stiftskirche in der Bäderstadt engagiert, erklärt der Prinz im Gespräch.

Es kommt vor, dass Kinder enttäuscht sind, wenn sie Bernhard Prinz von Baden treffen - schließlich tritt der Adelige ganz ohne Krone und sonstigen Prunk auf. „Kinder sind da völlig unbefangen“, sagt der 49-Jährige und nimmt´s locker. Im Gespräch mit BNN-Redakteur Bernd Kamleitner erzählt der Prinz, welchen Stellenwert Baden-Baden für ihn hat, was er mit den Ländereien der Familie plant - und was ihm badische Heimatverbundenheit bedeutet.

Was verbinden Sie ganz persönlich mit dem Stichwort Baden-Baden?

Bernhard Prinz von Baden: Die Stadt stellt die Namensgeberin für meine Familie dar. Das ist etwas Außergewöhnliches und schon seit über 900 Jahren so und verbindet mich mit dieser Stadt ganz besonders.

Wie oft sind Sie in Baden-Baden?

Regelmäßig! Vor allem, wenn es darauf ankommt. Etwa bei Sitzungen des Kuratoriums der Kulturstiftung des Festspielhauses. Im vergangenen Jahr war ich außerdem zum Beispiel im Zusammenhang mit der Welterbe-Bewerbung mit Oberbürgermeisterin Margret Mergen bei einem Termin in London. Wenn Sie so wollen: Ich fühle mich als Baden-Badener.

Bei der Bambi-Verleihung im November im Festspielhaus waren Sie auch dabei. Wie haben Sie die Veranstaltung erlebt?

Es war für mich eine Premiere. Von Gästen, die öfter oder fast immer hingehen, habe ich gehört, dass sie vom familiären Charakter und dem besonderen Flair in Baden-Baden begeistert waren. Das ist das, was man an der Oos immer spürt: Die Stadt hat eine intime Wirkung auf die Gäste. Dadurch entsteht eine besondere Stimmung.

 

Diese besondere Stimmung wäre sicher auch bei den Osterfestspielen zu spüren gewesen, die wegen Corona abgesagt wurden. Sie wären unter normalen Umständen sicher dabei gewesen, oder?

Ich hatte in diesem Jahr im Festspielhaus bereits einen tollen Beethoven-Abend. Grandios! Das Festspielhaus ist ein besonderes Geschenk mit einem einzigartigen Programm. Jetzt haben wir ernste Corona-Sorgen. Wir müssen konsequent handeln, um eine rasante Ausbreitung möglichst zu strecken. Das ist sehr wichtig und betrifft eben leider auch den Kulturbereich.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in Baden-Baden?

Wenn ich Ruhe suche, gehe ich gerne in der Lichtenthaler Allee spazieren – das ist schon ein herrlicher Ort mit den wunderbaren alten Bäumen, dem Rauschen der Blätter. Wenn man, wie ich, vom Bodensee kommt, und die Allee im Frühjahr schon zwei Wochen früher blühend erlebt, da geht einem einfach das Herz auf.

Ein neues Schmuckstück soll nach der Sanierung die Stiftskirche werden. Was hat sie bewogen, sich für das Projekt als Schirmherr zur Verfügung zu stellen?  

Die Stiftskirche ist ein ganz wichtiges Monument meiner Familiengeschichte und ein ganz wichtiges Monument der Stadt- und der Landesgeschichte. Das muss gepflegt werden und einem etwas wert sein. Dafür muss jeder einen Beitrag leisten. Da bin ich selbstverständlich dabei und fühle mich in der Pflicht und in der Verantwortung. Ich verbinde damit natürlich die Hoffnung, dass das vorbildhaft wirkt und viele Baden-Badener dabei mitmachen, die Kirche gemeinsam zu erhalten. Sie sind vom Geläut der Glocken und von der täglichen Ansicht der Kirche geprägt – unabhängig davon, ob man nun regelmäßiger Kirchgänger ist oder nicht und unabhängig von der Religionszugehörigkeit.

 

Die sanierte Stiftskirche könnte den Marktplatz mehr in den Blickpunkt rücken...

Dafür ist das sicher ein Impuls. Der Marktplatz auf dem Florentinerberg ist eben nicht ganz ohne Mühe erreichbar. Aber jeder Charme hat seinen Preis. Um so wichtiger ist es, dass wir Vorhaben wie die Sanierung als Bürgerpflicht erkennen. Da müssen wir uns alle zusammen engagieren und einen Beitrag leisten: auch als Spender!

 

Ist Ihnen ein Gegenstand, ein Kunstwerk in der Kirche besonders ans Herz gewachsen?

Die Stiftskirche ist voll mit Bezugspunkten zu meiner Familiengeschichte. Ganz herausragend ist natürlich der Epitaph von Markgraf Ludwig Wilhelm, dem so genannten Türkenlouis, aber auch die Grabmale anderer Markgrafen. Wenn man sich das in der Kirche anschaut, ist man der Geschichte nahe. Zu Ludwig Wilhelm habe ich eine ganz besondere Beziehung, schließlich musste ich in meinem bisherigen Leben auch schon einige Schlachten schlagen, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Sein Motto: „ Die beherzte Kraft bezwingt das Schwierige“ ist auch mein Wahlspruch.

 

Die Stiftskirche könnte zu einem neuen Treffpunkt für die Menschen werden, nicht nur bei Gottesdiensten, sondern bei Konzerten oder anderen Veranstaltungen.

Kirchen sind als Mittelpunkt unserer Gesellschaft gebaut worden. Jetzt müssen wir schauen, dass wir solche für uns wichtige Bauten im Zentrum erhalten können. Das ist eine große und wichtige Aufgabe.

Wie ist Ihre Beziehung zum Kloster Lichtenthal?

Die Beziehung zum Kloster geht viel weiter als nur die zu einem Gebäude. Mit den Nonnen vom Kloster sind wir seit über 25 Generationen tatsächlich verbunden. Es gibt unter den Nonnen immer eine Schwester Irmengard, nach der damaligen Stifterin Markgräfin Irmengard von Baden. Ich war schon als kleiner Bub im Kloster, meine Kinder waren es auch von klein an. So geht das über all die 775 Jahre in der Geschichte zurück. So eine ungebrochene Tradition ist etwas ganz Seltenes. Es freut mich sehr, dass das den Schwestern im Kloster und meiner Familie so bewusst ist und gelebt wird. Dafür bin ich dankbar.

Es gibt immer weniger Nonnen. Sorgen Sie sich um die Zukunft des Klosters?

Die Nonnen haben schon vieles erlebt, den 30-jährigen Krieg, Weltkriege oder Krankheiten wie die Pest. Sie haben existentielle Bedrohungen erduldet und überstanden. Sie haben das Kloster bewahrt. Ich bin zuversichtlich, dass das weiter geht.

Historische Gemäuer habe eine besondere Ausstrahlung. Wie wirken solche Räume auf Sie – ist das etwas Selbstverständliches?

Wenn man sich mit solchen Dingen beschäftigt, entwickelt man eine große Sensibilität dafür. Es ist keineswegs so, dass man da etwa abstumpft, nein, im Gegenteil: Das wächst einem ans Herz. Ich will noch mehr darüber wissen und mit noch mehr Wissen entstehen noch mehr Fragen. Ich denke, dass ich mir allein durch meine Tätigkeit mit Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen diesbezüglich einen großen Wissensschatz aneignen konnte.

Ehemalige markgräfliche Immobilien wie Schloss Eberstein haben eine neue Nutzung gefunden. Wie bewerten Sie die Entwicklung?

Schloss Eberstein liegt mir immer noch am Herzen. Ich verbinde viele gute Erinnerungen damit. Ich freue mich sehr, dass es in guten Bahnen läuft und sich positiv entwickelt. Das ist mir sehr wichtig. Wenn Sie unsere über 900-jährige Familiengeschichte betrachten, werden Sie sehen, dass sich unser Selbstverständnis aber nicht an irgendeinem Haus festmacht. In wie vielen Gebäuden, Schlössern und Burgen meine Familie am Oberrhein gewohnt hat, dass kann ich hier gar nicht aufzählen. Persönliche Erfahrungen und Verbindungen mit einem Gebäude sind das eine, das andere ist die lange Familientradition. Das hat aber unterschiedliche Gewichtungen.

Verfolgen Sie das Geschehen um das Neue Schloss in Baden-Baden – das geplante Luxushotel droht zu scheitern?

Das Neue Schloss liegt mir ebenfalls sehr am Herzen. Ich hoffe, dass es dort zu guten Lösungen kommt. Als Alteigentürmer halte ich mich aber zurück, die Lage zu beurteilen. Ich hoffe aber, wie gesagt, dass es sich in eine gute Richtung entwickelt.

Zum Thema: Überraschende Wende beim neuen Schloss: Kommt ein neuer Bauantrag?  

Kinder sollen enttäuscht sein, wenn sie Ihnen begegnen, weil sie ohne Prunk wie ein ganz normaler Mensch daherkommen. Wie gehen Sie damit um?

Gelassen! Kinder sind da völlig unbefangen. So oft passiert das aber gar nicht.

Spüren Sie bei Menschen, denen Sie begegnen, bisweilen eine Unsicherheit etwa in Bezug auf die korrekte Anrede?

Das kommt schon mal vor, vor allem im Vorfeld. Diese Unsicherheit ist eher erwachsenentypisch (lacht). Im persönlichen Gespräch sind Vorurteile oder Unwissenheit aber schnell ausgeräumt und kein Thema mehr. Ich leide nicht darunter und glaube auch nicht, dass andere darunter leiden, dass mein Name etwas komplizierter ist.

Sie führen die Geschäfte des Hauses Baden. Wie läuft Ihr Alltag?

Meine Aufgabe besteht darin, unser Familienunternehmen in die Zukunft zu entwickeln, also nach vorne schauen und sehen, mit welchen Herausforderungen wir uns auseinandersetzen. Unsere große Aufgabe ist aktuell die Umstellung unserer Landschaft auf den ökologischen Betrieb. Wir betreiben regenerative Landwirtschaft. Das ist ein tolles Projekt! Dadurch sieht mein Alltag sehr bunt aus. Sie müssen ein Team aufbauen, die Technik und die gesamte Philosophie ändern. Wir müssen mutig neue Wege gehen und hinnehmen, dass die ersten Jahre vielleicht ruppig werden. Wir sammeln neue Erfahrungen und nehmen in Kauf, dass man mal auf die Nase fällt: Das ist Unternehmertum! Ich bin dabei der Impulsgeber – und Unternehmer mit Leidenschaft.

 

Ist der Job leichter oder schwieriger geworden?

Ich glaube, wir haben in den vergangenen Jahren unsere Hausaufgaben richtig gemacht und sind gut aufgestellt. So habe ich heute die Freiräume, Chancen zu nutzen. Gerade im ökologischen Landbau sehe ich erhebliche Chancen. Ich habe meinen Besitz geerbt und möchte den meinen Kindern weitergeben. Einen gesunden Betrieb mit gesunden Böden, der in der Gesellschaft Anerkennung findet, kann ich mit gutem Gewissen der nächsten Generation vermachen.

Wie läuft es beim Weinbau, einem weiteren Schwerpunkt?

Beim Weinbau geht es wieder um ganz andere Fragen, etwa um Marketing und den sich verändernden Markt: Der Konsument kauft immer mehr in Supermärkten ein, die Struktur des Lebensmitteleinzelhandels ist in Deutschland sehr konzentriert. Für den Weinbau ist das eine Riesenherausforderung. Mit dem Vertriebs-Joint-Venture mit Rotkäppchen/Mumm haben wir neue Produkte im Markt platziert. Unsere Marke 1112 ist im Lebensmitteleinzelhandel sehr erfolgreich. Es geht darum, wie ich mich strategisch aufstelle. Wenn ich Chancen erkenne, dann kann ich sie nutzen. Im übrigen besteht mit der Marke 1112 ein direkter Bezug zu Baden-Baden: Im Jahr 1112 haben sich meine Vorfahren erstmals nach dem Ort benannt.

Ihr Vater hat Ihnen die Verantwortung schon vor vielen Jahren übertragen. Hat er hin und wieder noch Tipps oder Ratschläge parat?

Mein Vater wird bald jetzt 87 Jahre alt. Wir tauschen uns natürlich aus. Über die Umstellung auf biologische Landwirtschaft hat er schon vor Jahrzehnten gesprochen. Im Alter freute es ihn, zu sehen, dass es damit gut vorangeht.

Wie erleben sie die badische Identität – auch als sehr ausgeprägt?

Für mich ist das etwas sehr Positives. Ich bin ein optimistischer Mensch, auch in Bezug auf die Globalisierung. Das hat alles viele gute Seiten, auch wenn wir aktuell mit der Corona-Krise eine Kehrseite der Globalisierung erfahren. Wir kommen damit besser zurecht, wenn wir verwurzelt sind. Die Verwurzelung muss uns was wert sein. Dass viele Badener diese tiefe Verbundenheit mit ihrer Heimat spüren, ist extrem wertvoll, gerade in schwierigen Zeiten. Wenn ich etwas liebe und mich damit verbunden fühle, dann pflege ich das und gehe damit besser um. Wenn jemand die Stiftskirche liebt, wird er die Wände nicht mit Graffiti besprühen. Wer seine Umwelt liebt, wirft weniger Müll in die Ecke. Deswegen freue ich mich über jede Form von Heimatverbundenheit. Wenn jemand das mit dem Hissen einer gelb-rot-gelben Fahne zum Ausdruck bringt, dann ist das schön. Die Farben gefallen mir übrigens auch (lacht).

Wenn sie diesbezüglich einen Wunsch äußern dürften, was wäre das?

Wir sollten der Heimatverbundenheit Taten folgen lassen. Nur zu sagen, ich finde Baden toll, das reicht nicht. Wir müssen alle etwas dafür tun. Jeder hat eine Chance. Die hat nichts mit der Größe des Portemonnaies oder des Einflusses zu tun. Unsere Gesellschaft, unser Gemeinwesen leben vom Engagement der einzelnen Glieder. Das muss man einfordern. Es gibt für jeden Lebensbereich Ansatzpunkte, in denen ich mich einbringen kann. Es gibt so viele Menschen, die sich engagieren, wie man gerade aktuell an so vielen Stellen beobachten kann. Das ist doch großartig und stimmt einen zuversichtlich.

Gönnen Sie sich zum Feierabend auch mal ein gutes Gläschen Wein?

Aber ja, selbstverständlich genieße ich am Abend mit meiner Frau oder in Gesellschaft gerne ein Glas Wein.

Die Glocken der Stiftskirche Baden-Baden sollen an diesem Sonntag, 22. März 2020, um 17 Uhr noch einmal in ihrer ganzen Klangfülle ertönen. Danach muss das Geläut für die Zeit der Sanierung der historischen Immobilie stumm bleiben. Ein ursprünglich vor dem Abschiedsläuten geplantes Benefizkonzert mit geistlicher, klassischer und moderner Musik des Musikvereins Lichtenthal fällt dagegen – wie so viele Veranstaltungen in diesen Tagen – wegen des Coronavirus aus. So sieht der Zeitplan aus: 17 Uhr: Christkönig, 17.10 Uhr: Taufgeläut, 17.20 Uhr: Plenum .  

 

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