Die Baustelle ist rund 100 Meter lang, bis zu 50 Meter breit und bis zu 18 Meter hoch: einfach gewaltig! In der Innenstadt an der Luisenstraße in Baden-Baden und gegenüber der historischen Trinkhalle ist die eingerüstete Immobilie wirklich nicht zu übersehen.
Doch der Umbau des Europäischen Hofs zu einem Luxushotel hat sich vor Weihnachten zu einem Sorgenkind entwickelt, weil dem Betreiber das Geld ausgegangen war. Jetzt gibt es Hoffnung, dass ein Investor das Projekt fortsetzt.
Auch interessant:Manche Betrachter rätseln darüber, was die seit Wochen ruhende Baustelle täglich an Kosten verursacht. Einer, der es wissen muss, nennt den Betrag „überschaubar“. Christopher Seagon, der generalbevollmächtigte Eigenverwalter, Partner der Kanzlei Wellensiek in Heidelberg, kennt im Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung, so der Fachjargon, alle wichtigen Zahlen.
Aber der Fachanwalt für Insolvenzrecht lässt sich auch auf mehrmaliges Nachfragen zum ins Stocken geratenen Millionenprojekt nicht eine Zahl entlocken. Zumindest keine, die mit Euro-Beträgen zu beziffern wäre. Also dann zum Baustand: Etwa 65 Prozent des Gesamtbauvolumens seien auf der Baustelle in exponierter Lage Baden-Badens ausgeführt, lässt er durchblicken.
Noch im ersten Quartal soll ein neuer Geldgeber präsentiert werden
Um in das Hotelprojekt einzusteigen, sei kein dreistelliger Millionenbetrag erforderlich. Sollte ein Investor zusagen, rechnet Siegen mit zwölf bis 18 Monaten, bis das geplante Luxushotel in Betrieb gehen könnte. Er hat dabei ein ambitioniertes Ziel: Noch im 1. Quartal soll der neue Geldgeber gefunden sein. Die Abstimmung mit der Stadt sei zudem gut. Was die Verwaltung in der Angelegenheit tun könne, tue sie, lobt Seagon das Rathaus.
Der ursprünglich Bauzeitenplan, der neben vielen Werkplänen noch im Baubüro auf der Europ-Baustelle hängt, ist natürlich längst überholt. Der Anwalt glaubt aber daran, dass das Projekt vollendet werden wird. Baden-Baden sei schließlich eine „attraktive Hochfrequenzstadt“.
Verwalter will keine Bauruine hinterlassen
Eine Bauruine wolle er auf keinen Fall hinterlassen. Das wäre auch der Schlimmste aller anzunehmenden Fälle für die Bäderstadt. Die Interessenten, die bislang angeklopft haben, bezeichnet der Fachanwalt als namhaft und die verbliebenen auch als ernsthaft interessiert. In Frage kommen große Hotelprojektentwickler, die einen renommierten Betreiber in der Hinterhand haben.
Der Hotelstandort Baden-Baden sei ein anspruchsvoller, deshalb müsse der neue Geldgeber mit dem Projekt in das Gefüge der Bäderstadt passen. Mehr will er mit Blick auf das laufende Verfahren aber auch dazu nicht verraten.
Verwalter: gute Gespräche mit den Firmen
Gerüchte über eine Auseinandersetzung unter den bisherigen Gesellschaftern lässt Seagon unkommentiert. Das sei deren Sache und die berühre das Verfahren nicht. In dem gehe es darum, offene Forderungen der Gläubiger zu bedienen. Das Verfahren sei schließlich ein Gläubigerschutzsystem. Mit den betroffenen Firmen habe es bereits gute Gespräche gegeben.
Um welche Summen es geht? Seagon bleibt seiner Linie treu – und schweigt. Von einer Kostenexplosion auf das Drei- oder gar Vierfache der ursprünglichen Kosten will der Fachanwalt jedoch nicht sprechen.
Ein Gang über die Baustelle und durch den neu errichteten Luisenflügel lässt im komplett eingerichteten Musterzimmer erahnen, was die Gäste einmal erwarten wird: Luxus pur.
Im Dachgeschoss sollen einmal ein Restaurant und eine Bar entstehen – mit wunderbarem Rundumblick auf Baden-Baden. Im historischen Treppenhaus sind etwa alte Eichenbalken noch in einem so guten Zustand, dass sie erhalten werden. Eindrucksvoll sind auch die alten Gewölbe im Keller. Von oben ist die Baustelle derzeit mit einem Notdach vor Niederschlägen geschützt.
Ein Wintereinbruch könne dem Komplex auch nichts anhaben, sagt Seagon. Und die jüngsten Schäden durch Sturmtief Sabine bereiten keine Problem: Mit dem Gerüstbauer gebe es bereits Gespräche, die zerfetzten Planen an der Fassade zu ersetzen.