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"Fatal und erschreckend"

Pflegebündnis Mittelbaden fordert in Brandbrief an die Politik mehr Corona-Schutzkleidung

Einen Brandbrief hat der Geschäftsführer der Gaggenauer Altenhilfe, Peter Koch, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Pflegebündnisses Mittelbaden an mehrere politische Repräsentanten geschickt. Die ambulanten und stationären Einrichtungen bräuchten in der aktuellen Lage dringend eine verbesserte persönliche Schutzausrüstung.

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Geschlossen für Besucher sind das Helmut-Dahringer-Haus und die weiteren Heime der Gaggenauer Altenhilfe. Die frühzeitige Abschottung hat sich laut Geschäftsführer Peter Koch als richtig erwiesen. Foto: Dorscheid

Das Ergebnis seiner Blitzumfrage bei Kollegen in der Region sei „fatal und erschreckend“. Auf BNN-Nachfrage sagt Koch: „Die Dimension der Problematik ist der Politik nicht klar.“

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Besonders die Situation der ambulanten Dienste sei äußerst Besorgnis erregend. Wo die Schutzausrüstungen aufgebraucht seien, gingen deren Mitarbeiter oft ohne jegliche Absicherung zu den Kunden in die Wohnungen.

Mitarbeiter besuchen ohne Schutzkleidung bis zu 15 Menschen am Tag

Das Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus – für die Beschäftigten, aber auch die Klienten – sei deshalb hoch, weil die Mitarbeiter nicht selten 15 Menschen täglich in deren Zuhause zu betreuen hätten. Die ambulanten Dienste seien folglich dringend auf die Schutzgüter angewiesen – und hätten sie oft nicht.

Die Bestellungen wie zu normalen Zeiten über die bekannten Zwischenhändler funktionieren augenblicklich nicht; denn die Produzenten, überwiegend in asiatischen Ländern beheimatet, kommen derzeit mit den Lieferungen nicht nach.

Für den ambulanten Dienst der Gaggenauer Altenhilfe hat Geschäftsführer Koch bereits die Notbremse gezogen: Nur die Kunden, für die der Dienst der einzige Kontakt ist, werden noch betreut („mit der Schutzkleidung, die wir noch haben“).

Angehörige müssen für Pflegeaufgaben einspringen

Ansonsten würden aktuell verstärkt die Angehörigen mit zumutbaren Aufgaben in die Pflicht genommen, was durchaus schon zu Diskussionen geführt habe.

Gut gefahren sei man mit der Maßnahme, die Häuser der Altenhilfe bereits vor knapp zwei Wochen – und damit früher als viele andere – geschlossen zu haben. „Dies erfolgte zum Wohle und zum Schutz unserer Bewohner und unserer Mitarbeiter“, betont Koch.

Der Fall eines Seniorenheims in Würzburg, in dem in kurzer Zeit neun Menschen durch das Virus starben, zeige, wie groß die Ansteckungsgefahr in einer Einrichtung sei, in der viele Menschen zusammenleben.

Coronavirus macht den Alltag komplizierter

Das Helmut-Dahringer-Haus habe zudem im Mehrzweckraum einen kleinen Einkaufsmarkt für die Bewohner aufgebaut, sodass diese sich dort mit dem Notwendigen versorgen können. Und vor dem Eingang des Dahringer-Hauses sei ein Übergabepunkt in Form eines Tisches aufgebaut: Dort stellen Angehörige ihre Güter für die Bewohner ab und klingeln, damit die Waren – ohne unmittelbaren Kontakt – abgeholt werden können. Auch dies funktioniere gut.

Die Mitarbeiter halten noch mehr zusammen als ohnehin.
Sonja Möhrmann, Betriebsratsvorsitzende

Die Sondersituation schweißt zusammen: „Die Mitarbeiter halten noch mehr zusammen als ohnehin, das merkt man richtig“, gewinnt die Betriebsratsvorsitzende Sonja Möhrmann der aktuellen Anspannung auch eine gute Seite ab.

Auf den Brandbrief gibt es bereits erste Reaktionen, meldete sich Koch bei den BNN: Das Sozialministerium Stuttgart kündigt eine baldige Auslieferung über die Stadt- und Landkreise an.

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