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Besitzer vom "Kiosk am Markt"

Brettener Original Zeljko: Mit weichem Herz und echter Schnauze

Der Kretschmann habe auf seinem Bänkle vorne „nen Espresso“ getrunken. Beim Brettener Original dreht sich fast alles um seinen "Kiosk am Markt" - um den neuen und den alten, seinen heiß geliebten Kiosk im schiefen Eckhaus.

Ein echtes Brettener Original ist Zeljko Uzelac. In zehn Jahren hat er seinen Kiosk am Markt zum Treffpunkt für Kinder und Anwälte, Straßenfeger und Bürgermeister gemacht.
Ein echtes Brettener Original ist Zeljko Uzelac. In zehn Jahren hat er seinen Kiosk am Markt zum Treffpunkt für Kinder und Anwälte, Straßenfeger und Bürgermeister gemacht. Foto: Thienes

Der Kretschmann habe auf seinem Bänkle „nen Espresso“ getrunken und auch der Olaf Malolepski, „der berühmte von den Flippers“, sagt „Schellko“. Als solchen kennt man ihn in Bretten. Zeljko Uzelac führt seinen „Kiosk am Markt“ nun zehn Jahre. Seine Gäste sind Kinder und Anwälte, Argentinier und ach, halb Bretten.

An Sommersamstagen sei das Flair hier am Marktplatz nicht zu toppen, wirbt „der Schellko“. Jede Stadt brauche Kioske. „Das sind immer Treffpunkte, alle, überall auf der Welt.“ Er spart nicht mit Superlativen, spitzt gern zu.

„Im Sommer muss ich schon ein bissle schwitzen." Will heißen, er mag es lieber gemütlich. Gemütlich ist, auf ganz eigene Art, auch sein neuer Kiosk – halb Wohnzimmer, halb Abstellraum. Und seine Gäste kommen zum Kaffee, lesen Zeitung hier tatsächlich noch auf Papier.

Kroate, Brettener und zuhause in Tübingen

Zeljko Uzelac leichthin: „Mir ist keiner bös, wenn ich das Apfelschorle mal vergess oder zu spät komme. Die kennen mich ja.“ Er sei eigentlich kein Gastronom, sagt der knitze Kroate, der sich einen Brettener nennt und in Tübingen zuhause sei -  "da wo meine Familie wohnt, ist mein Zuhause."

Er hatte, erzählt er, im Jahr 2000 einfach den Pforzheimer Brauerei-Inhaber Wolfgang Scheidtweiler direkt auf die Räume im schiefen Eckhaus angesprochen und war erfolgreich. „Dass ich ihm da immer noch dankbar bin, das muss unbedingt in die Zeitung“, sagt er und strahlt so unwiderstehlich, dass man geneigt ist, seinen Finger zu übersehen, der auf den Block zeigt.

Mit weichem Herz und echter Schnauze

Drüben, wo vor den Vietnamesen im heutigen „Saigon“ noch Italiener ihre Gäste bewirteten, war – ganz am Rand und winzig – Zeljkos Kiosk von 2009 bis 2015. „In einem der meistfotografierten Häuser Brettens“, sagt er über das Fachwerkhaus aus dem Jahr 1723, als jemand den Kopf zur Tür reinsteckt. „Wollt‘ bloß hallo sagen,“ sagt der Kopf. Zeljko hebt die Hand, lächelt. Der Kopf verschwindet.

Zeljko zeigt Fotos von seinem geliebten alten Kiosk. Auf dem Bänkle trank auch "der Kretschmann mal einen Espresso".
Zeljko zeigt Fotos von seinem geliebten alten Kiosk. Auf dem Bänkle trank auch "der Kretschmann mal einen Espresso". Foto: Thienes

Der 62-Jährige schiebt das Foto eines Schildes am ehemaligen Kiosk-Fensterladen über den Tisch. Da, aus dem Doppel-Fenster hat er Postkarten und „Kaffee to go“ aber „Tee zum Mitnehmen“ verkauft. Dass er dort nicht bleiben konnte, wurmt Zeljko wohl, weil er Tag für Tag seit 2015 Tür an Tür mit dem „schiefen Haus“ arbeitet.

Dabei sitzt man in seinem neuen Domizil auch charmant, wenngleich ungewöhnlich mitten in zusammengewürfeltem Mobiliar. Eine dunkelhaarige Mittfünzigerin kommt herein. „Ja hallo Onkel! Sehen wir uns doch noch vor Weihnachten!“ Gemeint ist laut Zeljko die „VfB-Legende aus Bretten“, dort drüben. Er nickt zu einem der Tische.

Auf ein Bier mit echten Typen

Denn hier, wo altes Holz überwiegt, wo Sessel mit Armlehnen aus Wiener Geflecht wie selbstverständlich neben Holzstühlen aus Omas Küche stehen, da finden sich auch echte Typen. Er zählt auf: „Straßenfeger, Anwälte, der OB, der alte und der neue. Nur der Pfarrer fehlt noch.“

An den Wänden hängen gut 15 altehrwürdige Uhren bis unter die hohe Decke. Glücklicherweise krähen die mit Kuckuck nicht. Eine enorme Standuhr tickt in seinem Rücken. Er zeigt auf Röhrenradios, aufeinander gestapelt, und andere Geschenke, wie den monströsen Tresor der Firma Leonhard Schiffers aus Mannheim. „Die Firma gibt´s seit 1925 nicht mehr.“ Der Tresor wäre wohl eine eigene Geschichte wert.

Ein Chaot? Er lächelt.

Viele der Absurditäten kamen zu ihm wie Katzenbabys. Irgendwer hatte immer irgendwas, das er nur ihm überlassen wollte. Er hat halt ein weiches Herz. Er macht eine Wischbewegung und marschiert in seiner himmelblauen Trainingsjacke aus dem Gastraum in die Küche. Manche kriegen den Kaffee im Pappbecher, andere in der Tasse. Er kennt die Vorlieben, vergisst aber schon mal das Geld auf dem Tisch, bis ihn jemand aufmerksam macht.

Er mag es lieber gemütlich. Zeljko Uzelac ist später Gastwirt, aber kein wirklich berufener. Aber genau das macht den Charme aus, auch den seines neuen "Kiosks am Markt".
Er mag es lieber gemütlich. Zeljko Uzelac ist später Gastwirt, aber kein wirklich berufener. Aber genau das macht den Charme aus, auch den seines neuen "Kiosks am Markt". Foto: Thienes

Die Gäste frotzeln wegen seines Rufs als Chaot. „Willsch ‘n Kaffe?“ fragt er den Gast, der eben hereinkommt. Der sagt: „Das heißt, darf ich Ihnen einen Kaffe bringen“. Alle lachen. Er lächelt schweigend.  Zeljko Uzelac sei gut für die andere Perspektive im Stadtgeschehen, heißt es, und er könne Leute zusammen bringen.

Verlassene, Depressive, Verliebte

Eine Brettener Büchhändlerin hatte er damals gefragt, weshalb sie nicht in die Weißhofer Galerie komme. Er schwätze halt gradraus, sagt er. Aber da sie ablehnte und er eben Arnd Riethmüller kennt, einen der Chefs von Osiander, kam es anders. „Für den bin ich sechs Monate gefahren“, erzählt er, wie er überhaupt viele Jobs hatte. Beim Bücherkauf mit Gattin in Tübingen war er mit Riethmüller ins Gespräch gekommen und zack, hatte er einen Job und Osiander, später, eine Filiale in Bretten.

Uzelac pendelt am Wochenende zu Frau und Kind nach Tübingen. „Nur im Winter. Im Sommer mach ich hier ja auch am Wochenende auf.“ Und unvermittelt tropft wieder etwas Wehmut auf den Tisch. „Drüben war es lustiger“ oder „drüben habe ich nur reingelassen, wen ich wollte“. Beim letzten Satz allerdings blitzt auch ein Lächeln mit auf, das den Schelm verrät. Und es macht die Falten um seinen wachen Augen zu vielen kleinen Fältchen.

Manchmal kommt "der Schellko" halt später

„Verlassene Frauen, verlassene Männer, Verliebte und Depressive, alles hab ich drüben angehört“, so der  Kroate, gebürtig aus Ossijek, wieder emotionaler. Schon sucht er im Hirnkasterl nach der nächsten Story.

Da fällt ihm eine SWR-Journalistin ein, die zu Filmarbeiten in Bretten war. Der Italiener „drüben im schiefen Haus“ hatte schon geschlossen, aber „sie musste dringend zur Toilette, also stieg sie zum Kioskfenster rein.“ Das ist nicht mehr nötig. Seine Tür steht fast immer offen. Nur manchmal kommt der Zeljko halt etwas später.

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