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Prüfungen im Mai

Abiturvorbereitung trotz geschlossener Schulen: Maus und Tastatur statt Tafel und Kreide

Die Abiturprüfungen finden wegen der Coronakrise in diesem Jahr erst im Mai statt. Während die Schulen noch auf unbestimmte Zeit geschlossen sind, müssen sich die Schüler trotzdem vorbereiten. Richtiger Unterricht im Livestream ist dabei eher die Ausnahme.

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LERNEN IM HOMEOFFICE: Anna Thienes macht in diesem Jahr ihren Abschluss auf dem Leibniz-Gymnasium in Östringen. Ihr Klassenlehrer nutzte das Internet, um sich bei jedem Schüler persönlich per Videochat zu melden. Foto: privat

Die Corona-Krise sorgt nicht nur für leere Klassenzimmer. Sie wirbelt auch die Pläne für die Abiturprüfungen ordentlich durcheinander . Doch die Vorbereitungen auf das Abi müssen weiterlaufen – unter ungewohnten Umständen.

Zuletzt hat das Kultusministerium Baden-Württemberg beschlossen, die Prüfungen in den Mai zu verlegen. Es ist zudem fraglich, ob die Schulen am 19. April wieder öffnen dürfen. Schulleiter, Lehrer und Schüler brauchen vor allem eines: Geduld.

„Wir nutzen eine Cloud im Internet für den Materialaustausch. Es gibt auch einen internen Chat für die Klassen, um mit den Lehrern in Kontakt zu bleiben“, sagt Thorsten Uhde, der Schulleiter des Copernicus-Gymnasiums in Philippsburg. Außerdem seien einige Online-Plattformen mit Lernvideos zurzeit kostenlos für die Schüler nutzbar.

Nachholtermine für das Abitur sind im Juni und Juli geplant

Uhde hält es für wichtig, dass die Prüfungen für die 95 Abiturienten des Copernicus-Gymnasiums noch in diesem Jahr stattfinden. „Nur so bleibt der Abschluss mit den anderen Bundesländern vergleichbar. Denn dort sind die Prüfungen teilweise schon geschrieben“, betont er.

Auch der Schulleiter des Justus-Knecht-Gymnasiums Bruchsal, Stefan Hanke, findet die Entscheidung des Kultusministeriums sinnvoll. Schließlich sei die Option eines Anerkennungsabiturs – also die bisherigen Noten für das Abschlusszeugnis zu verwenden – den hart arbeitenden Abiturienten unfair gegenüber.

„In dieser Ausnahmesituation wird es statt einem sogar zwei Nachholtermine geben. Die sind im Juni und Juli angesetzt“, erklärt Hanke, der bei der Prüfung im Mai mit Richtlinien für einen ausreichenden Abstand der Schüler rechnet. Bei 35 Abiturienten könne theoretisch sogar jeder in einem einzelnen Zimmer schreiben, so Hanke.

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Schüler verfügen nicht immer über Computer

Am Leibniz-Gymnasium in Östringen machen dagegen 130 Schüler ihren Abschluss in diesem Jahr. „Ich habe bisher den Eindruck, dass es gut läuft, da die Lehrer nur noch den Abi-Stoff wiederholen müssen. Eine Schwierigkeit ist, dass nicht jeder Schüler zu Hause immer einen Computer zum Lernen zur Verfügung hat“, sagt Ulrike Sauer-Ege, Schulleiterin des Leibniz-Gymnasiums.

Für Situationen, in denen etwa Eltern im Homeoffice selbst auf einen PC angewiesen sind, müsse man Verständnis aufbringen. Außerdem fehle aktuell der wichtige, direkte Kontakt mit Lehrern und Klassenkameraden.

Unterricht zwischen Bett und Kleiderschrank: Das Coronavirus bringt auch für die Abiturientin Teresa Jung und ihre Mitschüler das Homeoffice.
Unterricht zwischen Bett und Kleiderschrank: Das Coronavirus bringt auch für die Abiturientin Teresa Jung und ihre Mitschüler das Homeoffice. Foto: Alina Meier

Für das Englisch-Abitur sind praktische Übungen im Videochat wichtig

Teresa Jung, Annika Urnauer und Maike Hillert gehören zu den Schülern, die in diesem Jahr am Markgraf-Ludwig Gymnasium in Baden-Baden ihr Abitur ablegen wollen. Vor knapp drei Wochen wird auch ihre Schule wegen des Corona-Virus geschlossen. Zur Vorbereitung auf diesen Zustand blieb kaum Zeit, erzählen die drei im Videochat.

Trotzdem funktioniert der Austausch von Arbeitsanweisungen und Material ganz gut, finden sie. „Wir arbeiten zum Glück schon seit der siebten Klasse mit dem E-Learning-Portal Ilias“, erklärt Teresa. Darüber und per E-Mail erhalten sie Aufgabenstellungen und den Stoff. „Manche Lehrer haben auch Videochats eingerichtet, zum Beispiel für die Kommunikationsprüfung in Englisch“, sagt sie. Denn gerade für diese sprachliche Prüfung brauchen die Schüler praktische Übung.

Doch ob dieses Modell für die drei immer funktionieren würde? Annika ist skeptisch: „Für das Abi kann ich mich zurzeit gut motivieren, ansonsten würde mir das eher schwer fallen“, sagt sie. Die drei glauben nicht, dass sie direkt nach den Osterferien wieder die Schule besuchen werden. Optimal auf ihr Abitur vorbereitet fühlen sich noch nicht. „Zum Glück haben wir alle Themen im Unterricht schon durchgenommen. Jetzt sind wir an dem Punkt, an dem wir selbst lernen müssen“, sagt Teresa.

Mündliches Abitur wird wegen des Coronavirus Ende Juli stattfinden

Stress bereiten ihnen auch die Nebenfächer. „Wahrscheinlich werden wir die Klausuren zwischen den Osterferien und den Abi-Prüfungen schreiben – das wird ziemlich happig“, sagt Maike. Das mündliche Abitur wird erst Ende Juli stattfinden. Das bringt einerseits mehr Zeit zum Vorbereiten. Andererseits bringen diese Verschiebungen Unsicherheit für Dinge wie den lange geplanten Abi-Ball, gibt Annika zu bedenken.

Sicher ist für die Schülerinnen dank Corona momentan nur eines: An dieses spezielle Abitur werden sie sich noch lange erinnern.

Schülersprecher Witmer vermisst die Schule

Der Schülersprecher des Leibniz-Gymnasiums, Robin Witmer, vermisst die Schule. „Es fällt mir schwer, daheim zu lernen. Außerdem fehlt mir die Schule auch als sozialer Raum, wo ich meine Freunde sehe und nicht alleine zu Hause sitzen muss“, berichtet Witmer. Unterricht per Livestream im Internet sei eine Ausnahme. Doch ein Lehrer habe diese Möglichkeit genutzt, weil er eine gewisse Technikbegeisterung mitbringe.

Derweil empfindet Anna Thienes, die ebenfalls in diesem Jahr Abitur in Östringen macht, das Klima zwischen Lehrern und Schülern in der Corona-Krise als sehr gut. „Unser Klassenlehrer hat bei jedem persönlich per Videochat angerufen und nachgefragt, wie es uns geht. Ansonsten finden online meist Telefonkonferenzen für Organisatorisches statt“, so Thienes, die einen Lernplan für die Selbstdisziplin wichtig findet.

Geschichtslehrer schickt Aufgaben mit Abgabefrist

Alexander Fels, der am Justus-Knecht-Gymnasium unter anderem Geschichte unterrichtet, gibt einen Einblick in seinen veränderten Alltag: „Ich arbeite gegenwärtig klassisch und schicke E-Mails mit Aufgaben, die eine Abgabefrist haben. Danach gebe ich Feedback per Mail – und das mit 160 Schülern.“ Durch die Abgabefristen seien diese motiviert, auch daheim zu lernen.

An derselben Schule verzeichnet die Gemeinschaftskunde- und Deutschlehrerin Anja Krug in der ersten Kursstufe 98 Prozent Rücklauf bei Hausaufgaben. „Das ist viel besser als gedacht“, sagt Krug. Sie halte aber nichts von Videokonferenzen, weil es zu unpersönlich sei. Mit dem Abitur kommt die Lehrerin auch in Kontakt, denn sie wird als Zweitkorrektorin in Gemeinschaftskunde eingesetzt. Die Drittkorrektur fällt in diesem Jahr wegen Corona weg.

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