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Adelssitz mitten im Wald

Neue Erkenntnisse über verschollene Burg in Waghäusel-Kirrlach

Eine Neubewertung der Funde am Kirrlacher "Schlossbuckel" hat eine überraschende Erkenntnis zu Tage gebracht: Die Burg bestand länger als bisher gedacht, und zwar etwa vom späten zehnten Jahrhundert bis zum frühen 13. Jahrhundert. Das fand Dietrich Lutz vom Landesamt für Denkmalpflege heraus.

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Die Bauweise der verschollenen Kirrlacher Burg zeigen Kerstin Siegrist vom Vorstand des Heimatvereins und dessen Vorsitzender Roland Liebl. Foto: Werner Schmidhuber

So war’s wohl 250 Jahre lang: von 1000 bis 1250. Im Süden Waghäusel-Kirrlachs erhebt sich eine Burg, wie damals üblich, in Holzbauweise, eine sogenannte Motte mit einem Gebäude in Turmform. Die Hauptburg von zehn Ar, Wohnsitz eines Angehörigen des Adels und seiner Familie, steht trotzig auf einem etwa fünf bis zehn Meter hohen Hügel.

Von unserem Mitarbeiter Werner Schmidhuber

Auf der südlichen Seite gibt es eine 50 Ar große Vorburg für die Dienerschaft und das Gesinde. Irgendwann wurde die Burg mitten im Lußhardtwald aufgegeben, die geschichtsträchtige Vergangenheit geriet in Vergessenheit.

Seit Monaten befasst sich der Heimatvereinsvorsitzende Roland Liebl mit dem verschollenen Bauwerk auf Kirrlacher Gemarkung. Eine ältere Luftaufnahme zeigt westlich des Duttlacher Grabens die Reste zweier Gräben, die dem gängigen Schema einer kleinen Tiefburg mit allen Besonderheiten entsprechen. 1996/97 erfolgte der Bau der Südumgehung, die L555.

Den Standort der Motte konnten die Straßenplaner mangels Alternative nicht aussparen. Bei den Grabungen kamen allerlei Funde, Scherben und Münzen, zum Vorschein, die belegten, dass dort eine Zeit lang tatsächlich diese Burg stand.

Luftaufnahmen zeigen Befestigungen und Wassergräben

Das Gewann nennen die Kirrlacher heute noch vielsagend „Schlossbuckel“. Warum wohl? Die rechteckige Hauptburg auf dem ehemaligen Hügel weist eine Innenfläche von 31 mal 28 Meter auf. Die seinerzeitigen Befestigungen – mit Palisaden – und die umgebenden Wassergräben sind auf den Luftaufnahmen erkennbar.

100 Mal 50 Meter misst die Fläche der Vorburg. Für Dietrich Lutz vom Landesamt für Denkmalpflege ergab sich zu Beginn seiner Recherchen: „Die Kirrlacher Motte steht vermutlich in einer Reihe mit anderen Burgengründungen zur Erschließung des Lußhardts.“

Erkenntnis nach Neubewertung: Burg bestand länger

Doch jetzt nahm er eine überraschende Neubewertung der Bodenfunde vor. Demnach ergibt sich für die Burg eine längere Zeit des Bestehens: etwa vom späten 10. Jahrhundert bis zum frühen 13. Jahrhundert. Für ihn datiert die Anlage aus der Zeit vor den Lußhardtschenkungen von 1056 und 1063.

Somit wurde die Kirrlacher Burg nicht vom Hochstift Speyer zur Sicherung des Territoriums erbaut, sondern in königlichem Auftrag in spätottonisch-frühsalischer Zeit. Kirrlach ist, so weitere Erkenntnisse, vermutlich die einzige Gemeinde im großen Lußhardtwald, wo es einen solchen Burgtyp gegeben hat.

Zentrale Lage im Wald außergewöhnlich

Aufhorchen lassen auch folgende Schlüsse: Die Vorburg erreicht die Größe eines ganzen Fußballplatzes und war komplett mit Wassergräben umgeben. Als Eigentümlichkeit gilt die zentrale Lage mitten im Wald. Alle anderen bisher bekannten Standorte für frühe Burgen im weiten Lußhardt befinden sich eher am Waldrand. Für Kirrlach gab es keine Ausnahme: Grundsätzlich war der Burgenbau dem Adel vorbehalten, betont Heimatforscher Roland Liebl, also war Kirrlach Adelssitz.

Der Ort existierte höchst wahrscheinlich schon damals. Denn die Ersterwähnung des Dorfes stammt aus dem Jahr 1234.

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