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Genossenschaft in Rheinsheim

Neues Leben im „Goldenen Löwen“: Philippsburger Bürger reaktivieren alte Gaststätte

Im kleinen Ort Rheinsheim erwacht das große leerstehende Lokal "Zum goldenen Löwen" als Bürgerhaus aus einem Dornröschenschlaf. Mit Laden und Wirtschaft und Hotelzimmern. Dafür gründeten Einwohner eine Genossenschaft. Und stemmen einen 1,2 Millionen Euro teuren Umbau. Seit drei Jahren läuft er. Für August ist das erste Event gebucht. Und dann beginnt hinter grauer Fassade ein noch bunterer Dorfalltag.

Hier wird geschafft: Immer wieder samstags kommt der harte Kern zum Arbeitseinsatz. Ansonsten sind die Handwerker tätig im alten Gasthaus von Rheinsheim, hier in der Hinteransicht. Bis Spätsommer werden ein Dorfladen, ein Lokal, ein Trauzimmer sowie Hotelbetten entstehen. 1,2 Millionen Euro investiert eine örtliche Genossenschaft in das einzigartige Projekt.
Hier wird geschafft: Immer wieder samstags kommt der harte Kern zum Arbeitseinsatz. Ansonsten sind die Handwerker tätig im alten Gasthaus von Rheinsheim, hier in der Hinteransicht. Bis Spätsommer werden ein Dorfladen, ein Lokal, ein Trauzimmer sowie Hotelbetten entstehen. 1,2 Millionen Euro investiert eine örtliche Genossenschaft in das einzigartige Projekt. Foto: Heintzen

Im kleinen Ort Rheinsheim erwacht das große leerstehende Lokal "Zum goldenen Löwen"  als Bürgerhaus aus einem Dornröschenschlaf. Mit Laden und Wirtschaft und Hotelzimmern. Dafür gründeten Einwohner eine Genossenschaft. Und stemmen einen 1,2 Millionen Euro teuren Umbau. Seit drei Jahren läuft er. Für August ist das erste Event gebucht. Und dann beginnt hinter grauer Fassade ein noch bunterer Dorfalltag.

Erst war es ein Traum. Dann eine Idee. Für ein sehr idealistisches Projekt. Inzwischen ist es ganz real und fast vollendet. Im kleinen Ort Rheinsheim erwacht das leerstehende Lokal "Zum goldenen Löwen"  als Bürgerhaus wieder.

Gasthaus von 1848 wird zum Bürgerhaus

„Hier war gar nix. Unterm Dach der Raum - komplett leer, eine Rumpelkammer. Jetzt sind Wände eingezogen und es gibt ganz individuelle Hotelzimmer. Mit freigelegten Balken. Und sogar mal mit Blick in den Sternenhimmel.“ Jasmine Kirschner führt mit ihr eigenem hohen Tempo durchs Dachgeschoss des Rheinsheimer Löwen. Noch liegt Baudreck in den Zimmern und Bädern.

Aber die Installationen sind fertig, bald gehen die Handwerker an die Böden und ans Tapezieren. Die Einrichtung ist bestellt. Im August und September soll schließlich alles fertig sein, „Die erste Buchung für ein Event steht. Das ist schon sportlich“, meint Ortsvorsteherin Kirschner in der pandemiebedingt etwas längeren Schlussphase dieses einzigartigen Projekts aus Bürgerengagement.

Dorfladen, Wirtschaft und Hotelzimmer

Ein großes altes Gasthaus von 1848 bekommt eine Zukunft und der 3000-Einwohner zählende Philippsburger Stadtteil Rheinsheim eine weitere Wirtschaft mit Biergarten sowie endlich wieder einen Dorfladen für Lebensmittel. Beides im Erdgeschoss.

Die 14 Fremdenzimmer in den beiden anderen Stockwerken dienen dazu, das Projekt für Schwung einem Ort abseits der Zentren auf Dauer rentabel zu machen.

Genossenschaft bringt 240.000 Eigenanteil zur Bausumme von 1,2 Millionen Euro

Denn viel Geld steckt die eigens vor drei Jahren gegründete Genossenschaft in ihr Objekt: Insgesamt 1,2 Millionen Euro. Davon kommen 240.000 Euro aus den Anteilen der momentan 240 Genossen, die mindestens 250 Euro pro Anteil einbringen. An Zuschüssen von Land und Stadt Philippsburg im Sanierungsgebiet hat man 250.000 Euro organisiert.

Und 690.000 Euro stammen von Darlehen der Volksbank Bruhrain-Kraich-Hardt sowie der Sparkasse Karlsruhe. Dass beim Businessplan der Genossenschaft und beim wachsende Gegenwert durch den Umbau alles stimmt, dafür sorgt der Herr der Zahlen, Manfred Brecht.

Ein Herr der Zahlen und eine Lokomotive

Der ehemalige Verwaltungsangestellte und Immobilienfachmann bildet mit Jasmine Kirscher, der Lokomotive für Organisatorisches und Motivierendes, den Vorstand der Genossenschaft. „Wenn man natürlich wüsste, was alles auf einem zukommt, würde man nicht so idealistisch herangehen. Vor allem gibt es unendlich viele formale Anforderungen, die schon mal bremsen“, berichtet Brecht.

Und lächelt doch stolz überm gezwirbelten Bart. Denn der gesunde Ehrgeiz aller Beteiligten hat Träume wahr werden lassen, die Jasmine Kirschner mit einigen Freundinnen beim Weinstammtisch entwickelte.

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Die zwei Macher im Dachgeschoss: Manfred Brecht ist Herr der Zahlen bei der Genossenschaft Bürgerhaus Löwen und Jasmine Kirschner, die Lokomotive. Foto: Heintzen

Arbeitseinsätze am Wochenende

Dank Tobias Dossinger zum Beispiel mit seinem Team und Freunden von der Feuerwehr. Sie sind nach einer Corona-Pause wieder jeden Samstag wie 15 bis 20 andere mit dabei, wenn es um Unterstützung beim Entkernen oder weiteren Arbeiten geht. 75 Tonnen Material waren bislang zu entsorgen.

Rund 190.000 Euro hat der Kauf des für viele Rheinsheimer mit Erinnerungen verbundene leerstehende Haus gekostet. Dort nutzten zwischendurch ein Walldorfkindergarten und eine Musikschule Räume.

Ab dem Herbst betreibt die Genossenschaft selbst den Laden, die abendliche Wirtschaft von Mittwoch bis Sonntag (Ein Mittagstisch soll hinzukommen) und stellt Räume für Seminare oder Veranstaltungen zur Verfügung.

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Der Löwenkopf: Ein Detail Im Hoftor des als Bürgerhaus wieder erweckten großen alten Lokals in Rheinsheim. Foto: Heintzen

Den Umbau steuert Willi Lechleiter: „So etwas wie dieser goldene Löwe ist eine Herausforderung. Bestand zu erhalten, kostet immer mehr Aufwand. Aber mein Herz hängt an Altbauten“, sagt der Architekt aus Bruchsal.

Schon zwei Paare haben Trauungstermin im Löwen gebucht

Das Herzblut für ganz „Rhonse“ und die Kommunalpolitik in Philippsburg bringt Jasmine Kirschner mit. Sie ist Ortsvorsteherin im Hauptberuf, Gemeinderätin sowie SPD-Fraktionsvorsitzende und trägt ein Motto immer mit sich: „Geht nicht, gibt’s nicht.“

Was noch in ihrem Ort fehlte, entsteht ebenfalls im Dachgeschoss des Bürgerhauses: Ein Zimmer für standesamtliche Trauungen. „Hinnedran sieht man auf unseren Dom, wunderschön. Dort könnte man ja die kirchliche Feier dann auch gleich machen. War ja früher üblich an einem Tag“, meint Kirschner.

Zwei Paare haben den Löwen schon für ihre Trauung gebucht. Bis dahin sollte das nur äußerlich graue Haus besenrein sein. Und der noch buntere Dorfalltag im wiedererweckten Löwen kann richtig losgehen.

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