Am 16. März erhielt Erhard Dehm, wie er sagt, eine amtliche Nachricht – eine folgenschwere Nachricht. Zusammengefasst heißt es darin, dass er ab sofort als Fahrlehrer keinen Unterricht mehr geben dürfe, weder praktischen noch theoretischen. So stand für den Fahrlehrer aus Eggenstein-Leopoldshafen noch am selben Tag um 17.30 Uhr die vorerst letzte Fahrstunde an.
So wie ihm erging und ergeht es sämtlichen Fahrschulen in Baden-Württemberg. Die Sitze hinterm Lenkrad, auf denen normalerweise Fahrschüler Platz nehmen, bleiben derzeit leer.
Die Quintessenz aus den Gesprächen ist rasch zusammengefasst: ein massiver Einbruch bei den Einnahmen. Sicher, meint Jörg Schwenker, Fahrlehrer aus Pfinztal, man könne Zwischenrechnungen für bereits geleisteten Unterricht stellen. Ohne Ersatz blieben da freilich die Stunden, die wegen Corona ausgefallen seien. Und das sind viele Stunden. Vor der Coronakrise waren die Fahrschulen gut beschäftigt. Allein in Baden-Württemberg wurden 2019 nach Auskunft des Landesfahrlehrerverbandes rund 200.000 Fahrschüler, verteilt auf zirka 1.400 Fahrschulen, gezählt.
Fahrschulen als "private Bildungseinrichtungen"
Fahrschulen werden in der Corona-Verordnung der Landesregierung nach Auskunft vom Verbandsvorsitzenden Jochen Klima als „private Bildungseinrichtungen“ geführt. Deren Pforten müssen zurzeit geschlossen bleiben – vorerst bis zum 3. Mai. In der kommenden Woche will die Landesregierung beraten, wie es mit der Verordnung weitergeht, ob es möglicherweise zu Lockerungen kommt.
Wir müssen langsam wieder beginnen.Rolf Nagel, Fahrschule Weber in Graben-Neudorf
Für die Regelungen zeigt (nicht nur) Rolf Nagel von der Fahrschule Weber mit Sitz in Graben-Neudorf Verständnis. Das mit den Abstandsregeln in den Fahrzeugen sei halt tatsächlich ein Problem. Allerdings: „Wir müssen langsam wieder beginnen.“ Ähnlich wird es in vielen anderen Fahrschulen gesehen – der wirtschaftliche (Überlebens-)Spielraum werde zunehmend enger.
Wie kann der Unterricht wieder stattfinden?
Machbar wäre zum Beispiel die Fortführung des theoretischen Unterrichts. Zur Not, schlägt Andreas Haßmann, Fahrlehrer aus Stutensee, vor, könne man ja Unterricht im Freien abhalten.
Eine weitere Möglichkeit wäre, mit dem Motorradfahrunterricht wieder anzufangen: Voraussetzung dafür sei, so der Tenor in den Fahrschulen, dass jeder Fahrschüler eine eigene Sicherheitsausrüstung (Helm und Kleidung) mitbringt. Gedanken über Corona bedingte Sicherheitsvorgaben hat sich auch der Verband gemacht. Ein entsprechendes Papier liegt der Landesregierung vor. Händedesinfektion, Abstände, Mundschutz gehören zu den Vorschlägen – genauso wie der Vorschlag, Lüftung und Klimaanlage eingeschaltet zu lassen, um für kontinuierliche Durchlüftung zu sorgen.
Landesregierung liegt Plan vor
Ob sich so stundenlang im Auto arbeiten lässt, versieht Haßmann mit einem Fragezeichen. Ganz ließe sich der Kontakt im Auto eben nicht vermeiden, meint Dehm. Auf Vertrauen zwischen Fahrschüler und Lehrer setzt da Schwenker. Das müsse alles gut funktionieren. Keine Frage, die Fahrschulen wissen um die vertrackte Situation, kennen nur zu gut das Wechselspiel zwischen Verständnis und wirtschaftlichen Sorgen, zwischen Kurzarbeit, staatlicher Hilfe und Rückgriff auf die Reserven.
Einen Königsweg, um aus der „verfahrenen“ Situation herauszukommen, wird es wohl nicht geben. Und die Fahrschüler? Die Zahl derer, die wieder hinters Lenkrad wollen, wächst, wie entsprechende Anrufe in den Fahrschulen immer wieder belegen: „Wann geht es mit den Fahrstunden (endlich) wieder weiter?“