Von Franz Lechner
Jeder kann in Sommernächten beobachten, wie Straßen- und Hauslampen, Fassadenbeleuchtungen und Werbelichter allein in Karlsruhe, Bretten oder Rheinstetten-Mörsch Millionen von Insekten anlocken. „Nachtaktive, flugfähige Insekten orientieren sich nachts normalerweise am schwachen Licht der Gestirne, das intensive grelle Licht der künstlichen Lichtquellen führt bei ihnen zu einer kompletten Orientierungslosigkeit“, berichtet der Geschäftsführer des BUND-Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein, Hartmut Weinrebe.
Meist taumeln die Fluginsekten dann bis zur völligen Erschöpfung um den Pseudomond oder werden schon vorher von Tieren gefressen, die sich genau auf dieses ergiebige Nahrungsrevier spezialisiert haben. Spinnen beispielsweise lauern oft im Schein einer Straßenlaterne auf Beute. „Staubsaugereffekt“ nennen Wissenschaftler diese Sogwirkung künstlicher Lichtquellen, dem in jeder warmen Nacht Millionen Insekten zum Opfer fallen.
Lichtverschmutzung betrifft auch Menschen
Vor allem Nachtfalter sind betroffen und spielen eine ähnlich wichtige Rolle bei der Bestäubung vieler Pflanzenarten wie Tagfalter oder auch Wildbienen. Aber nicht nur für Insekten, auch für Vögel, Fledermäuse, Wanderfische und den Menschen selbst können intensive künstliche Lichtquellen zu einem Problem werden. Umweltpolitiker reden daher inzwischen von dem Phänomen der „Lichtverschmutzung“.
Energiesparende Lampen verschlimmern die Situation
„Erst auf Satellitenaufnahmen wird deutlich, wie stark künstliche Lichtquellen in so stark zersiedelten Regionen wie dem Landkreis Karlsruhe in den letzten Jahrzehnten zugenommen haben“, sagt Weinrebe. Und sie nimmt weiter zu. Laut BUND-Deutschland um etwa sechs Prozent im Jahr. Dabei stellen derzeit immer mehr Kommunen und Privatmenschen auf energiesparende LED-Birnen um. Eigentlich eine gute Maßnahme. „Tatsächlich führt die Tatsache, dass LED-Lampen weniger Strom verbrauchen oft nur dazu, dass nächtliche Beleuchtungen immer exzessiver eingesetzt werden“, beklagt Weinrebe.
Ein weiteres Problem sei, dass viele Kommunen und auch Privatleute meist das hellere, weiße LED-Licht verwenden, das wegen seines hohen UV-Anteils sowohl für Mensch als auch Natur sehr viel schädlicher sei als das warme, rötliche Licht, das LED-Birnen mit einer Farbtemperatur von etwa 3.000 Calvin abgeben, betont Weinrebe.
Beleuchtung in Naturschutzgebieten besonders problematisch
Hauptproblem bleibt aber der oft gedankenlose Einsatz von künstlichem Licht. Weinrebe nennt zwei in seinen Augen deutliche Beispiele für fahrlässigen Umgang damit im Landkreis: „Ein Radweg, der mitten durch das Schutzgebiet Beierbachtal bei Ettlingen führt, sollte auf der gesamten Strecke beleuchtet werden. Und die Alb bei Karlsruhe sollte auf einem Teilstück in der Nähe des Hauptbahnhofs durch eine effektvolle Beleuchtung dauerhaft illuminiert werden“, nennt Weinrebe zwei Beispiele für den gedankenlosen Umgang mit Licht.
Naturschützer hatten Erfolg
Beide Projekte konnten die Naturschützer verhindern. Solche „Lichterketten“ in der Natur sind nämlich nicht nur verheerend für Insekten, sie sind so etwas wie Barrieren für Fledermäuse, Wanderfische und Amphibien, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigten. „Wer also wirklich ernsthaft etwas gegen das Insektensterben und gegen den Artenverlust machen will, muss die Zunahme der Lichtverschmutzung bremsen“, fordert Weinrebe.