Skip to main content

Kalaschnikow-Attrappe gefunden

Nach Bruchsaler Wohnungsbrand sind 18 Personen vorübergehend obdachlos

Er war Sportschütze, er war 53 Jahre alt und bisher völlig unauffällig. In Bruchsal gibt die schwere Brandstiftung auch anderthalb Wochen nach der Tat noch immer Rätsel auf. Woher kamen die vielen Schussgeräusche? Und warum hatte der Mann eine Kalaschnikow-Nachbildung zuhause?

None
Die Brandschäden im zweiten Obergeschoss sind noch deutlich sichtbar. Hier, in der Bruchsaler Silberhölle, starb ein Mann im Feuer. Das gesamte Haus ist derzeit noch unbewohnbar. Die Polizei hat erst dieser Tage das Gebäude freigegeben. Foto: Heintzen

„Es gibt bisher keine Anhaltspunkte für eine politische Motivation.“ Auch anderthalb Wochen nach dem gefährlichen Wohnungsbrand in Bruchsal wird über das Motiv des 53-jährigen Bruchsalers gerätselt. Der Mann hatte sich nachts in seiner Wohnung verschanzt, Feuer gelegt und sich später selbst getötet. Gemutmaßt wird, dass eine drohende Räumungsklage Grund für die Tat war.

Täuschend echte Kalaschnikow

Bei dem Sportschützen fand man drei Langwaffen und einen Revolver, alle legal und per Waffenbesitzkarte registriert. Darüber hinaus fanden die Ermittler aber auch eine Soft-Air-Waffe und die Nachbildung einer Kalaschnikow. „Die sieht täuschend echt aus“, bestätigt Staatsanwalt Mirko Heim BNN-Informationen, wonach die Attrappe des bekannten Sturmgewehrs in der Wohnung gefunden wurde.

Noch immer warten die Ermittler auf die Ergebnisse einer DNA-Untersuchung. Erst dann kann zweifelsfrei bestätigt werden, dass es sich bei dem Toten tatsächlich um den 53-jährigen Bewohner handelt. „Die weitere Spurenauswertung läuft.“

Die Polizei untersuchte am Montag vermeintliche Einschusslöcher in einer Hauswand in Bruchsal-Silberhölle.
Die Polizei untersuchte am Montag vermeintliche Einschusslöcher in einer Hauswand in der Bruchsaler Silberhölle. Foto: Zäpfel

Ist Munition explodiert?

Unklar ist bisher auch, warum Augenzeugen und Nachbarn von sehr vielen Schussgeräuschen berichteten. „Das hörte sich an wie in einer Popcorn-Maschine“, berichtete etwa ein Feuerwehrmann. Hat der Mann in der Wohnung geschossen? Oder explodierte die Munition im Feuer?

„Darüber haben wir keine Erkenntnisse“, so die Staatsanwaltschaft. Der Verdacht, dass der Mann in seiner Wohnnung Schussfallen ausgelegt hat, bestätigte sich nicht. Augenzeugen berichteten von jeder Menge Drähte in der Wohnung.

Brandbeschleuniger in der ganzen Wohnung

Als gesichert gilt, dass der Mann in der gesamten Wohnung Brandbeschleuniger entzündet hat. Der schwere Brand und die Löschmaßnahmen haben das Mehrfamilienhaus für Wochen, wenn nicht Monate unbewohnbar gemacht. 18 Nachbarn sind vorübergehend obdachlos. Sie sind bei Verwandten oder Freunden unterkommen, um drei kümmert sich derzeit noch die Stadt Bruchsal.

Deren Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick lobte gegenüber den BNN erneut die Einsatzkräfte: „Sie haben sehr besonnen reagiert.“ Die Entscheidung, die Wohnung nicht zu betreten, habe möglicherweise Leben gerettet.

Ein Wohnungsbrand beschäftigte am späten Samstagabend die Einsatzkräfte in Bruchsal.
Beim Wohnungsbrand vor anderthalb Wochen waren über 100 Feuerwehrleute im Einsatz. Foto: Aaron Klewer / Einsatz-Report24

Polizei hat jetzt das Haus freigegeben

Langsam scheint Ruhe einzukehren, im Bruchsaler Wohngebiet Silberhölle. Der Alltag hat die Menschen wieder, nach der dramatischen Nacht vor anderthalb Wochen.  Für die 18 Personen allerdings, die direkten Nachbarn des 53-Jährigen im Haus mit der Nummer 60, steht seither die Welt Kopf. Sie haben über Nacht ihr Zuhause verloren.

Die Wohnungen im Mehrfamilienhaus sind nach wie vor unbewohnbar und werden es wohl auch noch einige Wochen bleiben. Erst dieser Tage hat die Polizei das Haus freigegeben. Nun können zum ersten Mal Bau-Experten das Gebäude, die Brand- und die massiven Wasserschäden begutachten.

Hilfe in Extremsituationen

Oberbürgermeisterin, Sozial- und Ordnungsamt haben sich um die Menschen gekümmert. Sie benötigten nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch Kleidung und Dinge des täglichen Bedarfs. „Um drei Personen kümmern wir uns derzeit noch“, so Petzold-Schick. Sachspenden, Geld, soziale Betreuung – „die Stadt hilft den Menschen in solchen Extremsituationen“, erklärt die Oberbürgermeisterin. Die meisten haben sich eigenständig nach einem Übergangsquartier umgesehen.

53-Jähriger war unauffällig

Auch das Ordnungsamt ist mit dem Fall befasst. Der 53-jährige mutmaßliche Bewohner sei aber bisher noch nie aufgefallen. „Wir kannten ihn nicht. Er ist Sportschütze und hatte zwei Waffenscheine“, bestätigt Petzold-Schick. Alle Waffen waren legal und angemeldet. Für eine Soft-Air-Waffe und die täuschend echte Attrappe einer Kalaschnikow benötigt man keine Genehmigung.

Waffenschrank vor die Haustür geschoben

Der Mann hatte sich in der Nacht zum 10. November in seiner Wohnung in der Silberhölle verschanzt. Vor die Haustür hatte er den schweren Waffenschrank geschoben, die Fenster hatte er verbarrikadiert. Für Petzold-Schick gleicht es immer noch einem Wunder, dass nicht mehr Menschen verletzt oder gar getötet wurden.

„Es ist unglaublich, was unsere ehrenamtlichen Feuerwehrleute, die als erstes vor Ort waren, da geleistet haben. „Sie haben schnell erkannt: ,Da gehen wir besser nicht rein‘. Diese Entscheidung war lebensrettend.“

Gefährlicher Einsatz

Anwohner und Feuerwehrleute hatten übereinstimmend berichtet, dass sie immer wieder Schüsse aus der Wohnung gehört haben. Das hat den Einsatz für die Feuerwehren aus allen Stadtteilen, aus Bad Schönborn, Ubstadt-Weiher und Stutensee besonders gefährlich gemacht. „Das war eine Riesen-Teamleistung. Normalerweise ist der erste Impuls von Feuerwehrleute, in eine brennende Wohnung rein zu gehen.“

Der Fall zeige, so findet die Bruchsaler OB, dass die Ausbildung und eine gute Ausstattung für die Feuerwehr überlebenswichtig seien.

nach oben Zurück zum Seitenanfang