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Urteil am Amtsgericht Bruchsal

Nachbarn gebissen und Polizisten beleidigt

Er hat gebissen, um sich geschlagen und getreten und dies immer unter Alkohol: Ein 61-Jähriger wurde vom Amtsgericht Bruchsal zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Zu seinen Opfern zählten Nachbarn oder auch Polizisten. Ob er seine drei Jahre Bewährungszeit durchhält, wird vor allem daran liegen, ob er dem Alkohol entsagen kann.

Das Amtsgericht Bruchsal hat am Dienstag einen 61-Jährigen verurteilt: Körperverletzung, Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte lauteten die Vorwürfe.
Das Amtsgericht Bruchsal hat am Dienstag einen 61-Jährigen verurteilt: Körperverletzung, Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte lauteten die Vorwürfe. Foto: pr

Die Polizei Bruchsal kennt ihn seit 20 Jahren, sagten mehrere Beamte schulterzuckend am Dienstag vor dem Amtsgericht Bruchsal. Seine Nachbarn kannten ihn dagegen über Jahre als unproblematischen Zeitgenossen – bis sich „plötzlich alles änderte“, so ein 53-jähriger Mitbewohner des Hauses. Der 61-jährige Bruchsaler wurde wegen zweier Beleidigungen, wegen Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Als gefährliche Körperverletzung war ein Angriff mit Pfefferspray angeklagt gewesen, ließ sich aber mangels Beweisen nur als einfache Körperverletzung aburteilen.

Richter Thomas Köpfler setzte die Strafe auf drei Jahre zur Bewährung aus. Der 61-Jährige erhält einen Bewährungshelfer und muss 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit leisten. Bislang habe er die Bewährungszeiten stets ohne Auffälligkeiten durchgehalten – er war bis zum Jahr 2006 wiederholt wegen ähnlicher Taten, häufig Widerstandshandlungen, verurteilt worden. Nur unter Alkohol werde er straffällig, bemerkte Richter Thomas Köpfler und der Angeklagte nickte.

Als Opa denkt er an die Enkel

Wie unangenehm ihm das alles selbst war, wurde deutlich, da er immer wieder seine Enkel erwähnte und welchen Eindruck dies auf sie machen müsse. Auch beschimpfte er sich einmal gar selbst bei seinen immer wiederkehrenden Einwürfen - er unterbrach gar das Plädoyer des Staatsanwalts - mit den Worten "Es tut mir leid. Ich weiß, ich bin ein Arschloch."

Im Januar 2017 kam eine Flasche Rum ins Spiel – nach zehn Jahren Abstinenz. Wurden die Beamten, wie zu diesem Zeitpunkt, zu seiner Adresse gerufen, wussten sie schon Bescheid, so die Polizisten. Ruhestörung war wieder der Anlass, der sich einmal mehr hochschaukelte. Erst zeigte sich der Angeklagte auf die polizeiliche Ermahnung einsichtig, kam dann aber zum Hauseingang herunter, stieß die Tür absichtlich gegen die Schulter des Nachbarn, der die Polizei gerufen hatte und und beleidigte den Beamten.

"98-Kilo-Koloss" geschubst

Ähnlich in einer Nacht Mitte Februar 2017. Nach 22 Uhr rief der Hausmeister zur Ruhe. Der Angeklagte kam die Treppen herunter, schubste – obwohl deutlich kleiner und leichter – den „98-Kilo-Koloss“, so der Angeklagte - sogar bis in den Flur zurück, erinnerte sich dessen Frau. Im Handgemenge schnappte er den Fuß des Angeklagten. Dieser stürzte und biss den Kontrahenten in die Hand und zerkratzte sein Gesicht so, dass heftig blutende Wunden den Hausmeister veranlassten, das Krankenhaus aufzusuchen. Ob nur der Hausmeister oder auch der Angeklagte Pfefferspray einsetzte, ließ sich nicht mit Sicherheit klären, so der Richter.

Drei Stunden später wollte der 61-Jährige nach einer weiteren Flasche - dieses Mal Champagner - seinem Arbeitgeber um 1 Uhr nachts die Krankmeldung vorbeibringen. Die Firmensecurity übergab ihn wegen Randalierens der Polizei. Auf dem Revier beschäftigte er Beamte mit Schlägen, Tritten und Bissversuchen, bis sie ihn am Boden liegend „schlossen“.

Anwalt hat Zweifel am Pfefferspray-Einsatz

Der Staatsanwalt forderte ein Jahr und sechs Monate zur Bewährung. Er begründete dies mit einschlägigen Vortaten, sagte, das Pfefferspray sei eindeutig  ein gefährliches Werkzeug und dessen Einsatz als betrachtete er als erwiesen. Mehrere Polizisten sprachen davon, im Flur schwerer Atemnot ausgesetzt gewesen zu sein.  Der Verteidiger dagegen hatte Zweifel hieran geäußert. Die Hausmeister-Gattin hatte berichtet, sie habe nach dem Duschen keine nennenswerten Folgen vom Spray zurückbehalten. Es sei aber bekannt, dass Duschen die Probleme im Gegenteil verschärfe, so dass sie nicht von Pfefferspray getroffen worden sein konnte. Folglich habe allein der Hausmeister solches benutzt. Sein Mandant, der 61-Jährige,  habe nach eigener Aussage ein Herrenparfum benutzt.

Opfer der zweiten Beleidigung wurde im Juli 2017 ein Mitbewohner in der Innenstadt. Ein Tatkomplex wurde eingestellt, da Zeugen nicht erschienen. Ein neuer Termin hätte der Verfahrenökonomie widersprochen, ohne das Ergebnis wohl wesentlich zu ändern.

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