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Gefährliches Gas in der Luft?

Schornsteinfeger weigern sich, Shisha-Bars zu kontrollieren – Bruchsaler Anwohner schlagen Alarm

Beim Verbrennen von Shisha-Kohle entsteht das giftige Kohlenmonoxid. In vielen Gemeinden sind Lüftungsanlagen und Warnmelder in entsprechenden Lokalen daher Pflicht. Schornsteinfeger sollen die Kohle-Öfen kontrollieren. Warum sie sich dem aber verweigern:

Glühende Kohle erhitzt den Tabak im Kopf einer Wasserpfeife, beim Verbrennen entsteht giftiges Kohlenmonoxid.
Glühende Kohle erhitzt den Tabak im Kopf einer Wasserpfeife, beim Verbrennen entsteht giftiges Kohlenmonoxid. Foto: dpa/Archiv

Beim Verbrennen von Shisha-Kohle entsteht das giftige Kohlemonoxid. In vielen Gemeinden sind Lüftungsanlagen und Warnmelder in entsprechenden Lokalen daher Pflicht. Schornsteinfeger sollen die Kohle-Öfen kontrollieren – sie weigern sich jedoch.

Ein süßlich-schwerer Geruch zieht durch die Bruchsaler Stadtgrabenstraße. Er stammt aus den arabischen Wasserpfeifen, die in der Shisha-Bar „Hayat Lounge“ geraucht werden. Einige Nachbarn stören sich daran. Sie halten seit Jahren zahlreiche Ämter auf Trab und hätten es am liebsten, wenn das Raucherlokal dichtgemacht würde. Doch all ihre Beschwerden waren bisher erfolglos.

„Das Leid und die Not der Anwohner werden ignoriert“, sagt Rolf Kratz. „Wir Nachbarn haben mit erheblichen Geruchs- und Lärmbelästigungen aus dieser Bar zu leben: von sehr unangenehmem und gesundheitsschädlichem Qualm über die lautstarke Lüftungsanlage, Grölereien der Gäste, aufheulende Motoren und Schlägereien, bis hin zum Pinkeln an unsere Hauswände.“

Er beschwert sich immer, aber es stimmt nicht. Vielleicht, weil ich Ausländer bin.
Nurredin Daglioglu, Betreiber einer Bruchsaler Shisha-Bar

Nurredin Daglioglu, Hausbesitzer und Betreiber der „Hayat Lounge“, weist jedoch die Vorwürfe zurück: „Ich weiß nicht, was dieser alte Mann hat. Er beschwert sich immer, aber es stimmt nicht. Vielleicht, weil ich Ausländer bin.“

Behörden fürchten giftiges Kohlenmonoxid

Shisha-Bars gibt es inzwischen überall in Baden. Zuerst kam der Wasserpfeifen-Trend in Städten wie Pforzheim, Karlsruhe oder Rastatt an. Inzwischen gibt es diese Raucherlokale auch in kleineren Gemeinden wie Malsch und Karlsbad. Probleme gibt es zwar nicht überall, aber doch immer wieder.

Auch die Behörden haben mit dieser relativ neuen Gaststättenart ihre Schwierigkeiten. Aus ihrer Sicht ist nicht die Geruchsbelästigung der Nachbarschaft das größte Problem, sondern eine ganz und gar geruchslose Gefahr, die gerade deshalb umso heimtückischer ist: das Kohlenmonoxid (CO).

Dieses Gas entsteht beim Verbrennen der Kohle, die zum Erhitzen des aromatisierten Shisha-Tabaks benutzt wird. In geschlossenen Räumen ohne ausreichende Lüftung kann CO Schwindel und Benommenheit verursachen, bis hin zur tödlichen Vergiftung.

Drei Besucher einer Bruchsaler Shisha-Bar mussten ins Krankenhaus

Im Februar 2018 litten drei Besucher einer weiteren Bruchsaler Shisha-Bar an heftigen Symptomen. Sie zitterten, mussten sich übergeben und kamen ins Krankenhaus, wo sie mit Sauerstoff behandelt wurden. Vor zwei Monaten wurde der Fall am Amtsgericht verhandelt. Der angeklagte Shisha-Bar-Mitarbeiter zahlte eine Geldauflage, verurteilt wurde er nicht.

Auf politischer Ebene hatten die CO-Vergiftungen stärkere Konsequenzen. Denn Bruchsal war kein Einzelfall. Im Herbst 2018 reagierte das baden-württembergische Wirtschaftsministerium und schickte einen Muster-Erlass an alle Gaststättenbehörden der Städte und Landkreise. Er nennt sich etwas sperrig: „Allgemeinverfügung zum Umgang mit Wasserpfeifen (Shishas) in Betriebsräumen von bestehenden Gaststätten“.

In vielen Kommunen sind Lüftungsanlagen Pflicht

Die meisten Kommunen und Kreise haben diese Allgemeinverfügung daraufhin erlassen. Seitdem müssen Shisha-Bar-Betreiber nachweisen, dass sie eine „ausreichend dimensionierte Lüftungsanlage“ installiert haben. Außerdem sind CO-Warnmelder Pflicht. Doch für Unmut haben diese neuen Vorschriften bei denjenigen gesorgt, die sie durchsetzen sollen: den Schornsteinfegern.

Lüftungsanlagen und Feuerstätten vertragen sich nicht.
Georg Niedermaier, Schornsteinfeger-Innung Karlsruhe

„Das ist nicht ganz zu Ende gedacht, denn Lüftungsanlagen und Feuerstätten vertragen sich nicht“, kritisiert Georg Niedermaier die Allgemeinverfügung aus dem Landeswirtschaftsministerium. Er ist im Vorstand der Schornsteinfeger-Innung Karlsruhe für den Bereich Technik zuständig.

„Im Gastraum wird Luft abgesaugt, es entsteht Unterdruck. Die Gefahr ist, dass dadurch Abgase aus dem Nebenraum angesaugt werden“, erklärt Niedermaier. Er meint jenen Raum, in dem die Shisha-Kohlen angezündet und glühend gehalten werden, bis sie zum Einsatz kommen. Und dort lauert das zweite Problem.

Schornsteinfeger kritisieren ungeeignete Öfen und verweigern Kontrollen

Als „Anzündeinrichtung“, wie es im Behördendeutsch der Allgemeinverfügung heißt, kommen oft Kaminöfen aus dem Baumarkt zum Einsatz. Deren fachgerechte Installation sei „vor der Inbetriebnahme durch einen Schornsteinfeger nachzuweisen“, schreiben die Behörden den Shisha-Bar-Betreibern inzwischen vor. Doch der Landesinnungsverband des Schornsteinfegerhandwerks Baden-Württemberg rät seinen Mitgliedern, sich darauf nicht einzulassen und die Abnahme zu verweigern.

„Kaminöfen sind nicht dazu bestimmt, Shisha-Kohlen vorzubereiten. Denn für Feuerstätten sind nur bestimmte Brennstoffe wie Scheitholz oder Briketts zugelassen“, sagt Schornsteinfeger Volker Jobst aus Rauenberg bei Wiesloch als Sprecher des Landesinnungsverbands. „Für Shishas werden speziell aufbereitete Kohlen verwendet, die in Feuerstätten nichts zu suchen haben.“

Jobst wirft dem Wirtschaftsministerium vor, das Schornsteinfegerhandwerk nicht rechtzeitig einbezogen zu haben, bevor der Muster-Erlass formuliert wurde. „Die haben versucht, uns Schornsteinfegern das Problem mit den Shisha-Bars zuzuschieben. Aber gesprochen hat damals niemand mit uns.“

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