Skip to main content

Ein Mobil kostet 1.500 Euro

Schutz auf zwei Quadratmetern: Bruchsaler Bauunternehmer konstruiert Schlafwagen für Obdachlose

Sein Geld verdient der Bruchsaler Unternehmer Matthias Holoch vor allem mit dem Aufstellen von Gerüsten. Doch das eigentliche Interesse des früheren Kommunalpolitikers gilt nicht temporären Konstruktionen, sondern festen Wänden und einem Dach über dem Kopf.

Sogar an einen Stauraum unter der Liegefläche in seinem ausgedachten Schlafwägele hat Matthias Holoch gedacht.
Sogar an einen Stauraum unter der Liegefläche in seinem ausgedachten Schlafwägele hat Matthias Holoch gedacht. Foto: Heintzen

Derzeit baut Holoch in der Bruchsaler Bahnstadt gerade ein Apartmenthaus mit 150 Wohneinheiten für Studenten, die im Herbst die jeweils 25 Quadratmeter beziehen sollen.

Schutz vor Wind und Wetter auf zwei Quadratmetern

Doch Holoch weiß, dass auch ein viel kleinerer Wohnraum schon ein relativer Luxus sein kann. Seine von ihm konstruierten „Schlafwägele“ bieten Obdachlosen auf knapp zwei Quadratmetern Schutz vor Wind und Wetter.

Seit vergangenem Herbst sind fünf dieser Waggons im Kleinformat in Mainz im Einsatz. Sie haben in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt einer Handvoll Außenseitern der Gesellschaft geholfen, vergleichsweise kommod über die kalten Wintermonate zu kommen.

In Mainz deshalb, weil, so Holoch, „es dort die beste Betreuung gibt. Es braucht ja jemanden, der die Wägele auch verteilt und beaufsichtigt.“ Die Idee zum Bau eines Untersatzes, der Obdachlosen auch ein bisschen Nestwärme bietet, ist dem sozial engagierten Holoch bereits vor ein paar Jahren gekommen.

Bett, Stauraum und die Seitentür als Vordach

Weil die Leute von der Straße nicht nur dem kalten meteorologischen und sozialen Klima ausgesetzt sind, sondern auch möglichen Übergriffen, baute der Hobbybastler einen Prototyp. Die mit einer Matratze mit abwaschbaren Bezügen ausgestattete Holzkonstruktion bietet auf zwei Meter Länge und 80 Zentimetern Breite Platz zum Schlafen.

Auch an einen Stauraum unter der Liegefläche hat Holoch gedacht, der als Dämmung dient und in dem die Hilfsbedürftigen ihr karges Hab und Gut deponieren und so vor Diebstahl schützen können. Bei einer Höhe von eineinhalb Metern lässt es sich auch ganz bequem sitzen. Die Seitentür lässt sich aufklappen und dient dann als Vordach.

Weil er mit seinen beruflichen Projekten gut ausgelastet ist und ihm wenig Zeit zum Basteln bleibt, hat Holoch im vergangenen Jahr den Rohbau von vier Schlafwägele bei der auf Holzprodukte spezialisierten Abbundfirma ACS aus Stutensee in Auftrag gegeben. „Von mir wurden dann die Türen, das Dach, die Scharniere, die Rollen, die Griffe, der Rauchmelder und der Feuerlöscher hinzugefügt“, erzählt Holoch, der die Kosten für ein Schlafmobil auf rund 1.500 Euro schätzt.

Obdachlose zahlen 50 Cent pro Tag

Den Bedürftigen hat er seine Erfindung gespendet, ganz umsonst wird sie ihnen aber nicht zur Verfügung gestellt. „Eine Referenzzahlung von 50 Cent am Tag, also Pfand für zwei Flaschen“, sollten die Kunden an die verteilenden Organisatoren bezahlen, „um dem Wägele auch eine gewisse Wertigkeit zu verschaffen. Etwas Geschenktes ist nicht so wertvoll wie etwas Erarbeitetes“, weiß Holoch.

Zudem gingen die Nutzer mit ihrem so gemieteten Heim sorgfältiger um, als wenn sie gar nichts dafür leisten müssten.

Ich bin dran, die Schlafwägele bei verschiedenen Kommunen vorzustellen.
Matthias Holoch

Im großen Stil will Holoch die schiebbare Unterkunft nicht auf die Straße bringen, aber ihm schwebt schon vor, auch Obdachlosen in der Region zu helfen. „Ich bin dran, die Schlafwägele bei verschiedenen Kommunen vorzustellen“, sagt der Unternehmer.

Die Baupläne würden den entsprechenden Organisationen zur Verfügung gestellt, damit möglichst viele hilfsbedürftige Menschen einen Unterschlupf erhalten können. Holoch nennt als seinen Antrieb zum Bau der rollenden Hütten: „Es macht Spaß, anderen Menschen zu helfen. Es ist mein Hobby, ich möchte damit kein Geld generieren.“

Geld verdient der Unternehmer mit anderen Projekten

Einnahmen will er aber durch die Studentenapartments erzielen. Die ersten Nutzer dieser in ökologischer Bauweise errichteten Anlage für Studierende und Auszubildende ziehen dabei nicht erst im Oktober ein, sondern schon im Mai – per Zwischenvermietung. „Aus der Not geboren“, wie Holoch sagt.

Weil die Arbeiter, die in den nächsten Monaten die Schnellbahnstrecke sanieren, wegen der Corona-Pandemie nicht in Gemeinschaftsunterkünften aus Containern übernachten dürfen, stellt Holoch die bereits fertiggestellten Einheiten den Sommer über der Gleisbaufirma zu Sonderkonditionen zur Verfügung.

„Für mich war die entscheidende Motivation für die Vermietung die Tatsache, dass es für die Unterbringung der Montagearbeiter keine wirkliche Alternative gab. Der Zeitplan für die Sanierung der Schnellfahrstrecke wäre dann in hohem Maße gefährdet gewesen. Mit weitreichenden Folgen“, erklärt Holoch und betont: „In Zeiten wie dieser müssen wir alle zusammenstehen. Jeder muss seinen Beitrag dazu leisten, dass wir diese Krise gemeinsam überstehen.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang