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Geburtshilfe in Corona-Zeiten

Viele Ärzte befürworten den Besuch von Vätern auf der Wochenstation

Die junge Mutter betritt den Kreißsaal. In wenigen Stunden kommt ihr Kind zur Welt. Der werdende Vater wird ihr beistehen. Nur eine Begleitperson – das entspricht den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) in Corona-Zeiten. So weit, so gut? Seit 4. Mai kommt Bewegung in die Krankenhäuser.

Dr. Magdalena Tackenberg, Prof. Jürgen Wacker und Hebamme Veronika Collet (von links) erwarten die werdenden Eltern im Kreißsaal. Für das Foto wurden die Schutzmasken abgelegt.
Dr. Magdalena Tackenberg, Prof. Jürgen Wacker und Hebamme Veronika Collet (von links) erwarten die werdenden Eltern im Kreißsaal. Für das Foto wurden die Schutzmasken abgelegt. Foto: Duttenhofer

Von Irmgard Duttenhofer

So weit, so gut? Seit 4. Mai kommt Bewegung in die Krankenhäuser. Professor Jürgen Wacker, Sprecher der Chefärzte der Frauenkliniken in Baden-Württemberg, hat sich im Schulterschluss mit einigen Kollegen für eine Lockerung der Leitlinien entschieden.

Lebenspartner zu Besuch auf der Wochenstation trotz Corona

Die Fachärzte wissen, welch einzigartige Situation die Geburt eines Kindes für die Familie darstellt. Noch vor der Ansage der Bundeskanzlerin („Wir können uns ein Stück Mut leisten“) ermöglichten Wacker (Fürst-Stirum-Klinik Bruchsal) und seine Kollegen aus Ludwigsburg, Bietigheim, Ravensburg, Böblingen, Esslingen, Freiburg, Herrenberg, Heidelberg, Lörrach, Mannheim, Offenburg, Singen, Stuttgart und Weinheim nach und nach den Besuch der Väter auch auf der Wochenstation. In diesen Kliniken können die Lebenspartner ihre kleine Familie zwei Stunden täglich besuchen.

Den Weg gingen längst nicht alle baden-württembergischen Kliniken mit. „Häufig scheiterte die Lockerung an den Klinikleitungen, die an den konkreten Empfehlungen der DGGG festhalten“, weiß Chefarzt Wacker.

Es ist keine leichtsinnige Entscheidung, Väter zwei Stunden täglich zu ihren Familien zu lassen.
Jürgen Wacker, Chefarzt der Fürst-Stirum-Klinik Bruchsal

Per Livestream konnten zumindest er und seine Kollegen der Regionalen Kliniken Holding (RKH Kliniken) die Änderungen in der vergangenen Woche bekannt gegeben und parallel eine Menge Fragen der werdenden Mütter zur Geburtshilfe in Corona-Zeiten beantwortet.

„Es ist keine leichtsinnige Entscheidung, Väter zwei Stunden täglich zu ihren Familien zu lassen“, so Wacker, einer der dienstältesten Chefärzte der baden-württembergischen Frauenkliniken. „Es ist eine Einsicht, die mit Vorsicht umgesetzt wird.“

Beim Besuch werde Symptome abgefragt und Fieber gemessen

Der Besuch wird über einen Checkpoint kanalisiert. Dort werden Symptome abgefragt, Körpertemperatur und Personalien festgehalten und auf die Einhaltung der Hygienevorschriften geachtet. Auf der Wochenstation tragen Väter Mundschutz und alle Frauen sind in Einzelzimmern untergebracht.

Alle Mütter und Väter verhalten sich sehr diszipliniert.
Jürgen Wacker, Chefarzt der Fürst-Stirum-Klinik Bruchsal

Die jungen Eltern sind dankbar für diese Lösung und das Privileg der befristeten Besuchszeit, berichten die Fachärzte. Lob und Anerkennung erfahren sie täglich bei den Visiten. „Alle Mütter und Väter verhalten sich sehr diszipliniert“, so Jürgen Wacker. Er weiß auch: „Schwangere sind von Natur aus sehr verantwortungsbewusst. Sie leben ihre Vorbildfunktion.“

Deutliche Mehrheit für die Anwesenheit der Väter auch nach der Geburt

Über die durchweg positiven Erfahrungen haben Wacker und seine RKH-Kollegen alle rund 70 Frauenkliniken in Baden-Württemberg postwendend informiert. Parallel dazu wurde in einem Fragebogen die Meinung der gynäkologischen Chefärzte erhoben. Das Ergebnis: Eine deutliche Mehrheit sprach sich für die Anwesenheit der Väter bei der Geburt aber auch nach der Geburt auf der Wochenstation aus.

Alle bereits beteiligten Frauenkliniken haben die Besuchszeit auf den Wochenstationen auf zwei Stunden begrenzt. Die Chefärzte plädieren dafür, nur eine Bezugsperson pro Patientin für die Dauer des stationären Aufenthaltes zuzulassen.

Die Auswertung wird an das Ministerium für Soziales und an den Runden Tisch Geburtshilfe weitergeleitet. „Die Landesregierung leistet tolle Arbeit. Aber sie muss auch die Erfahrungen der Basis kennen, um angemessen entscheiden zu können“, begründet Jürgen Wacker sein ehrenamtliches Engagement für die Arbeitsgemeinschaft. Wacker verfügt als Stadt- und Kreisrat über kommunalpolitisches Wissen, das er nun in seine Arbeit einbringt.

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