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Feinschmeckerführer 2019

Der Gault Millau hat immer was zu meckern

Der Gault Millau kann für Küchenchefs zum Albtraum werden. Seine strengen Kritiker sind bei Köchen gefürchtet und bei Gourmets wegen ihres hohen Unterhaltungswertes beliebt. Die Tester des „Gault Millau“ schreiben mit spitzer Feder. Jetzt liegt die Ausgabe 2019 des neben dem „Michelin“ wichtigsten gastronomischen Führers vor, der deutschlandweit mehr als 1000 Restaurants bewertet. Wie in den vergangenen Jahren wurden erneut mittelbadische Küchen besucht.

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Schloss Neuweier ist eines von drei Restaurants in Baden-Baden, die im Gault Milau vorgestellt werden. Foto: Ulrich Coenen

„Lamm” in Bühl

Zum letzten Mal ist Ludwig Bechters „Lamm“ in Bühl vertreten. Wie berichtet, will er sein Restaurant im Stadtteil Kappelwindeck am 25. Februar schließen. Zum Finale erhält er (wie im vergangenen Jahr) 13 Punkte, das entspricht einer Kochmütze. Die Würdigung klingt fast ein wenig wie ein Nachruf: „Als Ludwig Bechter hier 2005 begann, resümierten wir für unsere nächste Ausgabe: Seine Gaststätte ist das genaue Gegenteil eines Gourmettempels. Und meinten das als Lob, denn der gebürtige Vorarlberger … erhob hier das vermeintliche Einfache zum erstaunlich Guten.“ Ehedem Pionier der schnörkellos guten Küche, wirke Bechter heute kultig. Kabeljaufilet in Pommery-Senfsoße mit Blattspinat hat den Kritikern ebenso geschmeckt wie Zunge und Backen vom Kalb in Kräuter-Meerrettich-Vinaigretten mit Rösti und jungem Gemüse.

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Im "Lamm" im Bühler Stadtteil Kappelwindeck kocht Ludwig Bechter. Foto: Ulrich Coenen

„Talmühle” in Sasbachwalden

Hervorragende 16 Punkte und zwei Kochmützen verteidigt Gutbert Fallert im Hotel Talmühle in Sasbachwalden. „So eng das Tal hier auch ist, der Küchenhorizont von Gutbert Fallert reicht von den badischen, luftig-lockeren Hechtklößchen in Rieslingsauce mit gedünstetem Blattspinat bis ins Exotische.“ Die Karte verheiße stets ein virtuoses Aromenspiel, etwa zu gebratenen Gambas mit Mangosalat, Zitronengras und Chili. „Nicht soo (sic) spektakulär sind die Desserts“, wird gemäkelt. Die seien lediglich solide gemacht. Dafür wird der freundliche Service gelobt.

„Le Jardin de France“ in Baden-Baden

Gleich drei Restaurants werden in Baden-Baden vorgestellt. Wie bisher 16 Punkte gibt es für „Le Jardin de France“ und seinen Küchenchef Stéphan Bernhard. Die Tester sind begeistert: „Keine trendige Effekthascherei, kein Pointillismus auf dem Teller.“ Ein reiner Repräsentant der alten Schule sei Bernhard aber nicht, denn er interpretiere die Klassiker der französischen Kochkunst auf kreative Art. Sein Dogma: Die Produktqualität müsse stimmen. Die Kritiker loben die Krustentiere, allen voran, die Langoustinen und den Hummerschwanz. Dem gegrillten, absolut frischen St.-Pierre aus der Bretagne könne kaum Besseres passieren, als in der Baden-Badener Küche zu landen. Gleiches gilt offensichtlich für die Tauben des „elsässischen Kultzüchters Théo Kieffer“.

Schloss Neuweier in Baden-Baden

Erneut einen Punkt lassen muss Schloss Neuweier. Statt 15 (wie im Vorjahr) beziehungsweise 16 (wie im Jahr 2017) gibt es nur noch 14 Punkte und damit eine Kochmütze für Armin Röttele. Von der von Röttele beworbenen „Küche der Leidenschaft und des sinnlichen Vergnügens“ haben die Tester angeblich wenig gespürt. „Die Küche tendiert zur optischen Opulenz, schwächelt aber bei den filigranen Finessen“, schreibt der Gault Millau. Gelobt wird das karamellisierte Filet vom Seesaibling im Hummerfondrisotto mit Pfifferlingen.

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Brenners Parkhotel in Baden-Baden wird seit vielen Jahren im Gault Millau bewertet. Foto: Ulrich Coenen

„Fritz & Felix“ im „Brenners” in Baden-Baden

Ohne Note bleibt in der aktuellen Ausgabe „Fritz & Felix“ in Brenners Park-Hotel mit Küchenchef Sebastian Mattis, weil es erst nach Redaktionsschluss eröffnet wurde. Aber die Kritiker staunen: „Baden-Baden rockt.“ Bereits im Vorwort stellt Chefredakteurin Patricia Bröhm fest, dass der Service im Brenners nun Sneakers trägt und die Sellerieknolle vom Highend-Grill kommt. Gastronom des Jahres ist für den Gault Millau Hoteldirektor Frank Marrenbach, der eine Gourmet-Zeitenwende geschafft habe. Die Kritiker sprechen gar von einer „Palastrevolution“.

Der „Gault Millau“ verteilt nach dem französischen Schulnotensystem zwischen null und 20 Punkte. 13 Punkte stehen dabei für mindestens eine der bis zu vier möglichen begehrten Kochmützen. Der „Gault Millau“ beurteilt deutlich weniger Restaurants als der Michelin, der zweite wichtige Feinschmeckerführer. Das hat Auswirkungen für Leser und Küchenchefs. Während sich die Michelin-Tester mit wenigen Sätzen begnügen, um ein Restaurant zu charakterisieren, finden sich im Gault Millau traditionell ausführliche Besprechungen. Diese sind häufig von ätzender Ironie und beißendem Sarkasmus erfüllt. Davor sind auch ausgezeichnete Köche keineswegs sicher. Neu ist in diesem Jahr das Pop-Signet für Bistros und Szenetreffs.

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