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Keine Spur vom Täter

Einbruchserie in Bühl: Das haben selbst erfahrene Polizisten noch nie erlebt

Eine Einbruchserie im Bühler Stadtteil Kappelwindeck beschäftigt die Polizei seit Jahresbeginn. Trotz intensiver Ermittlungsarbeit fehlt von den Tätern bislang jede Spur. In einige Einfamilienhäuser wurde in den vergangenen Monaten bereits zweimal eingebrochen. Jetzt reagierte das Polizeipräsidium Offenburg mit einer Bürgerinformationsveranstaltung.

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Tipps für eine einbruchsichere Wohnung: Polizeioberkommissar Ralf Kaufmann (links) und der Bühler Revierleiter Walter Kautz informieren die Bürger im Bühler Stadtteil Kappelwindeck. Foto: Ulrich Coenen

Das Interesse ist riesengroß. Das ist kein Wunder. Seit Beginn des Jahres sind Einbrecher in Kappelwindeck unterwegs. BNN.de hat bereits im Juni ausführlich über die bislang ungeklärte Einbruchsserie berichtet. Die Informationsveranstaltung des Polizeipräsidiums Offenburg zum Thema Einbruchschutz am Dienstagabend lockt vor diesem Hintergrund rund 180 Besucher in die Bachschlosshalle.

Damit hat niemand gerechnet. Für den Hausmeister bedeutet das Mehrarbeit. Er muss kurz vor Veranstaltungsbeginn zwei zusätzliche Stuhlreihen aufstellen, damit alle sitzen können.

Eigentlich gibt es weniger Einbrüche

Polizeioberkommissar Ralf Kaufmann ist Fachberater für Einbruchschutz im Polizeipräsidium. Er berichtet, dass die Zahl der Einbrüche auf Ebene des Präsidiums (Landkreis Rastatt, Ortenaukreis, Baden-Baden) seit 2017 rückläufig sind. 2016 gab es mit 905 Wohnungseinbrüchen einen Höhepunkt.

Weil sich diese Tendenz landesweit bemerkbar machte, steuerte die Polizei durch „gerichtete Maßnahmen“ (Kaufmann) gegen. Es gelang, die Zahl der Einbrüche um mehr als 25 Prozent zu reduzieren. „Im Vergleich der vergangenen zehn Jahre haben wir Top-Zahlen“, erklärt Kaufmann. „Wenn es aber einen Schwerpunkt wie in Kappelwindeck gibt, wenn man persönlich betroffen ist, nützt die Statistik nichts.“

Einbrecher kommen am Abend und im Winter

Dann gab es Tipps aus der Praxis der Ermittler. Die Einbrecher kommen meist zwischen 17 und 22 Uhr, vor allem in der dunklen Jahreszeit von Oktober bis März. Im Sommer, wenn mehr Menschen draußen unterwegs sind und die soziale Kontrolle groß ist, gibt es kaum Einbrüche. Besonders gefährdet sind Häuser in Ortsrandlage und Anwesen, die wegen hoher Sträucher schlecht einsehbar sind. Gekippte Fenster und nicht abgeschlossene Türen sind ein Risiko.

Kaufmann warnte vor unbeleuchteten Häusern, die Straftätern die Abwesenheit der Bewohner signalisieren. Die meisten Einbrecher kommen in Einfamilienhäusern durch die Terrassentür (51,7 Prozent) und durch die Fenster (31,7), bei Mehrfamilienhäusern stellt die Haustür ein besonderes Risiko dar (26,9).

Opfer verkaufen ihre Häuser aus Angst

Kaufmann berichtet von den Folgen für die Opfer, die nach Einbrüchen oft traumatisiert sind. „Sie leiden unter Schlafstörungen und Angst, das Sicherheitsgefühl geht verloren“, berichtet er. „Manche verkaufen ihr Haus.“

Einbrecher haben wenig Zeit. In der Regel dauert ein Einbruch nur drei bis fünf Minuten. Eine „mechanischer Gebäudeschutz“ hält viele von ihrer Tat ab. „Fenster und Türen müssen sicherer werden“, fordert Kaufmann. Bei Neubauten kann das mit dem modernen RC2-Standard geschehen, bei Bestandsgebäuden lassen sich Stangenriegel, Bandsicherungen oder Pilzköpfe nachrüsten. „Das ist sehr effektiv“, sagt der Oberkommissar.

Was es bringt, zeigt ein Film. Ein Standardfenster knackt der Profi mit einem Schraubenzieher in 16 Sekunden, an einem Sicherheitsfenster scheitert er selbst mit einem Brecheisen, das zudem einen riesigen Lärm macht. Den wollen Einbrecher gar nicht.

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Das Interesse war sehr groß. Viele besorgte Kappelwindecker Bürger kamen zur Inforveranstaltung der Polizei in die Bachschlosshalle. Foto: Ulrich Coenen

Alarmanlage nur zweite Wahl

Gleichzeitig empfiehlt Kaufmann zum Schutz vor Einbrechern Beleuchtungen mit Bewegungsmeldern im Außenbereich. Auf eine Alarmanlage, die in optimaler Ausstattung für ein Einfamilienhaus bis zu 12’000 Euro kostet, kann man nach Ansicht des Experten verzichten, wenn die mechanische Einbruchsicherung eines Hauses optimiert wird. Eine wichtige und preiswerte Lösung sei es, mit Zeitschaltuhren vorzutäuschen, dass immer jemand daheim ist.

"Meine Kollegen sind heiß"

„Die Kollegen sind heiß, den oder die Täter festzunehmen.“ Walter Kautz, Leiter des Polizeireviers Bühl, beantwortet am Dienstagabend in der Bachschlosshalle viele Fragen von Bürgern zu der bislang ungeklärten Einbruchserie in Kappelwindeck.

Dabei wird klar, dass die Ermittlungen seit Monaten auf Hochtouren laufen. Details kann und will Kautz nicht verraten, um die Einbrecher nicht zu warnen. Die könnten im Saal sitzen, die Berichterstattung in den BNN über ihre Taten verfolgen sie ganz gewiss aufmerksam. Eine konkrete Zahl der Einbrüche in diesem Jahr darf Kautz nicht nennen. Sie wurde bislang nicht durch das Innenministerium frei gegeben.

Im Bericht der BNN am 5. Juni nannte die Polizei folgende Zahlen. Im gesamten Jahr 2018 gab es in Bühl nur 24 Wohnungseinbrüche, bis Ende Mai 2019 waren es bereits 25, davon 14 in Kappelwindeck. Elfmal blieb es bei einem Einbruchsversuch. „Ich bin seit 16 Jahren Revierleiter in Bühl, eine solche Einbruchserie in einem einzigen Ort habe ich noch nicht erlebt“, erklärt der Revierleiter.

"Nur nicht selbst eingreifen"

Kautz bittet die Bürger alle „verdächtigen Wahrnehmungen“ sofort der Polizei zu melden. „Darauf sind wir angewiesen“, erklärt er. Keinesfalls solle man selbst eingreifen. Kautz berichtet von uniformierten und zivilen Streifen, die seit Monaten regelmäßig mit Fahrzeugen, mit dem Rad und zu Fuß in Kappelwindeck unterwegs sind, vor allem auch nachts. Kautz: „Manche sind erkennbar, mache nicht.“

Das Bühler Revier wird bei seinen Ermittlungen in Kappelwindeck von Bereitschaftspolizei, Kripo und Nachbarrevieren unterstützt. „Wir bündeln alle Kräfte“, sagt Kautz.

Spurensuche nicht wie im Fernsehkrimi

Die Spurensuche sei leider nicht so einfach wie im Fernsehkrimi, bedauert der Revierleiter. „Dass es auf jeder Oberfläche einen Fingerabdruck gibt, entspricht nicht der Realität“, stellt er fest. „Für einen DNA-Abgleich braucht man immer einen Tatverdächtigen. Überwachungskameras an jeder Ecke gibt es ebenfalls nur im Film. So einfach ist es leider nicht.“

Dennoch hat die Polizei im Zusammenhang mit den Ermittlungen in Kappelwindeck bereits zwei Festnahmen erreicht. Es handelt sich aber nicht um die Einbrecher in Kappelwindeck, sondern um andere Straftäter. Kautz wagt eine Prognose: „Die Chance, dass es sich in Kappelwindeck um eine osteuropäische Bande handelt, ist relativ gering.“

Das Polizeipräsidium Offenburg bietet für alle Bürger eine kostenlose Beratung zur Wohnungssicherung gegen Einbruch an. Es gibt nach dem Expertenbesuch schriftliche Empfehlungen, mit denen man bei Fachfirmen Kostenvoranschläge einholen kann. Nähere Infos beim Referat Prävention unter (0781) 214515.

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