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Bühler PFC-Beauftragter

"Kommunen dürfen nicht im Stich gelassen werden"

Markus Benkeser ist der PFC-Beauftragte der Bühler Stadtverwaltung. Im Interview spricht er über den Stand der Belastung auf der Gemarkung. Im kommenden Jahr will die Stadt mit verschiedenen Sanierungsarbeiten beginnen.

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Markus Benkeser ist der PFC-Beauftragte der Bühler Stadtverwaltung und auf der Suche nach Lösungen für das Problem. Foto: Patricia Klatt

Markus Benkeser ist der PFC-Beauftragte der Stadt Bühl und ist auf der Suche nach Lösungen für das PFC-Problems möglicherweise einen Schritt weiter gekommen. Mit ihm sprach ABB-Mitarbeiterin Patricia Klatt über den gegenwärtigen Stand der Dinge.

Seit nunmehr drei Jahren ist Bühl PFC-Gebiet. Wie kann man die momentane Situation zusammenfassen?

Benkeser: Mittlerweile sind rund 100 Hektar landwirtschaftlicher Flächen auf Bühler Gemarkung belastet: in Balzhofen, in Weitenung, in den Bußmatten und auch im Naturschutzgebiet Waldhägenich. Das Trinkwasser ist nach wie vor unbelastet, das Grundwasser leider nicht. Weitenung und Balzhofen werden nach wie vor von PFC-belastetem Grundwasser unterflossen, die Benutzung der Gartenbrunnen wird deshalb nicht empfohlen. Im Waldhägenichsee sind 2017 und 2018 Karpfen auf 16 verschiedene PFC untersucht worden. In den Fischen konnte man zum Glück keine Belastung nachweisen.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit der Behörden mit der Stadt?

Benkeser: Die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Rastatt ist hervorragend, diejenige mit übergeordneten Behörden ausbaufähig. Ich vermisse auch einiges – so gibt es nach wie vor keinen Handlungsleitfaden für den Umgang mit PFC-belasteten Flächen, das Kreislaufwirtschaftsgesetz muss hinterfragt werden, denn es stellt sich die Frage, ob es immer sinnvoll ist, Abfälle weiterzuverwenden. Und die Förderrichtlinien für Altlasten müssten endlich angepasst werden. Nach den geltenden Förderrichtlinien ist die Sanierung PFC-belasteter Flächen nicht förderfähig. Hier muss ein Umdenken stattfinden, da es nicht sein kann, dass die Kommunen im Stich gelassen werden. Bislang bleiben wir deshalb auf unseren Kosten von aktuell rund 225 000 Euro sitzen. Wären PFC-Sanierungen zuschussfähig, würde das Land bis zu 80 Prozent der Kosten übernehmen.

Welche Möglichkeiten hat Bühl im Umgang mit der PFC-Belastung überhaupt? Was haben Sie in den letzten Monaten alles angestoßen?

Benkeser: Das kann man eigentlich ganz kurz zusammenfassen – die Stadt sucht quasi händeringend nach einer Lösung für die Grundwasserproblematik in Weitenung und Balzhofen. Das ist alles auch rechtlich sehr komplex. Je nach Belastungssituation verfolgen wir dabei verschiedene Ansätze. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass im Oberboden in einer Schicht bis 60 Zentimeter immer noch circa 90 Prozent der PFC enthalten sind. Je nach der Größenordnung der Belastung könnten wir uns einen Bodenaustausch und Sicherung der Schadstoffe im Boden vorstellen. Sofern es keine technischen Neuigkeiten gibt, kommen Verfahren zur Bodenreinigung aufgrund der komplexen Situation und der Höhe der Belastung, aber vor allem aufgrund der unberechenbaren Länge des Verfahrens nicht in Betracht. Die Thematik der technischen Weiterentwicklung bleibt aber sicherlich spannend.

Wie hat man sich die „Sicherung“ vorzustellen?

Benkeser: Dies ist eigentlich ein Verfahren, welches im Rahmen der Altlastensanierung seit Jahrzehnten angewandt wird. Vereinfacht gesagt, muss der Oberboden – falls ein Austausch nicht möglich ist – mit verschiedenen Bindemitteln, wie zum Beispiel Zement, verfestigt werden, um eine tragfähige und wasserundurchlässige Schicht zu erhalten. Danach können die Grundstücke mit Schotter aufgebaut und einer Versiegelung zugeführt werden. Ganz klar müssen solche sehr hoch belasteten Flächen bebaut werden, damit kein weiterer Schadstoffaustrag ins Grundwasser gelangen kann. Dies ist sicherlich auch nur an ausgewählten und sehr hoch belasteten Flächen darstellbar. Für alle unterschiedlichen Flächen und Situationen müssen unterschiedliche Ansätze verfolgt werden. Es ist unser Ziel, für die Bereiche Balzhofen und Weitenung eine Grundwasserverbesserung zu erreichen, damit die Bürgerinnen und Bürger das Grundwasser wieder nutzen können. Für diese ganzen Szenarien sind wir nun gerade in der Abstimmung mit den oberen Behörden.

Das hört sich recht konkret an, gibt es denn schon einen Zeitplan?

Benkeser: Die Stadt möchte mit der Sanierung 2019 beginnen. Wir haben uns hier aus dem restlichen PFC-Bearbeitungs-Zeitplan sozusagen „ausgeklinkt“, weil uns das alles zu lange dauerte und zu unkonkret war. Die Stadt ist deswegen selber tätig geworden und hat bei der Arcadis GmbH in Karlsruhe ein Gutachten für die notwendigen Detailuntersuchungen von Boden und Grundwasser in Auftrag gegeben. Wir kennen jetzt demzufolge auch die genaue PFC-Belastungssituation in den Untersuchungsgebieten Balzhofen und Bußmatten und das wesentlich früher, als es nach dem Bearbeitungszeitplan vorgesehen war. Die Mitarbeiter von Arcadis haben die PFC in den verschiedenen Bodenschichten inklusive Frachtberechnung untersucht, in welchen Grundwasserleiter werden welche PFC gelangen, wie sieht es mit der Grundwasserhydraulik aus und einiges mehr. Das Gutachten ist nun die Grundlage für alle weiteren Schritte und Genehmigungen. Durch unsere Detailuntersuchungen konnten wir die Grundwasserschäden sowie die schädliche Bodenveränderung belegen. Das wiederum ist die Voraussetzung dafür, dass letztendlich zeitnah ein rechtsverbindlicher Sanierungsplan festgelegt werden kann. Die Kosten trägt aber bislang, wie schon gesagt, die Stadt.

Umweltminister Untersteller sagte bereits vor einiger Zeit im Zusammenhang mit der PFC-Belastung in Mittelbaden, dass auch in diesem Fall das Verursacherprinzip gelte und derjenige für einen Schaden haften müsse, der ihn auch verursacht hat. Sehen Sie das anders?

Benkeser: Nein, grundsätzlich ist das natürlich richtig, aber es ist ja völlig unklar, wann die Gerichte darüber befinden werden. Man muss sich als Kommune fragen, wie lange man denn warten kann? Ich würde es jedenfalls begrüßen, wenn wir unseren Plan wie gedacht realisieren könnten. Man muss sich langsam doch auch einmal um das praktische Umsetzen kümmern, das ist ja auch eine Frage der Verantwortung den Betroffenen gegenüber.

Wie sieht mit der Schadensersatzklage der Stadt aktuell aus?

Benkeser: Das rechtliche Verfahren läuft. Leider kann ich momentan nicht mehr dazu sagen. Hierfür bitte ich um Verständnis.

Zum Schluss eine Frage zu den PFC-Blutuntersuchungen, bei denen auch Betroffene aus Weitenung untersucht wurden. In der offiziellen Pressemitteilung des Sozialministeriums waren wenig Details enthalten, wissen Sie da mehr?

Benkeser: Da muss ich Sie enttäuschen. Das Ministerium hat uns die Pressemitteilung am Abend vor der offiziellen Bekanntgabe der bisherigen Ergebnisse übermittelt, mehr haben wir bislang nicht erfahren. Ich persönlich hätte mir da schon wesentlich früher weitere Informationen gewünscht, denn hier geht es ja auch darum, was man den Bürgerinnen und Bürgern sagen und wie man mögliche Fragen beantworten kann.

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